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NL / Sterbehilfe: Steigende Zahlen und ein erstes Verfahren wegen Sterbehilfe in den Niederlanden

IEF. 19.11.2018 – Diese Fakten hindern die niederländische Partei D66 nicht daran, eine Gesetzesinitiative mit dem Namen „Erfülltes Leben“ zu unterstützen, die die Sterbehilfe allen Senioren ab 70 anbieten will. Indes sehen viele ehemalige Verfechter der Legalisierung der Sterbehilfe das dahinterstehende System als entgleist.

Die Niederlande haben eine traurige Vorreiterrolle in Sachen Sterbehilfe. Sterbehilfe wurde in den Niederlanden bereits im Jahr 2002 legalisiert und wird von Jahr zu Jahr von einer größeren Personengruppe in Anspruch genommen. Wie die deutsche Ärzte Zeitung berichtet, hat sich seit 2007 die Zahl jener, die die Todesspritze gewählt haben, verdreifacht. Letztes Jahr hätten laut offiziellen Statistiken 6.585 Personen Sterbehilfe in Anspruch genommen, wobei mittlerweile jeder vierte in den Niederlanden durch die Hand eines Arztes sterbe.

Viele der einstigen Verfechter der Legalisierung der Sterbehilfe sehen, dass sich die Ausführung immer weiter von der ursprünglichen Idee entfernt. So trat unter anderem die Medizinethikerin, Berna van Baarsen, Anfang des Jahres vom Komitee, das für die Kontrolle der aktiven Sterbehilfe zuständigen ist, zurück. Das IEF hat berichtet. Sie begründete ihren Rücktritt mit dem „deutlichen Wandel“ in der Auslegung der Sterbehilfegesetze, der speziell bei der Tötung von Menschen mit Altersdemenz zum Ausdruck käme und den sie nicht mittragen könne. Aus demselben Grund kritisierte der niederländische Psychiater, Boudewijn Chabot, das niederländische System als „entgleist“.

Erstes Verfahren wegen Sterbehilfe

Unlängst wurde in den Niederlanden auch das erste Verfahren wegen Sterbehilfe eingeleitet. Darin wird einer Ärztin vorgeworfen, im April 2016 einer dementen 74-Jährigen Sterbehilfe geleistet zu habe, wobei der Todeswunsch zumindest nicht eindeutig gewesen sei. So habe die Demenzpatientin zwar mehrere Jahre zuvor eine Patientenverfügung für den Fall einer unheilbaren Krankheit verfasst, diese sei laut der Staatsanwaltschaft jedoch „unklar und widersprüchlich“ formuliert gewesen. Seit ihrem Einzug ins Pflegeheim habe die Patientin dann abwechselnd den Wunsch geäußert, nicht mehr leben bzw. nicht sterben zu wollen. Kurz vor ihrem Tod sei der Patientin ein Beruhigungsmittel in den Kaffee gemischt worden. Dennoch musste die Frau beim Applizieren der Todesspritze von ihren Verwandten festgehalten werden, wie The Guardian berichtet.

Im Vorfeld des Verfahrens befand das Regionalkomitee zur Überwachung der Sterbehilfe bereits, dass die Ärztin „eine Grenze überschritten“ habe. Die Ärztin selbst behauptet in dem Fall umsichtig gehandelt zu haben. Nichtsdestotrotz würde sie grundsätzlich „weitere Leitlinien zu der Frage nach den Wünschen“ von Patienten, die ihren Willen nicht mehr klar formulieren können, befürworten.

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