AT / Sexualerziehung: Verein TeenSTAR im medialen Sperrfeuer

IEF, 21.11.2018 – Am Dienstagabend berichtet die ZIB 2  von einem angeblichen Verbot des sexualpädagogischen Vereins TeenSTAR durch das Bildungsministerium und löst damit ein starkes Echo in den Medien aus. TeenSTAR reagiert auf die Anschuldigungen.

Wie der ORF berichtet, habe das Bildungsministerium nach eingehender Prüfung durch interne und externe Experten Mängel in den Inhalten TeenSTARs festgestellt. Der ORF bezieht sich gemeinsam mit der Tageszeitung Falter in seiner Berichterstattung auf Ausbildungsinhalte des Vereins für Kursleiter, die der HOSI Salzburg übergeben worden waren. Darin würde unter anderem eine strittige Haltung zu den Themen Homosexualität und Masturbation vertreten. Auch über Verhütungsmethoden werde unausgewogen aufgeklärt, heißt es im Falter. Bereits am 10. Oktober habe daher der Landesschulrat Salzburg reagiert und Salzburgs Pflichtschulen angewiesen, geplante Workshops zu unterlassen. Am Dienstag habe dann auch das Bildungsministerium angekündigt, allen österreichischen Schulen die Zusammenarbeit mit dem Verein zu untersagen.

TeenSTAR entkräftet Vorwürfe

Auf seiner Homepage stellt der Verein TeenSTAR hingegen klar, dass es von Seiten des Bildungsministeriums seiner Kenntnis nach kein Verbot gebe, mit TeenSTAR zusammen zu arbeiten. Laut parlamentarischer Anfragebeantwortung seien vielmehr alle Landesschulräte informiert worden, dass dem Bildungsministerium sämtliche Anbieter – also nicht nur TeenSTAR – von sexualpädagogischen Programmen gemeldet werden müssen, und sich das Bildungsministerium alle Anbieter näher ansehen werde. Weder daraus noch aus anderen bisherigen Meldungen sei TeenSTAR irgendeine Anweisung, Absicht, Absichtserklärung oder auch nur Anregung von Seiten des Bildungsministeriums bekannt, die von einer Kooperation mit dem Angebot von TeenSTAR abraten würden.

Es liege derzeit im Ermessen der jeweiligen Landesschulräte, wie sie mit einzelnen sexualpädagogischen Programmen umgehen. TeenSTAR sei mit einigen Landeschulräten in Verbindung. Es lägen sehr viele positive Rückmeldungen von Schulen (Eltern, Lehrern und Kindern) vor.

Wie TeenSTAR betont, liege es im Ermessen der Eltern und der Schulen, ob TeenSTAR in die jeweiligen Schulen komme. Erst nach einer ausgiebigen Eltern- und Lehrerinformation entschieden die Eltern und Lehrer gemeinsam, ob TeenSTAR in der Schule aktiv werden soll oder nicht.

Die in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage angekündigte Kontaktaufnahme mit TeenSTAR seitens des Salzburger Landesschulrates habe bisher nicht stattgefunden. Da von Seiten TeenSTARs großes Interesse an einem Gespräch bestehe, wurde vergangene Woche ein Schreiben von TeenSTAR an den Salzburger Landesschulrat gerichtet, mit dem Ersuchen um einen Termin. Dieses sei aber bis dato unbeantwortet geblieben, heißt es in der Stellungnahme.

Verein gegenüber kathpress: Respekt für sexuelle Selbstbestimmung

Wie kathpress berichtet, war TeenSTAR in Medienberichten in den vergangenen Tagen für ein angeblich “ultrakonservatives” christliches Weltbild kritisiert worden. Kritikpunkte waren dabei u.a., dass in den Workshops die Natürliche Familienplanung und der Verzicht auf Sex vor der Ehe propagiert werde, sowie einzelne Aussagen zu Homosexualität und Masturbation.

Seitens des Vereins TeenSTAR selbst hieß es am Mittwoch auf “Kathpress”-Anfrage, die im Wochenmagazin “Falter” zitierten Unterlagen seien veraltet und seit Monaten in Überarbeitung. Hinsichtlich Homosexualität werde bei TeenSTAR jeder Mensch in seiner sexuellen Selbstbestimmung respektiert, auch wenn man an der Tatsache ansetze, “dass jedes Kind biologisch einen Vater und eine Mutter hat und dass sich jedes Menschenleben der Polarität der Geschlechter verdankt”.

