Gesundheitsleistung
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US / Abtreibung: Umdeutung des Begriffs „Gesundheitsleistung“

IEF, 11.10.2021 – Abtreibung wird immer häufiger als Gesundheitsleistung bezeichnet. Von dort ist der Weg zum Menschenrecht nicht mehr weit.

US-Kongress verabschiedet den Women’s Health Protection Act

Der US-Kongress hat letztens für ein Gesetz gestimmt, das den Zugang von Frauen zur Abtreibung sicherstellen und de facto ein schrankenloses Recht auf Abtreibung landesweit etablieren soll. Der Women’s Health Protection Act of 2021 nennt Abtreibung eine essentielle Gesundheitsleistung und der Zugang dazu sei ein Garant, für die Teilnahme am wirtschaftlichen und sozialen Leben in den USA. Abtreibungen würden „schwangeren Menschen“ erlauben, selbst über Schwangerschaft, Familie und Leben zu entscheiden und würden zu den sichersten medizinischen Eingriffen in den USA gehören.

Obwohl der Oberste Gerichtshof 1973 ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch bis zur Lebensfähigkeit des Fötus und danach bei Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Schwangeren anerkennt habe, werde der Zugang zu Abtreibungen immer wieder durch Verbote, Einschränkungen, Elternbeteiligungsrechte und medizinisch unnötige Vorschriften behindert. Außerdem wird im Gesetzestext bemängelt, dass in vielen Landkreisen keine Abtreibungskliniken vorhanden wären.

Abtreibungsverbote als Folge von „White Supremacy“, Rassismus und Paternalismus

Das Gesetz sieht die „reproduktive Gerechtigkeit“ als ein Menschenrecht an, das darauf ausgerichtet sei, Einschränkungen der reproduktiven Gesundheit und damit auch der Abtreibung zu beseitigen und das „Aufrechterhalten der Unterdrückungssysteme“, der „White Supremacy“ und des „Rassismus gegen Schwarze“ zu unterbinden. Der Zugang zur Abtreibung sei nämlich in Amerika vor allem in „schwarzen, indigenen und andersfarbigen“ Communities erschwert. Einschränkungen der Abtreibung seien zudem vor allem ein gegen Frauen gerichtetes Werkzeug der Geschlechterunterdrückung. Solche „paternalistischen Regelungen“ würden „schädliche Stereotypen über Geschlechterrollen perpetuieren, wie die Entscheidungsunfähigkeit und Schutzbedürftigkeit anstatt der Unterstützungswürdigkeit von Frauen“. Damit würden sie die grundlegende Autonomie, Würde und Gleichberechtigung von Frauen verletzen.

Unverbindliche UN-Erklärungen werden als Rechtsgrundlage herangezogen

Zitiert werden in dem Gesetzestext auch einige nicht-verbindliche Erklärungen von UN-Menschenrechtsüberwachungsgremien, die den Zugang zu Abtreibungen mit dem Recht auf Leben, Gesundheit, Gleichheit, Nicht-Diskriminierung, Privatleben und Freiheit von Misshandlungen in Verbindung bringen. Ihnen zu Folge müssten Abtreibungen verfügbar, zugänglich, erschwinglich, annehmbar und von guter Qualität sein. Die UN-Vertragsüberwachungsorgane sehen Beschränkungen der Abtreibung über Bedenkzeiten, verpflichtende Beratung und Zustimmung Dritter (bspw. Eltern), als mit den Menschenrechten nicht vereinbar an. Dass es jedoch eigentlich gar kein internationales Recht auf Abtreibung gibt, lesen Sie hier.

