Teenstar Kritiker
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AT / Sexualerziehung: TeenSTAR ruft Kritiker und Befürworter auf den Plan

IEF, 07.12.2018 – In der medialen Diskussion rund um den Verein TeenSTAR kommen verstärkt Befürworter einer entwicklungssensiblen Sexualpädagogik zu Wort. Kritik am geltenden Grundsatzerlass Sexualpädagogik wird immer lauter.

So kritisiert etwa die erfahrene Pädagogin und Vizepräsidentin des Katholischen Familienverbandes (KFÖ), Astrid Ebenberger, in einer Presseaussendung des KFÖ einmal mehr den aktuell gültigen Sexualkundeerlass. Sie appelliert an außerschulisch tätige Organisationen, das Wohl der Kinder und deren unterschiedliche Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen. Insbesondere moniert sie die fehlende Werteorientierung im aktuellen Sexualkundeerlass.

„Gerade bei einem so sensiblen Thema wäre Wertevermittlung ohne Bewertung gefragt“, sagt Ebenberger. Der aktuelle Sexualkundeerlass wurde 2015 unter der Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek verabschiedet. Schon damals habe der Katholische Familienverband darauf hingewiesen, dass Worte wie „Liebe“ oder „Familie“ im gesamten Erlass fehlten. Verantwortlichkeit verkomme in dem Erlass zur Beliebigkeit, kritisiert Ebenberger. Zudem werde zu wenig auf die Rolle der Eltern eingegangen: „Dabei sind die Eltern die ersten und zentralen Ansprechpartner in Sachen Sexualaufklärung. Sie kennen ihre Kinder und deren Bedürfnisse am besten.“, so die ehemalige Direktorin einer Neuen Mittelschule.

Elternrechte derzeit nicht en vogue

Dass derzeit Elternrechte grundsätzlich nicht sehr im Kurs der Bildungspolitik stehen, zeigt zudem der erst Ende Oktober verabschiedete Grundsatzerlass „Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung“. Intention des Erlasses sind „Anregungen, wie Fragen der Gleichstellung in der öffentlichen Schule … berücksichtigt werden können“. Neben dem Umgang mit dem Thema Kopftuch geht es auch um den Aufbau einer diversitätsorientierten Genderkompetenz und persönlichkeitsbildende Erfahrungsräume und Herausforderungen ua in den Bereichen Gesundheitsförderung, Sexualpädagogik und Gewaltprävention.

Während etwa die Wiederholung der Empfehlung zu teilweise geschlechtergetrennten Unterrichtsphasen beim Thema Sexualpädagogik sehr zu unterstützen sei, irritiere ein Verweis in Fußnote 15 auf das Zusatzprotokoll zur EMRK, kritisiert Dr. Stephanie Merckens, Juristin am Institut für Ehe und Familie (IEF). Art 2 des Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sieht das Recht auf Bildung vor und lautet wörtlich: „Niemandem darf das Recht auf Bildung verwehrt werden. Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.“ Im Gegensatz dazu gehe der Grundsatzerlass „Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung“ in Fußnote 15 davon aus, dass das Recht der Eltern im Verhältnis zum Bildungsrecht des Kindes eine „dienende Funktion“ zukomme. Die Nutzung des jeweils angebotenen Unterrichts durch das Kind müsse geschützt werden. Die Eltern hätten demnach kein Recht, dass ihr Kind nicht mit Meinungen und Fragestellungen konfrontiert werde, die den eigenen Überzeugungen widersprechen.

Gerade im Bereich Sexualerziehung gebe es aber zur Zeit eine große Ungenauigkeit zwischen Bildungsangeboten und Vermittlung von Wertvorstellungen, die sowohl gegen Elternrechte als auch gegen das Indoktrinierungsverbot verstoßen würden. Merckens wünscht sich daher eine Klarstellung von Seiten des Bildungsministeriums, wie das Erziehungsrecht der Eltern gerade im Rahmen der Sexualerziehung gewahrt werden solle. Dabei gehe es nicht um ein reines Informationsrecht, sondern auch um eine Einbindung und erforderliche Zustimmung durch die Eltern, so Merckens.

Grundsatzerlass „Sexualpädagogik“ muss überarbeitet werden

Ebenberger fordert eine grundsätzliche Überarbeitung des Grundsatzerlass „Sexualpädagogik“. Für sie sei zentral, dass der in den Schulen angebotene Sexualkundeunterricht wertorientiert, wertschätzend und mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen abgehalten werde.

Auch die Publizistin Gudula Walterskirchen fordert eine Reform des Grundsatzerlasses. Unabhängig vom Anlassfall gehe es nämlich um Grundsätzliches. Als Hauptproblem ortet Walterskirchen den Grundsatzerlass selbst, dessen Basis die sogenannte „Sexualpädagogik der Vielfalt“ bilde. Diese Richtung der Sexualpädagogik geht auf den Sexualpädagogen Prof. Uwe Sielert zurück. Dessen Lehrer war Prof. Helmut Kentler, jener Sexualpädagoge und Psychologe, der bekanntlich obdachlose Jugendliche bei vorbestraften Päderasten unterbringen ließ, die diese auch sexuell missbrauchten. Auch darauf weist Walterskirchen in ihrer Presse-Kolumne hin.

Tonangebend in der Ausbildung für Sexualerzieher sei laut Walterskirchen bis heute das Institut für Sexualpädagogik (ISP) in Dortmund, das von Sielert gegründet worden ist und sich immer noch auf Kentler berufe. Wenn man sich aktuell also angeblich Sorge um das seelische Wohl der Kinder wegen eines christlich-religiösen Einflusses mache, müsse das erst recht für die Dortmunder „Pädagogik“ gelten, so die Publizistin.

TeenSTAR noch immer nicht zu Gespräch mit Ministerium geladen

Während es weiterhin verschiedentliche Kritik in den Medien an den angeblichen Aussagen von TeenSTAR gibt, wartet TeenSTAR weiterhin auf ein Gespräch mit dem Ministerium, wie die Vorsitzende des Vereins, Dipl. Päd. Helga Sebernik, gegenüber dem IEF monierte. Bis dato hätte es weder eine Einladung zu einem Gespräch gegeben, noch hätte sie erfahren, wem sie die Unterrichtsmaterialien zur Prüfung übergeben solle. Sie hoffe weiterhin auf einen baldigen Termin, damit jedenfalls sichergestellt werde, dass dem Ministerium auch wirklich die vollständigen Unterlagen von TeenSTAR vorliegen, da ja erst dadurch eine sachliche Prüfung möglich werde.

Hintergründe zur Vorgeschichte des Anlassfalls lesen Sie auch im ausführlichen Kommentar von Stephan Baier in der Tagespost hier.

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