Leihmutterschaft
Leihmutterschaft ist ….
… ein Vertrag, bei dem sich eine Frau verpflichtet, ein Kind für die oder den Besteller auszutragen und nach der Geburt zu übergeben. Hinsichtlich der genetischen Abstammung des Kindes gibt es verschiedene Varianten: Das Kind kann, muss aber nicht genetisch von der austragenden Frau bzw. von den oder dem Besteller(n) abstammen.
Leihmutterschaft boomt …
Obwohl Leihmutterschaft in den meisten Ländern verboten ist, boomt der Markt. Besteller weichen in jene Länder aus, die Leihmutterschaft erlauben bzw nicht verboten haben. Teilweise führt der Reproduktionstourismus zu weiteren Liberalisierungen (wie zuletzt Portugal), teils aber auch zu Versuchen, den Markt wieder einzudämmen wie in Indien, …
Leihmutterschaft wird gepusht …
Mit den Argumenten der Entscheidungsfreiheit, des Kindeswohls und der Bedeutungslosigkeit genetischer Herkunft und pränataler Bindung wird die Liberalisierung der Leihmutterschaft weltweit insbesondere von ReproduktionsmedizinerInnen und queer-pressure groups gepusht – entweder direkt über die Zulassung von Leihmutterschaftsverträgen oder indirekt über die Anerkennung rechtlicher Elternschaft nach internationalen Leihmutterschaftsverträgen unter dem Aspekt der Rechtssicherheit für das Kind.
Leihmutterschaft ist abzulehnen weil ….
Durch einen Leihmutterschaftsvertrag unterwirft eine Frau ihren Körper der Verfügungsgewalt der sogenannten „Bestelleltern“. In den allermeisten Fällen wird dabei die wirtschaftliche Not der Frau ausgenützt, ihre Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt, ebenso wie ihre persönliche Lebensführung. Der Wunsch nach absoluter Kontrolle setzt sich im Gebären fort, das meist durch sectio (Kaiserschnitt) erfolgt. Die Bindung zum heranwachsenden Kind soll möglichst unterbunden oder nicht zu eng werden. Die Gegenleistung wird von zahlreichen Aspekten abhängig gemacht, die von der Leihmutter nicht primär beeinflusst werden können (etwa eine Behinderung des Kindes oder sein Geschlecht).
Die von den meisten Staaten der Welt ratifizierte UN-Kinderrechtskonvention schützt Kinder davor, gegen Geld gehandelt zu werden (sale of children). Die Praxis der Leihmutterschaft führt aber genau zu einem solchen Handel. Eine Leihmutter bekommt ihr Geld nämlich erst dann, wenn sie ein – gesundes – Kind „liefert“. Weder für die Schwangerschaft an sich geschweige denn für den Versuch, schwanger zu werden, erhält sie in der Regel eine Abgeltung. Mit anderen Worten: Geld gegen Ware – das ist in diesem Fall das Kind. Aber selbst wenn in wenigen Einzelfällen kein Geld fließen sollte, wird die Herausgabe des Kindes vertraglich vereinbart und daher das Kind zur (wenn auch unentgeltlichen) Ware.
Die UN-Kinderrechtskonvention garantiert das Recht auf Wissen um die eigene Herkunft. Leihmutterschaft basiert aber in den allermeisten Fällen auf anonymen Daten und es gibt weder nationalstaatlich noch europaweit und schon gar nicht weltweit Datenbanken und Register, durch die Kinder ihre biologische Herkunft herausfinden können. Ihr Recht auf Kenntnis ihrer Herkunft wird ihnen daher systematisch verweigert zugunsten des – vermeintlich stärker schützenswertem – Rechtes von Paaren auf Erfüllung ihres Kinderwunsches. Menschenrechte wurden jedoch in erster Linie für den Schutz der Schwächeren geschaffen und das sind in diesem Fall eindeutig die Kinder.
Umgekehrt gibt es allerdings sehr wohl Wissen und aktuelle Studien über die Wichtigkeit der pränatalen Zeit und der Bindung zwischen schwangerer Frau und ungeborenem Kind. Diese Studien werden im Kontext der Leihmutterschaft allerdings nicht erwähnt bzw. es wird behauptet, dass eine Distanzierung zwischen der austragenden Mutter und dem ungeborenen Kind möglich sei. Zu befürchten ist aber, dass die Kinder durch das Fehlen einer sicheren vorgeburtlichen Beziehung und Bindung im Laufe ihres Lebens psychische und möglicherweise auch damit zusammenhängende physische Probleme bekommen. Es herrscht ein fundamentaler Widerspruch zwischen der Argumentation, dass das Wohl des Kindes im Mittelpunkt stehe und der Vernachlässigung der bereits pränatal wirksamen Bindungsaspekte.
