BE / Lebensende: Tötung Neugeborener soll erlaubt werden
IEF, 15.09.2020 – Die Mehrzahl flämischer Ärzte wünscht sich ein Gesetz, das das Verabreichen von Sterbemitteln an Neugeborene mit Beeinträchtigung erlauben würde.
Alle Mediziner befürworten zudem eine Spätabtreibung im Falle einer tödlichen Fehlbildung oder Erkrankung des ungeborenen Kindes. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie aus Flandern, bei der Ärzte und medizinisches Fachpersonal, die in Entscheidungen betreffend Spätabtreibungen eingebunden sind, befragt wurden. Eine geringfügig niedrigere Zustimmung (95,6%) erteilen die Studienteilnehmer Spätabtreibung in Falle einer nicht tödlichen, schweren Fehlbildung des Ungeborenen. Bei einem gesunden Fötus sprechen sich aus Gründen der psychischen Gesundheit 19,8% und aufgrund von sozioökonomischen Problemen der Schwangeren 13,2% der Ärzte für eine Spätabtreibung aus. Auch bei einer nicht eindeutigen Diagnose oder unvorhersehbaren Krankheitsverlauf erwogen 85,6% der Befragten eine Spätabtreibung.
9 von 10 Ärzten befürworten Infantizid
Neun von zehn (89,1%) Studienteilnehmern stimmten sogar einer Tötung von Neugeborenen (Infantizid) im Falle einer schweren jedoch nicht tödlichen Fehlbildung bzw. Erkrankung des Ungeborenen, durch die Verabreichung eines Sterbemittels, zu. So lautet dann auch das Fazit der Studie, dass Spätabtreibung in Flandern eine große Akzeptanz bei daran mitwirkenden Medizinern genießen und sich diese eine Gesetzesänderung im Sinne einer weitreichenden Legalisierung der Spätabtreibung und des Infantizids wünschen.
Eine Anknüpfung an die eugenische Bewegung
Ein Artikel aus dem National Review erinnert im Zusammenhang mit den kürzlich veröffentlichten Studienergebnissen, an die Nürnberger Prozesse, bei denen Ärzte noch für die Tötung behinderter Kinder zum Tode verurteilt wurden. Auch die eugenische Bewegung sei bekannt gewesen für ihre Forderung nach einer Euthanasie von Menschen mit Beeinträchtigungen. Heute wäre die Forderung, laut National Review, eine gesellschaftliche Konsequenz der kulturell akzeptierten „Sterbehilfe“ – ganz unter dem Motto der Nazi-Ärzte, die Tötung sei eine Art „Heilbehandlung“.
Das Kind ohne moralisches Recht auf Leben
Ähnliche Thesen und Einstellungen, wie die flämischen Ärzte, vertraten auch zwei Wissenschaftler, Alberto Giubilini und Francesca Minerva, in einem 2012 im Journal of Medical Ethics publizierten Fachartikel. Sie argumentierten darin, dass die Tötung eines Kindes nach der Geburt („after birth abortion“) unter eben denselben Voraussetzungen, wie eine Abtreibung, erlaubt sein sollte. Wenn eine Abtreibung nun aus ökonomischen Gründen zulässig ist, sollte das auch für Kinder nach der Geburt gelten. Sie begründeten ihre These damit, dass ungeborene und geborene Kinder zwar Menschen (human beings), aber nur potenzielle Personen (potential persons) seien und in diesem Sinne auch kein moralisches Recht auf Leben (moral right to life) hätten.
Gefährliche willkürliche Grenze des Lebensschutzes
Mit entlarvender Deutlichkeit zeigten diese Studienergebnisse, wie sehr Abtreibung und Sterbehilfe jene Menschen verändere, die diese laufend praktizierten, bemerkt Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF). Auffallend sei nämlich, dass die Studie scheinbar nur unter jenem ärztlichen Personal durchgeführt wurde, das sowieso schon an Spätabtreibungen mitwirkte. Auch zeigten die Ergebnisse wieder einmal, dass eine willkürlich gezogene „Grenze“ des Lebensrechts ebenso willkürlich verschoben werden könne, wie sie gesetzt wurde, so die Juristin. Wer den Beginn des rechtlichen Personenschutzes nicht an das noch am deutlichsten abgrenzbare biologische Moment der Befruchtung anknüpft, setze sich automatisch einer künstlichen Grenze aus, die je nach (Mehrheits-)Meinung verschoben werden könne, so die Biopolitikerin. So etwa auch auf Neugeborene, Kinder, unproduktive Erwachsene oder lebensmüde Personen. Eben alle, die aufgrund einer Krankheit oder sonstigen Beeinträchtigung nicht in das Schema eines autonomen, bewussten und produktiven Menschen passten. Mithilfe an der Tötung, euphemistisch auch „Sterbehilfe“ genannt, wird somit schnell zum Ausdruck vermeintlichen Mitgefühls. Diese Entwicklung sollte beunruhigen. Denn weitergedacht steige mit der Normalisierung der „Sterbehilfe“ der gesellschaftliche Druck und keiner sei so autonom und jederzeit leistungsfähig, dass er der Gefahr entrinnen könne, zu den „Begünstigten“ der „Sterbehilfe“ dazugezählt zu werden, warnt Merckens abschließend. (AH)