AT / Ehe: Weitere Kritik am VfGH-Urteil zur „Ehe für alle“
IEF, 17.1.2017 – Immer wieder äußern sich prominente Stimmen zum umstrittenen Entscheid des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Auch in der Kirche bleibt das Urteil Thema.
Kritik am VfGH Urteil
In seiner Weihnachtspredigt am Christtag 2017 kritisierte Bischof Küng zum wiederholten Mal das Urteil des VfGH, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Küng hielt unumwunden fest, dass „(…) die Ehe immer ein auf Dauer angelegter Bund zwischen einem Mann und einer Frau sein [wird] mit der Offenheit für Kinder, die für ihre Identität und ihre Persönlichkeitsentwicklung Vater und Mutter brauchen, und zwar die eigenen (…). Es liegt nicht in der Willkür des Menschen festzulegen, was eine Ehe ist und welche Eigenschaften ihr zukommen (…).“ Bereits zuvor hatte sich der Bischof, wie u.a. der Kurier berichtet, gegen die Öffnung der Ehe ausgesprochen. Für den St. Pöltener Bischof gehe es nicht darum, die individuelle Lebensgestaltung der Menschen auf den Prüfstand zu stellen. „Es geht nicht darum, darüber zu sprechen wer wen liebt, sondern einzig um den Schutzcharakter, der der Verbindung von Mann und Frau zukommt“, so Küng.
Bischof Hermann Glettler aus Innsbruck betonte in einem Interview gegenüber dem Standard, dass nicht nur er, sondern die gesamte Bischofskonferenz eindeutig hinter der Position von Kardinal Schönborn stehe: „Die Ehe als Lebensgemeinschaft von Mann und Frau ist etwas anderes als eine Partnerschaft von Personen gleichen Geschlechts. Kindern das Leben zu schenken ist der unersetzbare Beitrag für die Zukunft unseres Landes. Es geht für unser Zusammenleben etwas verloren, wenn man krampfhaft gleichschaltet, was eigentlich nicht gleich ist.“ Es sei ihm unverständlich, warum nach einem jahrzehntelangen Kampf um das Recht „anders sein zu dürfen“, nun doch wieder eine Gleichschaltung angestrebt werde.
Der Jurist Jacob Cornides zweifelt in einem Gastkommentar in der Tagespost sowohl die inhaltliche Korrektheit des Urteils an, als auch dessen Begründung. Laut Cornides sei selbst nach der Änderung des §44 ABGB über die Ehe durch die Streichung der Worte „verschiedenen Geschlechts“ immer noch unklar, wie zwei gleichgeschlechtliche Personen eine Ehe nach diesem Paragraphen eingehen könnten, da die Ausrichtung auf „Kinder zeugen und erziehen“ nach wie vor bestehen bleibe. Auch erschließe sich Cornides die Argumentationslinie für die Änderung des Paragraphen nicht. Der VfGH hätte schließlich 2009 im Zuge der Einführung der Eingetragenen Partnerschaft (EP) festgestellt, dass die Ehe und die EP „im Hinblick auf Rechtsbeziehung und Rechtsfolgen vergleichbar“ seien, jedoch „an sich ungleiche Verbindungen erfassen“. Das hieße laut Cornides, dass der VfGH selbst nicht eine solche Gleichheit der Situationen gegeben sehe, auf die sich die Forderung nach Gleichbehandlung stützen könnte. Da der Gleichheitsgrundsatz nur gebiete, Gleiches gleich zu behandeln, sei er hier offenkundig – sogar nach den eigenen Worten des Gerichtshofs – gar nicht anwendbar. Auch das angeführte Zwangsouting wirke für den Juristen „wie an den Haaren herbeigezogen.“ Niemand wäre gezwungen eine EP einzugehen. Dem vermeintlichen Missstand, dass ein Homosexueller durch die Angabe seines Status als „verpartnert“ automatisch seine sexuelle Orientierung offenlegen müsse, wäre bereits dadurch ausreichend begegnet, dass die EP auch für verschiedengeschlechtliche Paare geöffnet werde. Dann folge nämlich aus dem Zivilstatus „verpartnert“ nicht mehr notwendig die homosexuelle Orientierung des Betreffenden. Das Urteil leide nach Meinung des Juristen einerseits an der Unklarheit seines Urteilsspruchs, andererseits an offenkundigen, schwerwiegenden Begründungsmängeln. Obgleich die Entscheidung eines Höchstgerichtes selbstverständlich als solche zu respektieren sei, hieße das weder, dass sie der Kritik entzogen wäre, noch dass es dem Gesetzgeber verwehrt wäre, korrigierend einzugreifen, so Cornides.
Positive Reaktionen auf Ehe-Urteil
Positive Worte zu der Entscheidung des Gerichtshofes kamen von Caritas-Präsident Michael Landau, sowie seinem Generalsekretär Klaus Schwertner, die auf Twitter ihre Zustimmung zur Ehe-Öffnung bekundeten. Der Präsident lobte die Entscheidung des Gerichtes mit den Worten: „Gerichte sprechen Recht. Ihr untadeliger Ruf und ihre Integrität sind in einer Demokratie von höchster Bedeutung.“ Noch weiter ging Helmut Schüller, Leiter der „Pfarrerinitiative“, indem er sagte: „Wir müssen an dem Punkt landen, an dem eine gleichgeschlechtliche Ehe möglich ist“. Aus der evangelischen Kirche hört man ebenfalls Zustimmung. So begrüßte beispielsweise der evangelische Bischof Michael Bünker die Öffnung der Ehe.
Doch auch innerhalb der evangelischen Kirche ist man nicht einer Meinung. Die Österreichische Evangelische Allianz befürchte vor allem, dass Christen, die noch an einer „christlichen und herkömmlichen Lehre in Bezug auf die Ehe“ festhielten, immer mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden könnten. Der Generalsekretär der Evangelischen Allianz, Christoph Grötzinger mahnte zudem an, dass das Urteil ein Schritt in die Richtung sein könne, auf den in Zukunft auch weitere Forderungen „nach rechtlicher Absicherung weiterer Formen verbindlichen Zusammenlebens“ folgen könnten.