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DE / Lebensende: Nach Urteil liegen bereits 12 Anträge vor

IEF, 21.4.2017 – Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig Anfang März, das Schwerkranken in „extremen Ausnahmesituationen“ den Anspruch auf Medikamente zur schmerzlosen Selbsttötung bestätigte, sind zwischenzeitlich mehr als 12 Anträge auf ein tödlich wirkendes Betäubungsmittel gestellt worden. Das berichtet zeit online. Obwohl die Urteilsbegründung erst in zwei Monaten vorliegen dürfte, bestätigte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) das Eingehen der Anträge.

Hintergründe zum Urteil

Wie das Institut für Menschliche Antropologie und Bioethik (IMABE) berichtet, wurden mittlerweile weitere tragische Details des urteilsauslösenden Falles bekannt. So soll die querschnittsgelähmte Klägerin Frau K. Mitglied der Sterbehelfer-Organisation Dignitas in der Schweiz geworden sein. Diese soll Frau K. angestiftet haben, einen Musterprozess mit dem Ziel auf Erhalt einer tödlichen Medikamentendosis herbeizuführen. Es soll in diesem Verfahren zu keinem Zeitpunkt um einen ärztlich assistierten Suizid, sondern von Anfang an um einen Suizid mit Unterstützung der umstrittenen Schweizer Organisation gegangen sein, der dann Anfang 2005 in Zürich durchgeführt wurde. Frau K. habe dem Vorschlag, ein Rechtsverfahren einzuleiten, „sofort zugestimmt, obwohl das ihre Leidenszeit um einige Monate verlängerte“, soll Ludwig Minelli, Gründer von Dignitas, bei der Einvernahme angegeben haben. In der ausführlichen Behandlungsgeschichte, mit der Frau K.s Ehemann nach ihrem Tod bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ging, sei weder von einer palliativmedizinischen Beratung noch Versorgung die Rede gewesen.

Anwalt: Krankenkassen sollten aus ökonomischer Sicht zum assistierten Suizid (be)raten

IMABE zitiert den Münchner Anwalt Johannes Fiala, der kürzlich offen dafür eingetreten sei, dass private Krankenversicherer (PKV) „zur Sterbehilfe beraten müssen“. Patienten, die freiwillig auf lebensverlängernde Therapien verzichteten, könnten mit „Leistungen“ belohnt werden – etwa durch geringere Beitragszahlungen. Außerdem sollten die Versicherungsnehmer darauf hingewiesen werden, dass lebensverlängernde Behandlung mit künstlicher Ernährung unter bestimmten Umständen nicht mehr bezahlt würden. Wenn die PKV etwa „jahrelang sterbenskranke Demente künstlich ernährt“, würden sie ungerechtfertigt Geld ausgeben und außerdem „einen Gnadenakt und Akt der Erlösung“ verhindern.  Diese Aussagen, welche die ökonomischen Aspekte des assistierten Suizids herauskehren, bezeichnet IMABE-Direktor Johannes Bonelli als realitätsfern. Demente könnten, wenn sie wirklich „sterbenskrank“ sind auch nicht durch künstliche Ernährung jahrelang am Leben erhalten werden, so der Internist. Studien hätten gezeigt, dass solche Patienten unter künstlicher Ernährung nicht länger leben als ohne. Bonelli betont das Recht chronisch kranker Menschen mit Demenz auf optimale Versorgung und lebenserhaltende Maßnahmen. Für den Mediziner sei es bedenklich, „wenn Juristen Sterbehilfe auf irrige Weise umdefinieren, und aus den bestehenden Gesetzen einen Strick drehen, etwa mit der Aussage, man könne Patienten ins künstliche Koma versetzen (Palliative Sedierung) und dabei gleichzeitig ihre Ernährung untersagen, um so den Tod ‚ganz legal‘ herbeizuführen“.

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