Ebenso macht die moderene Epigenetik deutlich, dass die austragende Mutter, eben auch die Leihmutter, einen ganz wesentlichen Einfluss auf das Werden und das weitere Leben des Kindes hat, unabhängig von der in der DNA festgelegten Erbinformation, und damit auch einen Anteil an der Elternschaft und Herkunft des Kindes hat.
Bei Adoption muss es eine Freigabeerklärung der leiblichen Eltern bzw. der leiblichen Mutter geben. Diese Freigabe findet erst nach der Geburt statt und es gibt eine Frist, innerhalb derer die leibliche Mutter ihre Freigabe widerrufen kann. In der internationalen Adoption muss außerdem zuerst im Geburtsland des Kindes nach Adoptiveltern gesucht werden. Erst wenn das nicht gelingt, dürfen Adoptiveltern im Ausland gesucht werden. All diese Standards in der nationalen und internationalen Adoption, die in der Haager Konvention festgehalten werden, sind notwendig, damit gesichert werden kann, dass ein Kind nur dann zur Adoption kommt, wenn dies von den leiblichen Eltern auch so gewünscht wurde bzw. zum Wohl des Kindes erforderlich war. Ebenso soll Kinderhandel damit ausgeschlossen werden können. Weiters werden in vielen Ländern Adoptivwerber auf ihre zukünftige Rolle als Adoptiveltern vorbereitet.
Die Leihmutterschaft umgeht alle diese Standards und agiert daher eindeutig gegen das Recht des Kindes und gegen den Versuch, Missbrauch und Druck gegenüber der weggebenden Frau zu vermeiden.
Ein unerfüllter Kinderwunsch gehört zu den schwierigsten Belastungen, die ein Paar zu bewältigen hat, dennoch gibt es kein Recht auf ein Kind. Das aus der UN-Menschenrechtskonvention in diesem Zusammenhang oftmals zitierte Recht lautet wörtlich „Recht auf Familiengründung und Privatleben“. Es ist – wie die meisten Menschenrechte – kein absolutes Recht. Das bedeutet, es muss mit den Rechten anderer Schutzwürdiger abgewogen werden; in diesem Fall mit den Rechten der Kinder und der Frauen.
Selbst wenn man davon ausgehen möchte, dass die Integrität der Leihmutter geschützt ist, so kann das bei den Kindern niemals der Fall sein. Ihre Rechte, wie jenes auf Wissen um die biologische Herkunft oder auf Betreuung durch Vater und Mutter, werden im Fall einer Leihmutterschaft bewusst aufs Spiel bzw. außer Kraft gesetzt. Ein Kind hat ein international geschütztes Recht darauf, nach Möglichkeit bei den leiblichen Eltern aufzuwachsen. Dieses Recht wird dem Kind durch Leihmutterschaft systemimmanent und aus Kindessicht ohne Notwendigkeit verwehrt. Anders ist es bei der Adoption: hier führen die Umstände der leiblichen Eltern zur Adoption des Kindes, um dessen Wohl zu sichern.
Das IEF fordert daher ein internationales umfassendes Verbot von Leihmutterschaft!
Rechtslage in Österreich:
Nach derzeitiger Interpretation geht die herrschende Meinung von einem Verbot der Leihmutterschaft nach österreichischem Recht aus. Dieses ist aber nur durch eine Zusammenschau der §§ 143 u 879 ABGB und §§ 2 Abs 3, 3 Abs 1 u 16 Abs 2 Z 3 FMedG abgesichert. Diese Bestimmungen haben einen rein inländischen Wirkungsbereich und einen schwachen Sanktionsrahmen (Nichtigkeit der Verträge, Verwaltungsstrafrecht). Außerdem endet der Wirkungsbereich an der Landesgrenze.
Rechtlicher Handlungsbedarf ergibt sich aus …
Nach derzeitiger Interpretation geht die herrschende Meinung von einem Verbot der Leihmutterschaft nach österreichischem Recht aus. Dieses ist aber nur durch eine Zusammenschau der §§ 143 u 879 ABGB und §§ 2 Abs 3, 3 Abs 1 u 16 Abs 2 Z 3 FMedG abgesichert. Diese Bestimmungen haben einen rein inländischen Wirkungsbereich und einen schwachen Sanktionsrahmen (Nichtigkeit der Verträge, Verwaltungsstrafrecht). Außerdem endet der Wirkungsbereich an der Landesgrenze.
Auf Basis internationaler Leihmutterschaftsvereinbarungen kann das Verbot der Leihmutterschaft wie auch das Gebot des § 143 ABGB („Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat) leicht umgangen werden.
