Die einvernehmliche Scheidung nach § 55a EheG

Bevor Sie diesen Schritt endgültig gehen, fragen Sie sich zuvor bitte noch: Habe ich alles unternommen, um das Zusammenleben mit meinem Partner zu verbessern und die Beziehung vielleicht doch noch zu retten? Oder ist eine Scheidung der einzige Ausweg? Insbesondere für gemeinsame Kinder ist eine Scheidung oft mit schweren Belastungen verbunden.

Paarberatung kann hier helfen! Wir sind für Sie da – professionell und kostenlos! www.ief.at/beratung. Denn eine Scheidung bedeutet auf jeden Fall psychosoziale Belastungen und kann schwere finanzielle Verluste mit sich bringen.

Was Sie im Fall einer einvernehmlichen Scheidung nach §55a EheG regeln müssen:

Bei der einvernehmlichen Scheidung schließt das Paar einen Vergleich vor dem Richter bzw. der Richterin. Darin sollten einerseits sämtliche Angelegenheiten, die die gemeinsamen Kinder betreffen (wie bspw. Obsorge, hauptsächlicher Aufenthalt der Kinder, Kontaktrecht, Kindesunterhalt) sowie finanzielle Angelegenheiten geregelt werden.

In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, sich zeitgerecht vor dem jeweiligen Verhandlungstermin über die einzelnen Punkte klar zu werden und die gemeinsam getroffenen Vereinbarungen niederzuschreiben. Beim tatsächlichen Gerichtstermin sollte vor dem Richter bzw. der Richterin nicht mehr diskutiert oder gar gestritten werden!

Der Scheidungsvergleich, der vom Richter bzw. der Richterin in der korrekten Form diktiert wird, hat zwei Schwerpunkte: Der Erste betrifft das Paar selbst, das sich ausmachen kann, wer was bekommt, der Zweite betrifft die Kinder. Nur dieser zweite Teil wird vom Richter bzw. der Richterin genau kontrolliert und kann später gegebenenfalls noch geändert werden, wenn dies erforderlich ist und dem Kindeswohl dient.

Scheidungsvergleich (formlos möglich, auch in Stichworten, jedoch klar und unmissverständlich)

Ehewohnung: Wer bleibt, wer geht und bis wann? Gibt es eine Ausgleichszahlung oder einen Eigentumsübergang?

Ehegattenunterhalt: wechselseitiger Verzicht? (auch für den Fall geänderter Verhältnisse und unverschuldeter Not) oder Unterhalt für eine bestimmte Zeit, eventuell gestaffelt? Achtung: Auf Ehegattenunterhalt sollte nicht verzichten, wer kein anderes oder eigenes Einkommen hat!

Aufteilung von Fahrnissen, also beweglichen Sachen, bspw. Autos, Motorräder, sonstige Gegenstände etc. und Ersparnissen.

Aufteilung von Schulden: Hier muss manchmal die Bank „mitspielen“. Prinzipiell soll derjenige die Schulden übernehmen, der von dem Geld profitiert hat, der Andere kann verlangen, nur Ausfallsschuldner zu sein.

Bezüglich der Kinder müssen Sie sich in folgenden Punkte einigen:

Überwiegender Aufenthalt, das bedeutet 51% der Zeit oder mehr bei einem Elternteil und ist Anknüpfungspunkt für Familienbeihilfe und Hauptwohnsitz-Meldung. (Eine Doppelresidenz ist also nur „annähernd“, nicht aber 50:50 möglich.) Bitte überlegen Sie gut, was am besten für Ihr Kind ist, eventuell besprechen Sie das auch beim verpflichtenden Elterngespräch.

Obsorge (Pflege, Erziehung und rechtliche Vertretung) Heutzutage ist grundsätzlich die gemeinsame Obsorge üblich. Jeder Elternteil kann (fast) alles auch alleine machen, ausgenommen sind wichtige Entscheidungen wie etwa Wechsel der Staatsbürgerschaft, Wechsel des Religionsbekenntnisses, Namensänderung, Aufkündigung eines Lehrvertrages oder wichtige Operationen, bei denen es die Zustimmung des anderen Elternteil braucht. Wichtig bei der gemeinsamen Obsorge ist jedenfalls, dass die Eltern nicht gegeneinander handeln.

Kindesunterhalt: Prozentregel (www.jugendwohlfahrt.at/unterhaltsrechner.php ) oder Regelbedarf. Auf Kindesunterhalt kann nicht verzichtet werden (Rechtsanspruch des Kindes)! Zur Anrechnung des Familienbonus gibt es derzeit noch keine Entscheidungen.

Kontaktregelung: Wenn die Eltern nicht mehr vernünftig miteinander sprechen können, es also keine gemeinsame Gesprächsbasis mehr gibt, gilt die im Scheidungsvergleich vereinbarte Kontaktregelung. Das übliche Mindestmaß: jedes zweite Wochenende und drei Wochen Urlaub (etwa 72 Tage im Jahr).

Sie sollten sich auf jeden Fall in einer Familienberatungsstelle oder von einem Anwalt beraten lassen, damit Sie keinen Fehler machen; Probleme könnte es etwa im Sozial-, Pensions- oder Fremdenrecht geben. Die meisten Gerichte verlangen eine Bestätigung über ein Beratungsgespräch bezüglich der Rechtsfolgen. Wenn Sie minderjährige Kinder haben, müssen Sie zusätzlich ein (kostenpflichtiges) Elterngespräch nach § 95a Abs. 1a Außerstreitgesetz absolvieren und die Bestätigung vorweisen. Nähere Informationen dazu finden Sie unter www.ief.at/elternberatung-im-scheidungsfall

Autor: Dr. Gabriele Buresch

 

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