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AT / Politik: Wie stellen sich Politiker Familienförderung in Österreich vor

IEF, 12.09.2019 – Am 29. September findet in Österreich die Nationalratswahl statt. Der Katholische Familienverband Österreich (KFÖ) nahm dies zum Anlass, um die Spitzenkandidaten der wahlwerbenden Parteien zu familienrelevanten Themen zu befragen.

Familienministerium

Der KFÖ wollte von den Parteienvertretern unter anderem wissen, welche zwei Vorhaben sie unbedingt durchsetzen würden, sollten sie nach der Wahl das Familienministerium führen.

Für die ÖVP steht besonders die Vereinbarkeit von Familie und Beruf samt dem Ausbau der Kinderbetreuungsangebote im Vordergrund. Außerdem sollen pflegende Angehörige noch besser unterstützt und finanzielle Anreize für die Pflege daheim geschaffen werden. Was die ÖVP auf jeden Fall verhindern möchte, ist die Abschaffung des von ihr eingeführten Familienbonus Plus.

Um vor allem Kinder vor der Armutsfalle zu schützen, sieht die SPÖ das Einführen einer Unterhaltsgarantie als prioritär an. Völlig inakzeptabel wäre hingegen die Aufweichung der Fristenregelung.

Die NEOS wollen sich dafür einsetzen, dass Familien mit Kindern einen Rechtsanspruch auf qualitativ hochwertige Betreuungsplätze ab dem 1. Geburtstag erhalten. Außerdem wäre die Vereinfachung der Zusammenführung der steuerlichen Familienleistungen aus Sicht der Partei (u.a. Familienbeihilfe unabhängig von der Zahl der Kinder) wünschenswert. Zu meiden in der Familienpolitik wären falsche staatliche Anreize um Frauen von der Erwerbsarbeit abzuhalten.

Im Visier von JETZT – Liste Pilz stehen vor allem Kinder und Alleinerziehende. Unterstützen möchte die Partei diese durch eine Unterhaltssicherung für Alleinerziehende und eine Kindergrundsicherung. Tabu hingegen sind Kindergartengebühren und Hindernisse beim weiteren Ausbau eines flächendeckenden, ganztägigen Kinderbetreuungsangebots.

Auch für die Grünen steht das Anliegen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf familienpolitisch im Vordergrund. Außerdem setzt sich die Partei für den Ausbau der gerichtlich durchsetzbaren Rechtsansprüche von Kindern und Jugendlichen ein. Bekämpft werden sollen dagegen Maßnahmen, die die soziale Existenz von Kindern und Jugendlichen gefährden.

Für die FPÖ stellt sich diese Frage im Moment noch nicht.

Familienleistungen, Sexualpädagogik und weitere familienpolitische Themen

Weitere Themen zu denen die Spitzenkandidaten Stellung beziehen sollten waren leistbarer Wohnraum, Sexualpädagogik an Schulen sowie Hilfsangebote für Frauen im Schwangerschaftskonflikt.

  • Wertanpassung der Familienleistungen

Die Frage ob Familienleistungen ähnlich den Pensionen und Parteienförderungen jährlich valorisiert werden sollten, haben die FPÖ, NEOS, JETZT-Liste Pilz und die Grünen mit einem Ja beantwortet. Weniger eindeutig fiel die Antwort bei der ÖVP und SPÖ aus. Im Anschluss an den letztes Jahr eingeführten Familienbonus Plus will die ÖVP die Reform der Finanzierung familienpolitischer Leistungen weiter vorantreiben. Sie möchte Rahmenbedingungen schaffen, „in denen sich die Menschen bewusst für die Familie entscheiden“. Die SPÖ sieht den Wertverlust bei Familienleistungen zwar als Problem, möchte sich jedoch vor allem auf die Neuregelung des Familienbonus fokussieren, um allen Familien den Bezug des vollen Bonus von € 1.500 zu sichern.

  • Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie das Pensionssplitting

Teilzeitarbeit biete vielen die Möglichkeit das Familien- und Berufsleben besser miteinander vereinbaren zu können, führt jedoch in vielen Fällen auch zur Altersarmut. Auf die Frage wie man dieser Gefahr entgegensteuern kann, wies die ÖVP auf die bereits eingeführte Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge bei kleinen Einkommen und die volle Anrechnung der Karenzzeiten für die Pension hin.

