US / Gender: US-Regierung scheint anerkannte Geschlechter wieder auf zwei reduzieren zu wollen
IEF, 5.11.2018 – Auf der Basis eines zugespielten Memos aus dem US-Gesundheitsministerium berichtete die New York Times Ende Oktober über Pläne der Trump-Regierung, in Zukunft nur noch zwei Geschlechter anzuerkennen und zwar auf Basis des bei der Geburt biologisch festgestellten Geschlechts.
Veröffentlichtes Memo aus Gesundheitsministerium lässt Umdenken in Sachen Gender vermuten
Am 21. Oktober veröffentlichte die New York Times einen Artikel, in dem sie die Inhalte des sogenannten Dokumentes „Title IX“ aufarbeitet. „Title IX“ sei ein Memo aus dem US-Gesundheitsministerium, aus dem hervorgehe, dass in Zukunft „nur mehr“ zwei Geschlechter offiziell anerkannt werden sollten. Als Grundlage für die Feststellung soll außerdem das bei der Geburt festgestellte biologische Geschlecht herangezogen werden. Als Begründung wird laut New York Times angeführt, dass Behörden eine „klare biologische, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende, objektive und verwaltungstechnisch handhabbare“ Definition von Geschlecht benötigen würden, um arbeiten zu können. Das Geschlecht würde dann als entweder männlich oder weiblich definiert werden, je nach biologischer Gegebenheit und unveränderbar. Die Regierung Trumps würde damit Schritte in Richtung einer fluideren Definition von Geschlecht, die unter der Regierung Obamas gemacht wurden, wieder rückgängig machen. Bei Uneindeutigkeit soll das Geschlecht mit Hilfe von Gentests überprüft werden.
Änderung könnte sich vor allem auf Bildungsbereich auswirken
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) betont, dass die Auswirkungen sich besonders im Bildungsbereich niederschlagen könnten. So wären dann Angebote, die geschlechtsspezifisch ausgeschrieben seien, nur noch für Menschen zugänglich, die diesem Geschlecht biologisch auch entsprächen. Kritiker befürchten einen Rückgang öffentlicher Anerkennung und Akzeptanz von Transgender-Personen, die ihre Existenz durch das Regierungsvorhaben gefährdet sehen. Unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Inhalte des Memos verbreitete sich der Hashtag #wontbeerased („Wir lassen uns nicht auslöschen“) in den sozialen Netzwerken. Verschiedenste Transgender-Bewegungen sehen sich in ihren Bürgerrechten eingeschränkt, wenn diese Veränderung in der Bundesgesetzgebung vollzogen werden würde.
Nach Berichten der FAZ wären Transgender-Personen zwar nach wie vor durch weitere allgemeine Antidiskriminierungsgesetze geschützt, es könnte aber schwieriger für sie werden, dass die empfundene von dem biologischen Geschlecht abweichende Geschlechtsidentität beispielsweise auch von Schulen oder Universitäten anerkannt werden würde.
Im Transbereich aktive Studentin bezeichnet binäres Geschlechtersystem als eigene Form der Genderideologie
In Österreich bezeichnete die im Queer- und Transbereich aktive Alex Mähr in einem Interview mit dem Standard die Überlegungen der Trump-Regierung als eigene Form der Genderideologie. Mähr kritisiert, dass eine Warnung vor einer Genderideologie von rechter Seite seltsam anmute, weil diese Kritik auf einer Sicht der Gegebenheiten beruhte, die selbst eine Form von Geschlechterideologie sei, aber eben eine die nur auf zwei Geschlechtern beruhe und „ausschließlich eine Art von Männlichkeit und eine Art von Weiblichkeit“ anerkenne.
Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF) empfiehlt, die Diskussion differenziert zu führen. „Völlig unabhängig von den Geschehnissen in den USA bedeutet die Orientierung an den zwei biologischen Geschlechtern männlich und weiblich nicht, dass dadurch auch das Wesen der individuellen Person vorprogrammiert sei. Es gebe zwar typischerweise mehr männliche und mehr weibliche Eigenschaften oder Merkmale. Es liege aber im Wesen von „typischerweise“, dass es davon zahlreiche individuelle Ausnahmen und Ausprägungen gibt, die das jeweils Individuelle einer Person ausmachten. Merckens sieht daraus aber keine Notwendigkeit, diese individuelle Prägungen auch rechtlich zu erfassen. Wichtig in dieser Diskussion sei auch die Unterscheidung zwischen transgender empfindenden Personen und interesexuell geborenen Personen. Bei intersexuell geborenen Personen ist das biologische Geschlecht nicht eindeutig feststellbar. Hier warnt ein großer Teil der medizinischen Fachwelt mittlerweile vor übereilter Hormonbehandlung und irreversiblen operativen Eingriffen. Dies sei durchaus nachvollziehbar, so Merckens. Es sei daher auch nachvollziehbar, dass eine personenstandrechtliche Angabe zum Geschlecht eines neugeborenen Kindes bis zur Klärung offen bleiben könne, wie etwa der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) jüngst betont habe. Die grundsätzliche – auch personenstandrechtliche – Einordnung nach den biologischen Geschlechtern „männlich“ und „weiblich“ wäre aber nur ein Aspekt von vielen, die die Persönlichkeit und Eigenart eines Menschen ausmachen. Insofern warnte schon Papst Franziskus in Amoris Laetitia davor, Menschen in zu starre Geschlechtsrollenbilder einzusperren. Pastoral gesprochen setze die Achtung vor der Person des jeweiligen Gegenübers voraus, den Menschen in seiner Individualität wahrzunehmen, seine Interessen und Stärken möglichst zu fördern und ihm als wertvolles, von Gott gewolltes Mitglied der Menschheitsfamilie zu begegnen, so Merckens.
In den USA wolle man das Vorhaben bis Ende des Jahres prüfen, so die New York Times in ihrem Bericht. Das IEF wird weiter berichten.