NL_INT / Lebensende: Tötung auf Verlangen ist keine medizinische Grundversorgung
IEF, 08.06.2020 – Während der Corona-Pandemie wurde die „Lebensende-Klinik“ in Amsterdam geschlossen – interessanterweise ohne Protest.
Widerstandslose Schließung der „Sterbehilfe“-Klinik in Amsterdam
Wie das Bioethikinstitut IMABE berichtet, wurde die sog. „Lebensende-Klinik“ in Amsterdam aufgrund der Corona-Krise von Mitte März bis Mitte Mai geschlossen. Begründet wurde die Schließung damit, dass „Euthanasie während der Covid-19-Krise keine Priorität“ habe. Mit der gleichen Begründung stellten beispielsweise in Kanada „Euthanasie-Kliniken“ ihren Betrieb ein. Während die kanadische Sterbehilfelobby allerdings auf die Barrikaden ging und überzeugen wollte, dass „medizinisch unterstütztes Sterben“ („Medical Aid in Dying“ – MAiD) den Stellenwert eines Menschenrechts habe, blieben die Proteste in den Niederlanden aus. Das sei laut dem Medizinethiker Theo Boer überraschend, da „Sterbehilfe“ in den Niederlanden als Recht und „als letztes, höchst wirksames Mittel gegen schweres Leiden“ angesehen werde.
Perspektivenwechsel durch Corona?
Der Medizinethiker Boer war bis 2014 Mitglied der staatlichen Euthanasie-Prüfungskommission. Heute zählt er zu den stimmgewichtigen Kritikern der niederländischen „Sterbehilfe“-Praxis, warnte etwa Großbritannien vor der Übernahme der niederländischen Regelung und veröffentlichte eine Studie über steigende Suizidzahlen in Ländern mit legaler „Sterbehilfe“. Theo Boer hoffe nun, dass die Corona-Pandemie einen Perspektivwechsel im Umgang mit Sterben und Tod ermögliche. Ältere und gebrechliche Menschen seien nun nicht bloß als Last gesehen worden, sondern als Menschen, für die man bereit sei, viel zu investieren, damit sie nicht Opfer einer Pandemie werden. Damit habe Covid-19 die Realität des Todes, die Notwendigkeit, für andere zu sorgen und von anderen gepflegt zu werden, wieder mitten in die eigenen vier Wände gebracht. „Die Kostbarkeit aller Leben und die Tragödie aller Todesfälle wurde real“, so der Medizinethiker.
„Sterbehilfe“ ist kein medizinischer Grundauftrag
„Euthanasie, wie sie in den Niederlanden genannt wird, stellt keinen Grundauftrag der medizinischen Versorgung dar, Palliative Care hingegen schon“, sagt auch die Ethikerin Susanne Kummer. Statt Tötung brauche ein Mensch in einer Krisensituation wie Krankheit oder Hochaltrigkeit heilsame Begegnungen, Schmerzlinderung, Zuwendung und Beistand. „Darin zeigt sich echte Sterbehilfe“, stellt Kummer fest. (TSG)