BE / Pro-Life: Regierung plant Streichung von Abtreibung aus dem Strafgesetzbuch und eigenes Gesetz
IEF, 11.7.2018 – Die belgischen Abgeordneten haben sich am 3.7.2018 auf einen Kompromiss bei der zukünftigen Gesetzgebung zur Abtreibung geeinigt. So soll Abtreibung aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden und stattdessen ein eigenständiges Gesetz kommen, das den Rechtsrahmen für Abtreibungen regeln solle. Das berichtet kathpress unter Bezugnahme auf die Katholische Nachrichtenagentur (KNA).
Demnach sollen Schwangerschaftsabbrüche wie bisher in den ersten 12 Schwangerschaftswochen straffrei sein. Neu ist, dass die Frau sich nicht in einem „Notzustand“ befinden müsse. Die verpflichtende sechstätige Bedenkzeit vor einer Abtreibung soll weiterhin bestehen. Neu ist, dass die 12 Wochenfrist um die Bedenkzeit verlängert werden könne. Einige Abgeordnete sollen gefordert haben, Schwangerschaftsabbrüche bis zur 18. Schwangerschaftswoche zu erlauben und die Bedenkzeit zu verkürzen. Die NZZ berichtet außerdem, dass Ärzte, die einen Schwangerschaftsabbruch aus Gewissensgründen nicht vornehmen möchten, die Frauen an Kollegen weiterleiten müssten.
Die belgischen Bischöfe hatten Mitte Juni erklärt, die Streichung des Abtreibungsparagrafen aus dem Strafgesetzbuch werde eine „große symbolische Bedeutung“ haben. Das gesellschaftliche Urteil über Abtreibung werde sich damit grundlegend ändern, mit „äußerst ernsten Konsequenzen“, hieß es in einer Mitteilung der belgischen Bischofskonferenz. Die Menschenwürde und die körperliche Integrität jeder Person seien in Gefahr; Abtreibung sei nie ein „normaler“ medizinischer Eingriff und es gebe dabei „immer Verlierer“.
Abtreibung wurde in Belgien im Jahr 1990 straffrei gestellt. Für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch musste sich die Frau in einer nicht näher definierten Notlage befinden, eine 6-tägige Bedenkzeit eingehalten werden und der Abbruch innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen durch einen Arzt vorgenommen werden. Außerdem durfte der Schwangerschaftsabbruch nur in Pflegeeinrichtungen vorgenommen werden, welche der Frau Beratung und Hilfe, z.B. über die Möglichkeit der Adoption, anbieten mussten. Über die 12. Woche hinaus konnte eine Frau straffrei abtreiben, wenn eine ernsthafte Gefahr für ihre Gesundheit bestand oder eine unheilbare Krankheit des Kindes festgestellt wurde (vgl. Art. 348 ff. Code Pénal belge).
Der damalige König Baudouin erklärte sich als gläubiger Katholik außerstande, das Gesetz zu unterschreiben. Es drohte eine Verfassungskrise. Regierung und König trafen eine Abmachung und Baudouin wurde für unfähig erklärt, seine Geschäfte zu führen, wodurch das Gesetz auch ohne seine Unterschrift verabschiedet werden konnte. Sobald das Gesetz in Kraft getreten war, wurde der König wieder im Amt installiert. Wie NZZ unter Berufung auf die Zeitung „Le soir“ schreibt, werden unter dem derzeitigen König Philippe keine ähnlichen Szenarien erwartet.
Ob Abtreibung über die 12. Schwangerschaftswoche hinaus damit tatsächlich „entkriminalisiert“ werden soll, wie etwa der Standard anlässlich der belgischen Entscheidung schreibt, ist allerdings fraglich, meint Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF) und hänge von der konkreten Formulierung ab. Grundsätzlich könne der Gesetzgeber auch außerhalb des Strafgesetzbuches Straftatbestände verankern.
In Österreich ist Abtreibung ein Straftatbestand, der unter bestimmten Bedingungen straffrei gestellt ist. Eine verpflichtende Bedenkzeit vor der Abtreibung gibt es in Österreich allerdings nicht, wird aber seit jeher gefordert. Zuletzt wieder durch die derzeit laufende Parlamentarische Bürgerinitiative #FAIRändern. Information und Unterstützungsbögen zum Ausdrucken finden Sie >> hier.