Wie auch im Grundkonzept, das mittlerweile auf der Homepage des Vereins einsehbar ist, festgehalten, versucht TeenSTAR bewusst darauf Rücksicht zu nehmen, dass nur ein Teil der homosexuell empfindenden Jugendlichen später eine stabile homoerotische Ausrichtung entwickelten. Man vermeide daher, Jugendliche “vorschnell auf eine bestimmte sexuelle Orientierung (z.B. auch Bisexualität) festzulegen oder sie dazu zu ermutigen, sich über ihre erotischen Gefühle zu definieren”. Jugendlichen, die die Zugehörigkeit zu einem anderen Geschlecht zum Ausdruck bringen, werde “mit Wertschätzung begegnet” und ihnen “zusammen mit ihren Eltern empfohlen, sich bei subjektiv empfundenem Bedarf für eine Begleitung an die entsprechenden fachlichen Einrichtungen zu wenden”.

Zum medialen Kritikpunkt, dass der Verein “keinen Sex vor der Ehe” propagiere, heißt es seitens TeenSTAR, Sexualität finde eine “tiefe Erfüllung als Ausdruck von Liebe in verlässlicher und intimer Beziehung”, wozu die Annahme der ganzen Person des Anderen gehöre. Dafür habe sich in allen Zivilisationen der Rahmen der Ehe bewährt. Auch die jungen Menschen hätten das Bedürfnis nach verbindlichen Beziehungen, die einen festen Rahmen für die Entfaltung ihrer Potenziale bilden, weshalb TeenSTAR seinen Teilnehmern die Möglichkeit biete, “sich mit dieser Sicht von Partnerschaft und Familie auseinanderzusetzen”.

In den Kursen und Workshops von TeenSTAR würden “alle Verhütungsmethoden ausführlich besprochen”, und zwar hinsichtlich ihrer Verlässlichkeit wie auch der Auswirkungen auf Körper, Psyche, Partnerschaft und Umwelt, heißt es bei kathpress weiter. “Ebenso wird natürliche Familienplanung nach dem neuesten wissenschaftlichen Stand vorgestellt und von überholten, unzuverlässigen Methoden abgegrenzt (z.B. Kalendermethode). Die konkrete Anwendung wird jedoch nicht gelehrt.” Explizit werde darauf hingewiesen, “dass die im Teenstar-Kurs vermittelten Kenntnisse nicht ausreichen, die Methode verlässlich anzuwenden”.

Eine bestimmte Verhütungsmethode werde bei TeenSTAR jedenfalls nicht empfohlen: “Das erworbene Wissen soll die Jugendlichen befähigen, eigenständig verantwortliche Entscheidungen zu treffen”, so die Auskunft des Vereins.

Auch APA revidiert: Kein Verbot, aber Prüfung der Unterlagen

Aus einer späteren APA-Aussendung geht außerdem hervor, dass derzeit zwar eine Überprüfung der Unterlagen im Bildungsministerium stattfinde, aber kein Verbot ausgesprochen worden sei. Vielmehr wolle man versuchen die Überprüfung der Materialien TeenSTARs, die aus einer parlamentarischen Anfrage heraus entstanden ist, bis Dezember abzuschließen. Dieser müssten sich jedoch auch alle anderen externen Anbieter sexualpädagogischer Programme für Schulen unterziehen. Nach bisheriger Einschätzung müssten einzelne Passagen in den Schulungsunterlagen von TeenSTAR adaptiert werden. Dann spreche aber nichts gegen eine weitere Kooperation mit TeenSTAR.

Generalsekretär des Bildungsministers in ZIB2: alle Vereine werden geprüft

Auch die ZIB2 musste dann am Mittwochabend zurückrudern und gibt dem Generalsekretär des Bildungsministeriums, Mag. Martin Netzer, Raum, den Sachverhalt klarzustellen: die Kritik am Verein TeenSTAR werde zum Anlass genommen, die Unterlagen genau anzuschauen und die Kriterien, die für den Sexualkundeunterricht festgelegt wurden, sehr klar zu kommunizieren sowie einen besseren Prozess der Qualitätssicherung für alle Anbieter zu entwickeln. Die Landesschulräte wurden angehalten, alle Workshop-Angebote externer Anbieter zu erheben und unangekündigt Unterrichtsbeobachtungen durchzuführen.

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