AT_DE / Lebensende: Verfassungsgerichtshof vertagt Beratungen zur „Sterbehilfe“ – Stimmen zum Welthospiztag
IEF, 16.10.2020 – Während der VfGH noch keinen Entscheidung in Sachen „Sterbehilfe“ getroffen hat, fand am Welthospiztag der erste Bioethik-Dialog des Salzburger Ärzteforums statt.
Beratungen zur „Sterbehilfe“ vertagt
Die Beratungen zu den anhängigen Verfahren bezüglich der Verbote der Tötung auf Verlangen (§ 77 StGB) und der Suizidbeihilfe (§ 78 StGB) ziehen sich weiter in die Länge. Nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am 24. September eine mündliche Verhandlung abgehalten hat, wurde die Behandlung dieser heiklen Frage auf die nächste Session vertagt, die voraussichtlich am 23.11. beginnen wird.
Salzburger Bioethik-Dialoge am Welthospiztag
Das Ende der VfGH-Session fiel diesmal auf den am 10. Oktober begangenen Welthospiztag. Am selben Tag fanden in Salzburg die ersten Bioethik-Dialoge zum Thema „Modernes Sterben – Aufgaben und Grenzen der Medizin am Lebensende“ statt. Auf Einladung des Salzburger Ärzteforums trafen sich Mediziner, Ethiker, Juristen und Persönlichkeiten aus Politik, Kirche und Gesellschaft, um sich ausführlich mit Fragen am Lebensende zu befassen. Diskutiert wurde im Rahmen der Veranstaltung unter anderem über die gegenwärtigen gesetzlichen und medizinischen Rahmenbedingungen der Betreuung von Menschen am Lebensende, die Chancen der Palliativmedizin sowie die Lehren aus der Legalisierung der Sterbehilfe im Ausland. Beeindruckend waren u.a. die Berichte des niederländischen Ethikers Theo A. Boer und des Schweizer Psychotherapeuten Raimund Klesse. Für die österreichische Situation besonders erhellend auch die Beiträge der Palliativmedizinerin Veronika Mosich und des Strafrechtlers Kurt Schmoller.
Alle Beiträge wurden auch live gestreamt und können nunmehr unter folgendem Link nachgesehen werden.
Ausbau und Finanzierung der Palliativversorgung gefordert
Den Welttag für Hospiz und Palliative Care nahmen zahlreiche Experten und Organisationen zum Anlass, für einen Ausbau und eine bessere Finanzierung der Hospiz- und Palliativversorgung zu plädieren. Neben Prof. Stefan Lorenzl von der PMU Salzburg und Dr. Veronika Mosich vom CS Hospiz am Rennweg, richtete die ehemalige Landeshauptfrau von Salzburg, Gabi Burgstaller, einen dringenden Appell bei den Bioethik-Dialogen an die anwesenden Mediziner, sich auf Palliativmedizin zu spezialisieren. Dort suche man händeringend nach medizinischem Personal, meint Burgstaller, die nunmehr bei der Arbeiterkammer Salzburg für Gesundheitsberufe zuständig ist.
Beim Besuch des Kinderhospiz Netzes in Wien-Meidling drängten die Abgeordneten zum Nationalrat, Norbert Sieber und Gudrun Kugler (beide VP), auf die Umsetzung der im Regierungsprogramm angekündigten Übernahme der Hospiz- und Palliativversorgung in die Regelfinanzierung. Es könne nicht sein, dass die Betreuung und Begleitung von Menschen mit schweren Erkrankungen von Spenden abhänge, so Sieber in einer Pressemitteilung.
Deutsche Caritas und Diakonie für Ausbau der Palliativversorgung
Auch in Deutschland meldeten sich anlässlich des Welthospiztags Caritas und Diakonie zu Wort. Wie katholisch.de berichtet, forderte der Caritas Präsident, Peter Neher „eine breite Aufklärung über die weitreichenden Möglichkeiten der Palliativversorgung sowie eine Stärkung der stationären Pflegeeinrichtungen“ als Antwort auf schwerste körperliche und seelische Leiden des Menschen. Eine „organisierte Hilfe bei der Selbsttötung“ sei für Neher hingegen keine adäquate Antwort und kritisiert damit die folgenschwere Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts im Februar dieses Jahres. Denn „sterbenskranke Menschen dürfen sich nicht unter Druck fühlen, den Tod zu verlangen“, betonte der Caritas Präsident anlässlich des Welthospiztags.
Wie auch die Caritas nahm der evangelische Wohlfahrtsverband Diakonie den 10. Oktober zum Anlass, um die Forderung nach Ausbau der Palliativversorgung und nach den von der Regierung im Koalitionsvertrag angekündigten Finanzhilfen für Hospiz- und Palliativnetzwerke zu erneuern. (AH)