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AT / Lebensende: Justizministerium lädt zum „Dialogforum Sterbehilfe“

IEF, 20.04.2021 – Neben 25 geladenen Experten können auch nichtgeladene Personen und Institutionen bis 5. Mai Stellungnahmen beim Dialogforum einreichen.

Nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) letztes Jahr das Verbot der Beihilfe zum Suizid als verfassungswidrig aufgehoben hat (das IEF hat berichtet), liegt es nun am Gesetzgeber eine entsprechende Regelung zum assistierten Suizid zu verabschieden. Das Höchstgericht hat das Inkrafttreten seiner Entscheidung nämlich bis 2022 aufgeschoben und das Parlament aufgefordert, Maßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch auszuarbeiten. Bisher geschah, zumindest im öffentlichen Forum, wenig, was von zahlreichen Politikern bereits kritisiert wurde. (Das IEF hat berichtet). Letzte Woche hat das Justizministerium sein Versprechen, das Thema mit Experten und der Zivilgesellschaft diskutieren zu wollen, schließlich wahrgemacht und ein “Dialogforum Sterbehilfe” eingerichtet, wie u.a. in der Presse nachzulesen ist. Geladen dazu wurden Vertreter von Religionsgemeinschaften, Hilfsorganisationen, Pflegeeinrichtungen, der Zivilgesellschaft und Wissenschaft, insgesamt 8 Personen und 27 Institutionen. Beraten wird in der Woche vom 26. bis 30. April. Ziel sei es, die beste Vorgehensweise nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs zu erörtern und über mögliche gesetzliche Regelungen des assistierten Suizids nachzudenken. Laut Auskunft des Justizministeriums haben auch nichtgeladene Personen und Organisationen die Möglichkeit, bis 5. Mai eine schriftliche Stellungnahme an team.z@bmj.gv.at zu schicken. Damit würde ihre Stimme auch im Rahmen des Ergebnisberichts Berücksichtigung finden.

Merckens vertritt Bischofskonferenz

Die Österreichische Bischofskonferenz wird zwar nie einem Gesetz zustimmen können, dass Suizidbeihilfe zulässt. Aufgrund der großen Erfahrung der Kirche in der Begleitung vulnerabler Personen und sterbender Menschen, aber auch aus Verantwortung der ihr anvertrauten Personen, will sie sich nicht dem demokratiepolitischen Diskurs entziehen. Die BIKO entsendet daher als einschlägig eingearbeitete Expertin die seit über 20 Jahren im Bereich Biopolitik tätige Juristin und Leiterin der Politikabteilung des Instituts für Ehe und Familie (IEF), Dr. Stephanie Merckens. Merckens´ Auseinandersetzung mit dem Thema Lebensende begann mit Sr. Hildegard Teuschl, die den Auf- und Ausbau der österreichischen Hospizbewegung maßgeblich geprägt hat. Seither hat die ausgebildete Rechtsanwältin in unzähligen Artikeln, Podiumsdiskussionen, Radio- und Fernsehsendungen Stellung genommen und sich differenziert und tiefgehend mit dem Thema „Sterbehilfe“ beschäftigt. Als Vertreterin der Bischofskonferenz möchte sie sich im Dialogforum für das Sicherstellen der Suizidprävention und einer würdigen Begleitung von Sterbenden einsetzen. Die neue gesetzliche Regelung dürfe nicht dazu führen, dass ein Menschenleben, unter welchen Umständen auch immer, als „lebensunwert“ eingestuft werde. Im Sinne der VfGH-Entscheidung sei außerdem die Absicherung des freien Willens und der Schutz vor Einflussnahme durch Dritte zu gewährleisten, so die Juristin weiter. Ein weiteres Anliegen sei es, dass Angehörige von Gesundheitsberufen nicht mit Suizidassistenz und Tötung auf Verlangen in Verbindung gebracht werden. Hier gelte es das Vertrauen in die Ärzteschaft und Pflegekräfte zu stärken und zu schützen. Zudem brauche es eine umfassende Gewissensfreiheit nicht nur für individuelle Personen, sondern auch für organisatorische Einrichtungen. Denn niemand dürfe dazu gedrängt werden, sich an einem assistierten Suizid zu beteiligen, betont Merckens. Weder direkt, noch indirekt.

Auch Caritas-Generalsekretärin Parr für „bewährten österreichischen Weg“ im Dialogforum

Auch Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich, wird am Dialogforum teilnehmen. Die Caritas ist zwar ebenfalls eine Einrichtung der Katholischen Kirche, wurde aber – wohl zurecht aufgrund ihrer eigenständigen und weitreichenden Bedeutung in dieser Frage – zusätzlich zur Bischofskonferenz eingeladen, einen Teilnehmer zu entsenden. Wie die Kathpress berichtet, plädiert Parr vor allem für eine bessere Implementierung des „bewährten österreichischen Weges“ durch den flächendeckenden Ausbau der Palliativ- und Hospizversorgung. Diese sollte sowohl für Erwachsene als auch für Kinder durch einen Rechtsanspruch abgesichert werden. Dabei verweist die Caritas-Generalsekretärin auch auf das Regierungsprogramm und das Strategiepapier zur Pflegereform, die beide einen raschen Ausbau der Palliativ- und Hospizversorgung vorsehen. Eine adäquate Sterbebegleitung sei zudem ein „wichtiger Baustein in der Suizidprävention“, zumal ein Sterbewunsch, laut Parr, zumeist ein Hilferuf nach Beistand und Schmerzlinderung sei. In Bezug auf die auszuarbeitende gesetzliche Regelung wünscht sie sich klare und enge Vorgaben und ein Verbot der Geschäftemacherei mit dem Tod durch Vereine und Unternehmen. (AH)

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