Kein Unterschied zwischen Fötus und Gebärmutterschleimhaut

Das Gesetz vergleicht Abtreibungen mit anderen gynäkologischen Eingriffen, wie Endometriumablation, bei der die Gebärmutterschleimhaut bei dysfunktionellen Blutungen entfernt wird oder einer Konisation mittels einer elektrischen Schlinge (LEEP), bei der ein schmaler Kegel vom Gebärmutterhals entfernt wird, bzw. mit analogen nicht-gynäkologischen Behandlungen, wie einer Vasektomie oder Kolonoskopie. Folglich dürften Abtreibungen auch nur solchen Auflagen unterliegen, wie vergleichbare medizinische Eingriffe. Auflagen dürften den Zugang zu Abtreibungen auch nicht erschweren – jedenfalls solange sie die reproduktive Gesundheit und Sicherheit von Abtreibungen nicht signifikant verbessern würden. Die für andere medizinische Dienste geltenden Vorschriften in Bezug auf Telemedizin sollten nach dem Wortlaut des Gesetzes auch ohne Unterschied für Abtreibungen gelten. Und jedwede Einschränkung der Abtreibung vor der Lebensfähigkeit des Fötus, bspw. in Bezug auf die Abtreibungsmethode oder den Abtreibungsgrund (also etwa das Geschlecht des Kindes), erklärt der Text für unzulässig.

Biden erkennt internationales Recht auf Abtreibung an

Damit das Gesetz in Kraft treten kann, benötige es noch die Zustimmung des Senats, die jedoch als sehr unwahrscheinlich gilt, so C-Fam. Nichtsdestotrotz markiere der Women’s Health Protection Act eine Wende in den USA, zumal US-Präsident Biden und seine Regierung dem Gesetz in einer offiziellen Erklärung beigepflichtet haben. Damit sei Biden der erste US-Präsident, der die Abtreibung als ein internationales Menschenrecht anerkannt hat.

Angriff auf Schutzvorschriften und Gewissensfreiheit

Kritik an dem Gesetz kam unter anderem von Seiten der Amerikanischen Bischofskonferenz. In einer Presseaussendung wiesen die Bischöfe darauf hin, dass das Bundesgesetz Abtreibungen auf Verlangen landesweit legalisieren und Pro-Life-Regelungen, inklusive der elterlichen Benachrichtigung bei minderjährigen Mädchen, der informierten Zustimmung und Gesundheits- und Sicherheitsvorkehrungen in Einrichtungen, die Abtreibungen durchführen, beseitigen würde. Der Women’s Health Protection Act würde den amerikanischen Steuerzahler außerdem dazu zwingen, Abtreibungen sowohl im In- als auch im Ausland zu finanzieren. Bedroht sei durch das Gesetz auch die Gewissenfreiheit von medizinischem Personal und Ärzten.

Erzbischof Joseph F. Naumann, der in der amerikanischen Bischofskonferenz für den Lebensschutz zuständig ist, bezeichnete das Gesetz, als das „extremste Abtreibungsgesetz“, das Amerika je gesehen habe. Es würde nicht die Gesundheit der Frauen schützen, sondern jedweden Schutz des ungeborenen Kindes, eliminieren wollen. Damit würde es die bewusste Zerstörung ungeborenen Lebens fördern und unzählige Frauen mit physischen, emotionalen und seelischen Narben zurücklassen. Das Gesetz folge einem Narrativ der Ausweglosigkeit und stelle die Abtreibung als die einzige oder beste Lösung in einem Schwangerschaftskonflikt dar. Die Abtreibung mit anderen medizinischen Eingriffen wie einer Blinddarmentfernung zu vergleichen, halte Erzbischof Naumann für eine fatale Ungerechtigkeit. Der Women’s Health Protection Act verstoße dabei gegen das für Amerika grundlegende Prinzip, wonach jeder Mensch das unveräußerliche Recht auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück hat. Der Kongress sollte vielmehr Maßnahmen und Gesetze erlassen, die die Rechte von Müttern, ihren Kindern und das Gewissen aller Amerikaner respektieren, erlassen.

Europäisches Parlament unterstützt Biden’s Vorstoß

Die Etablierung von Abtreibung als Menschenrecht scheint mittlerweile das international akkordierte Ziel politischer Repräsentanten zu sein, die zu seiner Erreichung auch nicht davor zurückschrecken, Kompetenzbereiche und Zuständigkeiten zu verletzen. So folgte auf Biden’s Vorstoß postwendend eine unterstützende Resolution des Europäischen Parlaments. Und Belgien unterstützt offiziell polnische Frauen, die unter Umgehung der polnischen Rechtslage Abtreibungen durchführen lassen.

Lesen Sie dazu mehr im nächsten IEF-Newsletter. (AH)

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