AT / Politik: Reaktion auf zweites Frauenvolksbegehren – Diskussion ja, Unterstützung nein
IEF, 14.2.2018 – Seit Montag können Österreicher für das zweite Frauenvolksbegehren „Es ist Zeit“ ihre Stimme abgeben. Bis 12. März müssen 8.401 Unterstützungserklärungen gesammelt werden, damit eine Eintragungswoche für das Frauenvolksbegehren festgelegt wird. Keine der amtierenden Ministerinnen unterstützt diese Initiative. Die Reaktionen von katholischer Seite fallen ähnlich aus. Auch wenn man sich mit einigen Punkten im Sinne des Begehrens auseinandersetzen könnte, werden andere Forderungen nicht bis absolut nicht geteilt, weshalb es bisher keine Unterstützungsempfehlung einer katholischen Organisation für das Begehren gibt.
Die Vizepräsidentin des Katholischen Familienverbands Doris Wirth etwa vermisst „jegliche Solidarität mit berufstätigen Frauen, die auch Mütter sind und ihre Kinder in den ersten Jahren selber betreuen möchten.“ Es verwundere Wirth, „dass weder die gesetzliche Anerkennung der Elternkarenz als Vordienstzeit noch die Anrechnung der Karenzzeiten für die Biennalsprünge gefordert werden.“ Das wären für Wirth „zwei genuin frauenpolitische Forderungen, die einerseits dazu beitragen würden, die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen ein stückweit zu schließen und andererseits die Benachteiligung von Müttern, die aufgrund von Kindererziehungszeiten ihre Erwerbsarbeit unterbrechen, zu beseitigen.“ Absolut ablehnend stehe der Familienverband der Forderung nach Durchführung krankenkassenfinanzierter Schwangerschaftsabbrüche in allen öffentlichen Krankenanstalten gegenüber: „Als katholische Organisation werden wir kein Volksbegehren unterstützen, dass einen flächendeckenden kostenlosen Schwangerschaftsabbruch fordert und damit suggeriert, ein Schwangerschaftsabbruch sei ein harmloser und beiläufiger Eingriff“, positioniert sich Doris Wirth eindeutig.
Auch die Katholische Jugend lehnt eine pauschale Finanzierung von Verhütungsmitteln und Schwangerschaftsabbrüchen durch die Krankenkassen sowie die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen in allen Krankenanstalten ganz entschieden ab. „Wir beobachten darin die Tendenz, dass Schwangerschaftsabbrüche, Nebenwirkungen und ihre weitreichenden Konsequenzen verharmlost werden“, erklärt die Vorsitzende der Katholischen Jugend Sophie Matkovits und fügt hinzu: „Den Eindruck zu vermitteln, es handle sich um einen beiläufigen Eingriff mit vernachlässigbaren Nebenwirkungen, geht an der Situation der betroffenen Frauen vorbei. Tatsache bleibt, dass ein Schwangerschaftsabbruch den betroffenen Menschen und seine Beziehungen vor große ethische, psychische und theologische Herausforderungen stellt.“
Die Katholische Frauenbewegung beurteilt die Initiative überwiegend positiv, weil sie zur Diskussion anregt. „Forderungen im Sinne einer Gleichberechtigung von Männern und Frauen, eines guten Lebens für die Menschen in diesem Land ungeachtet ihres Geschlechts“ seien aktuell. Hinsichtlich der Forderung nach einem kostenlosen bzw. über die Krankenkassen finanzierten Schwangerschaftsabbruch gebe es aber nach einer großangelegten internen Debatte unter den Mitgliedern keine einheitliche Position. Begrüßt werde in diesem Zusammenhang die Forderung des Frauenvolksbegehrens nach der Sicherstellung staatlich finanzierter, rechtlich abgesicherter, anonymer und kostenfreier Beratungsstellen in ausreichender Zahl. Als „Plattform für Frauen, die eine kritische Meinungsbildung ermöglicht“, unterstütze die Katholische Frauenbewegung zwar die Diskussion über die Forderungen des Frauenvolksbegehrens, gebe aber keine Empfehlung zur Unterzeichnung ab.
Forderungen in Bezug auf ein (internationales) Verbot von Leihmutterschaft, wie es vor kurzem der französische feministische Verein Collectif pour le Respect de la Personne (CoRP) gefordert hatte, lassen sich im Frauenvolksbegehren nicht finden. Völlig außen vor gelassen werden außerdem sämtliche weitere reproduktionsmedizinischen Behandlungen und deren psychosoziale Auswirkungen, die per se ein Frauenthema darstellen und deren Beachtung bereits Niederschlag in Broschüren des Wiener Programms für Frauengesundheit gefunden hat.