VA / Moraltheologie: Todesstrafe widerspricht Evangelium
IEF, 23.10.2017 – Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Veröffentlichung des Katechismus der katholischen Kirche (KKK) forderte Papst Franziskus eine strengere Ablehnung der Todesstrafe. Die bisherige Formulierung im Katechismus lässt die Todesstrafe in Ausnahmefällen zu und war damit bereits häufig Anlass fundierter Kritik. Die Todesstrafe stehe „im Gegensatz zum Evangelium“, so der Papst. Außerdem müsse die Kirche Positionen aufgeben, die einem neuen Verständnis des christlichen Glaubens widersprächen.
Bisher heißt es in Punkt 2266 des Katechismus, die Kirche erkenne das Recht und die Pflicht der staatlichen Gewalt an, angemessene Strafen zu verhängen, ohne in schwerwiegendsten Fällen die Todesstrafe auszuschließen. Beim Treffen am 11.10.2017 in Rom forderte der Papst ein ganz klares Nein zur Todesstrafe, wie die Erzdiözese Wien berichtet.
Der Papst verurteilte die Todesstrafe als „unmenschliche Maßnahme, die, gleich wie sie ausgeübt wird, die Menschenwürde erniedrigt“. Er verwies auf eine Lehrentwicklung unter seinen Vorgängern im Papstamt, aber auch auf ein verändertes Bewusstsein unter Christen bei diesem Thema. Über das Leben eines Menschen könne im Letzten nur Gott richten. Keine noch so schwere Straftat rechtfertige eine Hinrichtung, weil diese die Unverletzlichkeit und Würde der Person angreife, sagte Franziskus. Jedem Verurteilten müsse die „Möglichkeit eines moralischen und existenziellen Loskaufs“ bleiben, wenn er sich zugunsten der Gesellschaft bessere. Dass auch der Kirchenstaat früher die Todesstrafe als „extremes und unmenschliches Mittel“ angewandt habe, verurteilte der Papst: „Wir übernehmen die Verantwortung für die Geschichte, und wir erkennen an, dass diese Mittel mehr von einer legalistischen als einer christlichen Denkweise bestimmt waren.“ Um nicht „noch schuldiger“ zu werden, dürfe die Kirche heute nicht neutral zu dieser Frage bleiben, so Franziskus.
„Bewahren“ und „weitergehen“ seien zwei parallele Aufgaben der Kirche. Daher solle sie das Evangelium auf immer neue Weise verkünden, so der Papst. Der Katechismus habe eine zweigeteilte Aufgabe: die Gläubigen im Glaubenswachstum zu unterweisen und Menschen mit neuen und oft anderen Fragen an die Kirche heranzuführen und ihnen eine lebensnahe Antwort anzubieten.
Für Mag. Johannes Reinprecht, Direktor des Instituts für Ehe und Familie (IEF) bestätigt Papst Franziskus mit diesem Schritt seinen Stil, unangenehmen Themen nicht aus dem Weg zu gehen, auch wenn es bedeutet, sich innerhalb der großen Gemeinschaft der Gläubigen nicht nur Freunde zu machen. Der lasche Umgang mit der Todesstrafe sei seit jeher in der Kritik gestanden, zeige er doch einen Mangel an Stringenz im Umgang mit dem Tötungsverbot. Dass sich Papst Franziskus mit diesen klaren Worten gerade in Ländern wie den USA nicht nur beliebt macht machen werde, sei zu erwarten. Umso wichtiger sei die Klarheit seiner Aussagen.
Zum 25-jährigen Jubiläum der Veröffentlichung widmet Kathpress dem Katechismus einen Themenschwerpunkt, der auch die Wirkung und einige der Nachfolgeprojekte beleuchtet und unter www.kathpress.at/katechismus abrufbar ist.