Stellungnahme zur Petition „Ehe gleich“
Entwurf, stm 24.11.2015
Zusammenfassung
Die Forderung der Petition „Ehe gleich!“, den § 44 ABGB dahingehend abzuändern, dass er laute „In dem Ehevertrag erklären zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts gesetzmäßig ihren Willen, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben und gegenseitigen Beistand zu leisten.“, ist abzulehnen.
Begründung
- 44 ABGB in der gültigen Fassung lautet: „Die Familien-Verhältnisse werden durch den Ehevertrag gegründet. In dem Ehevertrage erklären zwey Personen verschiedenen Geschlechtes gesetzmäßig ihren Willen, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und sich gegenseitigen Beystand zu leisten.“
Entgegen den Ausführungen der Initiatoren der Petition „Ehe gleich!“ ist die Ehe daher kein reiner Partnerschaftsvertrag, sondern ein Vertrag zur Gründung von Familienverhältnissen, wesentlich geprägt durch die Absicht zur leiblichen Elternschaft:
Durch die Ehe werden daher nicht nur die Herkunftsfamilien der Ehepartner familienrechtlich verbunden, sondern auch die Absicht erklärt, leibliche Kinder zu zeugen und damit die Verwandtschaftslinie weiterzuführen.
Dabei kommt es zur Gültigkeit dieses Vertrages nicht darauf an, ob die jeweiligen Eheleute in concreto fähig sind, gemeinsam Kinder zu zeugen, sondern ob sie aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit zumindest in der Theorie geeignet wären, miteinander Kinder zu zeugen. Tatsächlich erlaubt der biologische Unterschied im Geschlecht der Rechtsordnung von einer Potentialität des Paares zur leiblichen Elternschaft auszugehen, ohne im Einzelfall eine Fruchtbarkeitskontrolle durchführen zu müssen.
Entscheidend zur Gültigkeit des Ehevertrages ist zudem die Geschlechtszugehörigkeit der Eheleute bei Eingehen der Ehe. Dies erlaubt der Rechtsordnung, Ehen als weiterhin aufrecht anzuerkennen, auch wenn es im Zuge des Ehelebens zu einer Geschlechtsumwandlung kommen sollte.
Weiters steht es einer Rechtsordnung frei, aufgrund dieses Unterschiedes im biologischen Geschlecht unterschiedliche Rechtsinstitute für geschlechtlich unterschiedlich zusammengesetzte Lebensgemeinschaften vorzusehen. Auch der EGMR verpflichtet Österreich NICHT zur Öffnung der EHE für gleichgeschlechtliche Paare. Im Gegenteil: In der Entscheidung Schalk & Kopf gegen Österreich, EGMR v 24.6.2010, hält der EGMR fest, dass die Art 8 und 12 EMRK gerade keine Verpflichtung enthalten, die EHE für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen, insofern es ein anderes Rechtsinstitut gibt, das die stabile Beziehung gleichgeschlechtlicher Paare rechtlich anerkennt. Dieser Anforderung wurde durch die Einführung der Eingetragenen Partnerschaft genüge getan.
Es kann nicht nachvollzogen werden, warum die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare notwendig ist, um gleichgeschlechtliche Paare vor einem Zwangsouting zu schützen. Einem etwaigen Bedürfnis in diese Richtung könnte durch weit weniger einschneidende Maßnahmen begegnet werden, etwa durch die Personenstandsangaben verheiratet/verpartnert oder geschieden/aufgelöst.
Auch die unterschiedliche Anerkennung zivilrechtlicher Rechtsinstitute in anderen Rechtsordnungen ist nicht geeignet, den Ermessenspielraum der österreichischen Rechtsordnung in dieser Frage zu schmälern. Zudem kann festgehalten werden, dass die einzelnen nationalen Rechtsordnungen die Einordnung von Lebensgemeinschaften weiterhin sehr divergierend regeln.
Die Ehe ist jene Rechtsform, welche die Beziehung zwischen einem Kind und seinen in Lebensgemeinschaft verbundenen leiblichen Eltern beschreibt. Für das (bereits geborene wie das erst zu zeugende) Kind ist die Ehe die Möglichkeit seiner leiblichen Eltern, öffentlich zu deklarieren und rechtlich verbindlich zu erklären, in Gemeinschaft leben und für einander Sorge tragen zu wollen. Das trifft auf keine andere rechtliche Fürsorgegemeinschaft zu, selbst wenn im Einzelfall in ihr Kinder gleich gut oder sogar besser als leibliche Kinder betreut werden.
Um dem Begehren der Petition nachzugehen, müsste dieses Wesensmerkmal der leiblichen Elternschaft aus der Ehedefinition gestrichen werden. Dieser Eingriff erscheint sachlich nicht gerechtfertigt, weswegen das Begehren abzulehnen ist.