Haustüren zu, Herzenstüren auf – was (Ehe)Paare füreinander öffnet

Aktuell müssen viele Türen leider geschlossen bleiben. Doch niemand wird Sie daran hindern, Ihre Herzenstüren füreinander offen zu halten. Ich möchte Sie als (Ehe)Paar ermutigen, die schwierige Lage dafür zu nutzen, sich füreinander neu zu öffnen. Denn bereits durch kleine Veränderungsschritte können Sie Ihre Paarbeziehung neu beleben.

Als Paarberaterin und Psychotherapeutin kann ich beobachten, dass die derzeitige Situation für viele Paare psychosozial enorm schwierig ist. Manchmal bemerke ich jedoch einen fast gegenteiligen Effekt. Einigen Paaren geht es trotz der Einschränkungen derzeit verhältnismäßig und manchmal sogar erstaunlich gut. In der Bedrohung durch das Virus und den sozialen Stillstand suchen wir grundsätzlich nach dem, was uns sicher und gewiss ist. Die Partnerschaft und der familiäre Zusammenhalt werden uns wichtiger. Wir müssen uns sozial isolieren, meist jedoch nicht von unserm Partner und von unserer Familie. In Angst und Bedrohung um die materielle Existenzsicherung, um Gesundheit, Arbeit und im Kampf um „die letzten Rollen Klopapier“ wächst das Bedürfnis, bei unserem „Stamm“ zu bleiben, was in Urzeiten unsere Überlebenschancen deutlich erhöht hat. In dieser Unsicherheit kommunizieren wir eher mehr und intensiver miteinander. Um die aufkommende Angst besser kontrollieren zu können, werden überhöhte Ansprüche vielerorts heruntergefahren oder können besser beiseite gestellt werden. Der Zugewinn an Zeit birgt eine weitere „Beziehungschance“ sich füreinander neu zu öffnen. Beginnen Sie Ihre verborgenen Ressourcen als Paar zu aktivieren. Dazu will ich Sie als (Ehe)Paar mit einem einfachen Grundprinzip der Veränderung stärken, denn…

…bereits kleine Veränderungen haben eine große Wirkung und öffnen füreinander!

Wie kann Ihnen dieser Satz konkret weiterhelfen? Stellen Sie sich einen Fluss vor, der aufgestaut ist. Wenn Sie an zwei, drei neuralgischen Stellen das Geröll oder die Äste ausräumen, kommt die Strömung Ihnen als Paar zu Hilfe und reißt die restliche Staumasse einfach mit. Sie müssen also keine großen Berge versetzen. Ihre natürlichen Kräfte als Paar kommen Ihnen zu Hilfe. Kleine, konsequente Veränderungsschritte genügen. Sie fragen sich welche?

Schenken Sie einander gerade jetzt ganz viel Sicherheit durch gleichbleibende Rituale: Begrüßen und verabschieden Sie sich z.B. voneinander, selbst wenn Sie nicht außer Haus gehen sollten. Zugegeben, es ist anfangs komisch. Mit einer Prise Humor können Sie jedoch auch diese Hürde nehmen.

  • Humor schafft Distanz: Helfen Sie einander sich mit neuen, beängstigenden Maßnahmen wie dem Tragen der Mund-Nasen-Schutzmasken anzufreunden. Helfen Sie einander diese erstmals umzulegen. Das kann merkwürdig sein. Setzen Sie sich möglichst humorvoll darüber hinweg. Der neue „Look“ darf dann verewigt und in der Familiengruppe gepostet werden.
  • Unterstützen Sie einander durch liebevolle Versorgungsgesten – bereiten Sie ‚Ihr‘ täglich Ihren Lieblingstee oder besorgen Sie ‚Ihm‘ seine Lieblingszeitschrift. Nutzen Sie, wenn Sie gläubig sind, Rituale mit denen Sie ihre Spiritualität ausdrücken – wie durch ein tägliches Segensgebet oder durch das Anzünden einer Kerze.
  • Schenken Sie einander viel Nähe – halten Sie sich an den Händen oder schenken Sie eine Umarmung – jede Form von Berührung tut jetzt so gut. Oder, wo die Hygienemaßnahmen dies erfordern, sagen sie es mit Ihren Augen, ich bin dir nah, ich bin jetzt ganz da für dich.
  • Öffnen Sie ihre Herzenstüre durch eine tägliche Wertschätzung, ein positives, wohlwollendes Wort, ein Kompliment, einen Dank. Machen Sie ein Spiel daraus – wie viele Wertschätzungen pro Tag/pro Woche haben wir uns gegeben? Habe ich seine/ihre Wertschätzung überhaupt bemerkt?
  • Äußern Sie Ihre Bedürfnisse: Verraten Sie dem Partner/in was Sie sich wünschen und fragen Sie immer wieder nach was Ihm/Ihr guttut. Nehmen Sie diese Wünsche erst – sie können für Sie merkwürdig klingen, oder ständig wechseln –  all das ist in Zeiten der Krise normal.
  • Nehmen Sie sich mindestens einmal pro Woche Zeit für ein gemeinsames Date: Sie können dafür Ihr zu Hause in ein 5 Sternhotel mit Kerzenlicht und gutem Essen verwandeln – Intimität braucht Raum, den nur Sie jetzt geben können. Sie sind derzeit Ihr eigener Hotelier und Gast zugleich.
  • Sorgen sie auch jetzt für phantasievolle Überraschungen: Erinnern Sie sich an das, was Sie in der Verliebtheit getan haben! Ein Post-it am Badezimmerspiegel, ein leckeres Frühstück ans Bett serviert, eine kurze Entspannungsmassage zwischendurch. Finden Sie heraus, was Ihrem Partner/in im Moment guttut.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie Ihre Herzenstüren öffnen und kleine, feine Veränderungsschritte setzen können, Ihre Petra Ganneshofer

 

Ähnliche Beiträge