Scheidungskinder
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US_INT / Familie: Lebenslange Folgen für Scheidungskinder

IEF, 13.02.2023 – Im Vergleich zu Menschen mit intakter Ursprungsfamilie haben Scheidungskinder auch als Erwachsene weniger Ressourcen zur Verfügung, so das Ergebnis einer aktuellen Studie.

Im Fokus: Erwachsene Scheidungskinder

Dass Scheidungskinder es in unterschiedlichen Lebensbereichen nicht leicht haben, ist bekannt. Die Gesamtscheidungsrate lag in Österreich im Jahr 2021 laut Statistik Austria zwischen 40,1 Prozent in Wien und 33,6 Prozent in Tirol. Insgesamt waren von der Ehescheidung der Eltern 17.111 Kinder betroffen, davon 11.834 Minderjährige (69,2 Prozent). Es gibt zahlreiche Studien, die sich mit der Situation minderjähriger Scheidungskinder beschäftigen. Seltener schauen sich Wissenschaftler die Lebenssituation von Scheidungskindern im Erwachsenenalter an. Diese Betroffenengruppe nahm nun das Team rund um die Soziologin Anna Manzoni von der North Carolina State University unter die Lupe und untersuchte die Daten einer deutschen Langzeitstudie. Die Daten wurden zwischen 2009 und 2016 gesammelt. Die untersuchten Personen waren mindestens 18 Jahre alt.

Weniger finanzielle, emotionale und allgemeine Unterstützung – ein Leben lang

Die Wissenschaftler untersuchten in der Studie drei Bereiche: emotionale, materielle und direkte Unterstützung, also beispielsweise Hilfe im Haushalt oder bei der Kinderbetreuung. Sie kamen zum Schluss, dass Erwachsene, deren Eltern getrennt lebten, deutlich weniger finanzielle, emotionale oder allgemeine Unterstützung erhielten als Kinder intakter Familien, und das sowohl von Müttern als auch Vätern. Im Vergleich zu Menschen mit intakter Ursprungsfamilie hätten Scheidungskinder also auch als Erwachsene deutlich weniger Ressourcen zur Verfügung. „Es gibt jede Menge Studien, die zeigen, dass Scheidungskinder schlechtere schulischen Leistungen erbringen oder eher psychische Probleme haben. Unsere Studie zeigt, dass diese Kinder auch als Erwachsene noch Nachteile haben“, so Manzoni.

Wechselwirkung: Kinder unterstützen Eltern weniger

Im Umkehrschluss unterstützten Scheidungskinder ihre Eltern weniger als Kinder aus intakten Familien. Interessanterweise betreffe dies nicht die materielle Unterstützung für die Mutter. Diese werde von Scheidungskindern im gleichen Ausmaß geleistet wie von erwachsenen Kindern intakter Familien.

Wesentliche Faktoren: Trennungszeitpunkt und Bildungsniveau

Für die gegenseitige Unterstützung von Kindern und Vätern sei der Trennungszeitpunkt ausschlaggebend, da der Großteil der Kinder nach der Trennung überwiegend bei der Mutter lebe. Wenn die Eltern sich erst trennen oder scheiden ließen, wenn die Kinder bereits erwachsen seien, gebe es kaum Unterschiede zu dem Vater-Kind-Verhältnis intakter Familien. Darüber hinaus habe die Trennung weniger negative Folgen bezüglich der materiellen Unterstützung der Kinder, je höher das Bildungsniveau der Mutter sei.

Fazit: Benachteiligung der Benachteiligten

Insgesamt deute die geringere intergenerationelle Unterstützung von Familien, die von Trennung betroffen seien, auf eine zunehmende Benachteiligung der bereits Benachteiligten hin, so das Forschungsteam. Manzoni ist deshalb der Meinung, dass es mehr Unterstützung für getrenntlebende Familien brauche.

IEF-Kommentar

Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig die Unterstützung für Ehepaare und Familien in unserer Gesellschaft ist. Denn intakte oder verletzte Familienstrukturen wirken über Jahrzehnte und betreffen nicht nur das Aufwachsen von Kindern und deren Erwachsensein, sondern auch das Altern der Eltern. Wenn auch wenig überraschend, so doch selten beachtet, ist die Gegenseitigkeit der Fürsorge, den die Studie erkennt: Scheidungskinder unterstützen ihre Eltern weniger. Die Unterstützung in Richtung Eltern wird vor allem in Krankheit und Alter tragend. Befragungen zeigen, dass alte und/oder kranke Menschen oftmals nicht mehr weiterleben möchten, da sie nicht zur Last fallen wollen und Angst haben, einsam zu sein und nicht mehr aktiv am Leben teilhaben zu können. In einer Gesellschaft, in der „Sterbehilfe“ zunehmend salonfähig wird, müssen Familiensysteme gestärkt werden, die Einsamkeit verhindern und gegenseitige Fürsorge möglich machen.

Daran möchte auch das Institut für Ehe und Familie (IEF) mitwirken und bietet daher konkrete Beratung in allen Themen rund um Ehe, Familie, Schwangerschaft, Beziehung, Erziehung, Generationen und anderen Lebensfragen von Paaren und Einzelpersonen. Die professionellen Beraterinnen und Berater suchen mit den Betroffenen nach Lösungswegen. Alle Informationen finden Sie >> hier. (TSG)

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