Schon heute steht das Verbot der Leihmutterschaft auf wackeligen Beinen. Entscheidend ist die Bestimmung, dass Mutter des Kindes im Rechtsinne jene Frau ist, die das Kind geboren hat (§ 143 ABGB). Dies gilt aber nur, wenn die inländische Norm zu Anwendung kommt. Das zeigen ua auch zwei Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), in denen die rechtliche Elternschaft eines Paares anerkannt wurde, das im Ausland Leihmutterschaft in Anspruch genommen hat und im jeweiligen Ausland als rechtliche Eltern anerkannt wurde. Der VfGH begründete die Anerkennung damit, dass Leihmutterschaft im Inland zwar verboten sei, aber mit nur schwacher Rechtsqualität und das Verbot der Leihmutterschaft nicht zu den Grundwerten der Rechtsordnung (ordre public) zu zählen sei. Außerdem waren in den streitgegenständlichen Fällen die Paare auch die genetischen Eltern (als Ei- und Samenzellspender) des Kindes.
Zuletzt machte zudem die Entscheidung eines Tiroler Bezirksgerichts Schlagzeilen, das auch jene Frau als rechtliche Mutter anerkannten, die biologisch mit dem Kind überhaupt nicht verbunden war. Das Kind wurde von einer ukrainischen Leihmutter ausgetragen und durch eine Eizellspende gezeugt.
Konkrete Maßnahmen um das Verbot der Leihmutterschaft zu stärken:
Nach derzeitiger Interpretation geht die herrschende Meinung von einem Verbot der Leihmutterschaft nach österreichischem Recht aus. Dieses ist aber nur durch eine Zusammenschau der §§ 143 u 879 ABGB und §§ 2 Abs 3, 3 Abs 1 u 16 Abs 2 Z 3 FMedG abgesichert. Diese Bestimmungen haben einen rein inländischen Wirkungsbereich und einen schwachen Sanktionsrahmen (Nichtigkeit der Verträge, Verwaltungsstrafrecht). Außerdem endet der Wirkungsbereich an der Landesgrenze.
Damit über internationale Verweisnormen das Verbot der Leihmutterschaft nicht umgangen werden kann, muss § 143 (Rechtliche Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat) in Verfassungsrang gehoben werden. Zudem muss klargestellt werden, dass Leihmutterschaftsvereinbarung den österreichischen Sitten widersprechen.
International wird – unter anderem zur Unterbindung von Leihmutterschaftsvereinbarungen – diskutiert, auch bei genetischer Beteiligung der intendierten Eltern keine automatische Anerkennung der rechtlichen Elternschaft zu zulassen. Vielmehr sollten diese gleich behandelt werden mit Samen- und EizellspenderInnen. Dabei ist zwischen intendiertem Vater und intendierter Mutter zu unterscheiden. Während der intendierte Vater eher automatisch auch als rechtlicher Vater anerkannt werden könnte, müsste die intendierte Mutter gleich einer Eizellspenderin auf den Adoptionsweg verwiesen werden.
Derzeit ist in Österreich Kinderhandel nur verboten, wenn er aus Ausbeutungsabsicht erfolgt. Eine Umgehung des nationalen Verbots von Leihmutterschaft ist demnach leicht möglich.
Die Kinderrechtskonvention, die in Österreich unter Erfüllungsvorbehalt steht, verpflichtet Vertragsstaaten Vorkehrungen zu treffen, jeglichen Handel mit Kindern zu unterbinden. Das österreichische Strafrecht sieht zwar ein Verbot des Kinderhandels zum Zwecke der Ausbeutung vor sowie ein Verbot der Adoptionsvermittlung gegen Gegenleistung. Es kennt jedoch kein umfassendes Verbot des Kinderhandels abseits der Ausbeutungsabsicht.
Im Zuge internationaler Leihmutterschaftsvereinbarungen wird Frauen regelmäßig die persönliche Freiheit unter sklavereiähnlichen Bedingungen entzogen. Schon heute gibt es dazu in Österreich einen Straftatbestand. Noch wird aber im Zuge der Anerkennung von im Ausland zugesprochenen Elternrechten nicht geprüft, ob das Kind durch Leihmutterschaft geboren wurde und wenn ja, ob dabei von sklavereiähnlichen Bedingungen ausgegangen werden muss (bzw. die Vertragspartner sich vom Gegenteil überzeugt haben).
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Auch wenn Leihmutterschaftsverträge international in größerer Zahl von heterosexuellen Paaren in Anspruch genommen werden, ist zu erwarten, dass ein männlich homosexuelles Paar versuchen wird, das Verbot von Leihmutterschaft in Österreich auszuhebeln, da männlich homosexuelle Paare nur mithilfe einer Leihmutter ein Kind zeugen können.
Beinhaltet der im § 44 ABGB geregelte und nun auch für gleichgeschlechtliche Paare offenstehende Ehevertrag daher weiterhin die Absicht zur Zeugung von Kindern, ist mit einer Klage zur Abschaffung des Leihmutterschaftsverbots zu rechnen.
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