AT / Bildung: Zurück zu den Schulnoten und Überprüfung aller Schulerlässe
IEF, 29.11.2017 – Medienberichten zufolge soll das Kapitel Bildung in den Koalitionsverhandlungen von ÖVP und FPÖ abgeschlossen worden sein. Das Paket soll u.a. die Rückkehr zu Schulnoten in den Volksschulen beinhalten. Außerdem sollen alle Schulerlässe auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden.
Türkis-blau einig bei Wiedereinführung der Schulnoten – Bildungsstandards
Laut Kronenzeitung hätten die Teams von ÖVP und FPÖ die Wiedereinführung der Schulnoten von Anfang an geplant. Ebenso einig seien sich die beiden Parteien, dass die Umstellung des Notensystems an Neuen Mittelschulen auf sieben Schulnoten wenig sinnvoll sei. So fände sich im Entwurf für den türkis-blauen Regierungspakt im nun fast finalisierten Bildungskapitel die Passage: „Überarbeitung und Präzisierung der Benotungssystematik für alle Schultypen und Schulstufen. Aufbauend auf einer klaren 5-teiligen Notenskala (von „Sehr gut“ bis „Nicht genügend“) für alle Schultypen erfolgt eine genaue Definition, welche Note vergeben werden kann bzw. vergeben werden muss.“ Verbale Bewertungen sollen zusätzlich möglich sein. Für die Bildungspflicht sollen neue Standards gelten (Lesen, Schreiben, Rechnen, Soziale und kreative Kompetenz). Sollten die Standards nach neun Schulstufen nicht erfüllt sein, müssten die Schüler ihre Bildungslaufbahn bis 18 fortsetzen.
Verantwortung der Eltern gefragt – ansonsten Einschränkung der Sozialleistungen
Kurz möchte insbesondere die Eltern mehr in die Verantwortung nehmen. Wie der Kurier schreibt, sollten Eltern, die dazu imstande seien, am Schulerfolg ihrer Kinder mitzuwirken, in Kontakt zu Schulen und Lehrern sein. Der ÖVP-Chef sehe beim derzeitigen Leistungsniveau in Österreich „durchaus noch Luft nach oben“. In Anbetracht der Tatsache, dass ein Drittel der Volksschüler nach vier Klassen nicht sinnerfassend lesen könne, sollte die Qualität der Elementarbildung mit Fokus auf Sprach- und Werte-Vermittlung verbessert werden. Ein zusätzliches zweites Kindergartenjahr soll verpflichtend werden, wenn sich bei einer Testung herausstelle, dass das für das jeweilige Kind angebracht sei. Schüler, die Deutsch nicht ausreichend beherrschten, sollten in eigenen Deutschklassen untergebracht werden. Auch im Sommer sowie an Nachmittagen solle es für diese Gruppe verpflichtenden Unterricht geben. Familien, die nicht kooperieren, müssten mit Kürzungen der Sozialleistungen rechnen.
Bildungsoffensive startet im Kindergarten – Akzentuierung der Lehrpläne
Außerdem will die türkis-blaue Bildungspolitik verstärkt auf Digitalisierung setzen. Und zwar bereits im Kindergarten. Geplant sei dafür die Einführung von digitalen Bildungs- und Leistungsdokumentationen für jeden Schüler beginnend ab dem verpflichtenden Kindergartenbesuch bis zum Abschluss der schulischen Bildungslaufbahn. Durch entsprechende Anpassungen der Lehrpläne solle in Zukunft auch verstärkt auf „wirtschaftliche Kompetenz und unternehmerisches Denken“ der Schüler gefördert werden. „Erweiterung von Geschichte, Sozialkunde sowie Staatskunde und politische Bildung“ sei ebenfalls vorgesehen. Der Religionsunterricht soll erhalten bleiben. Für jene Schüler, die nicht daran teilnehmen, soll es verpflichtenden Ethikunterricht geben. Die ganztägigen Schulen sollen weiter ausgebaut und auch die tägliche Turnstunde weiterentwickelt werden.
Entrümpelung des stark verwalteten Schulsystems
Um das Schulsystem von überbordenden Erlässen und Formularen zu befreien, sei als Sofortmaßnahme die Überprüfung aller in Kraft stehenden Erlässe, Verordnungen und Rundschreiben geplant. Diese sollen im Hinblick auf Praktikabilität und Erfordernis bewertet werden. Allein seit August 2017 hätte es fünf Erlässe zum Thema Gender gegeben, was einen Erlass zum gleichen Thema alle drei bis vier Wochen bedeute. Die Prüfung der „unzähligen Erlässe zum Bereich der politischen Bildung“ sei ebenfalls vorgesehen. Gesetzlich solle das Bildungswesen künftig kompakter gestaltet sein. Alle bestehenden Schulgesetze sollten in einem klar formulierten Bundesbildungsgesetz für Inhalte und Organisation sowie einem Pädagogengesetz für alle Personal-relevanten Aspekte aufgehen.
Merckens: „Ankündigungen sind vielversprechend“
Für Dr. Stephanie Merckens, Referentin für Biopolitik am Institut für Ehe und Familie (IEF) klingen die Ankündigungen im Bereich der Bildung „durchaus vielversprechend“. Auch wenn eine Kombination aus Eltern-Lehrer-Gespräch, Beurteilungsbogen und Schulnoten in abgeschwächter oder flexibler Form vor allem im ersten Volksschuljahr sinnvoll erscheint, brachte die jüngste Novelle mehr Verwirrung als Aussage, meint die Mutter zweier Volksschulkinder. Sehr zu begrüßen seien auch der verstärkte Fokus auf wirtschaftliches Denken und politische Bildung, so Merckens. Vor allem klinge aber auch die Ankündigung, die Schulerlässe auf ihre Sinnhaftigkeit zu durchforsten, sehr erfreulich. Gerade in den Bereichen Sexualpädagogik und Gender hätte es in den letzten Jahren aufgrund solcher Erlässe Materialien gegeben, die Kinder und Jugendliche eher indoktrinierten statt informierten, so die Biopolitikerin.