Auch die SPÖ bezog sich in ihrer Antwort auf die durchgesetzte Anrechnung der Karenzzeiten für Urlaubsansprüche, Gehaltsvorrückungen, Pension sowie die Mindestpension für Menschen mit 40 Beitragsjahren. Als weitere angestrebte Maßnahmen nennt die SPÖ die Einführung einer Abgeltung von Überstunden und eines Rechtsanspruchs auf Teilzeit für Kinderbetreuung, Pflege, Bildung und im Alter.

Die FPÖ sieht vor allem in Informations- und Weiterbildungsmöglichkeiten innerhalb der Betriebe, einer Maßnahmenbündelung für qualifizierte Teilzeitarbeit gemeinsam mit dem AMS und den verpflichtenden Informationskampagnen von Seiten der Pensionsversicherungsanstalt und dem Sozialministerium einen Weg aus der Krise.

Die Grünen fordern eine Abkehr von der Förderung von Alleinverdiener-Familien hin zu einer Förderung der reduzierten Erwerbstätigkeit beider Elternteile, um so „eine faire Aufteilung von Erwerbs- und Pflegearbeit auf beide Elternteile“ zu erzielen. Zudem schlägt die Partei ein neues Pensionsmodell vor, „das aus einer Grundpension für alle im Pensionsalter und einer versicherungsmathematischen Erwerbspension besteht“.

Die Parteien wurden in dem Zusammenhang auch hinsichtlich ihrer Einstellung zum Pensionssplitting befragt. Die ÖVP und die NEOS sehen im Pensionssplitting ein gutes Instrument um Frauen-Altersarmut zu verhindern, würden sich jedoch wünschen, dass dieses automatisch erfolgt und nicht extra beantragt werden muss. Die SPÖ möchte das derzeit geltende, freiwillige Pensionssplitting beibehalten und erachtet die Aufteilung der Sorge- und Pflegearbeit sowie die Verringerung der Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen als dringendere Anliegen. So lange es keine ausreichende Absicherung während der Kindererziehungszeit gibt, ist für JETZT-Liste Pilz das Pensionssplitting eine unzureichende Maßnahme um Frauen im Pensionsalter vor Armut zu schützen. Das von den Grünen vorgeschlagene, oben bereits erwähnte Pensionsmodell wiederum sieht ein verpflichtendes Pensionssplitting vor.

  • Sexualerziehung an Schulen

ÖVP und FPÖ stehen zu ihrem gemeinsamen Entschließungsantrag, der noch vor der Sommerpause vom Nationalrat angenommen wurde und den Ausschluss externer Vereine vom Sexualkundeunterricht vorsieht. Um eine weltanschaulich neutrale Sexualerziehung sicherzustellen, soll der Unterricht künftig von den schulinternen Pädagogen durchgeführt werden.

Alle anderen Parteien setzten sich für eine Zusammenarbeit der Schulen mit externen Anbietern und Beratungsstellen ein und fordern zur Qualitätssicherung die Einführung eines Akkreditierungsverfahrens. Die NEOS fordern zudem ein besseres Ausbildungsangebot für Lehrer und die Grünen eine unabhängige, bundesweite Prüfung der vermittelten Inhalte.

  • Hilfsangebote für Frauen im Schwangerschaftskonflikt

Die Parteien sind sich darin einig, dass gewisse Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, um Frauen das „Ja zum Kind“ zu erleichtern und Schwangerschaftsabbrüche zu verhindern. Die ÖVP bekundet dies aus Respekt vor dem geborenen und ungeborenen menschlichen Leben, die SPÖ und die Grünen aus Respekt vor der Entscheidung der Frau.

Als geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Abtreibungen schlägt die ÖVP die Schaffung von mehr Familienberatungsstellen und Kinderbetreuungsplätzen sowie die frühzeitige Aufklärung an Schulen vor. Die SPÖ und Grüne fordern Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den Ausbau der qualitätsvollen Kinderbetreuungseinrichtungen. Die SPÖ sieht zudem in der Verringerung der Lohnschere und der besseren Unterstützung von Alleinerziehenden einen Lösungsansatz. Die FPÖ schlägt Unterstützungsleistungen für Schwangere in Form von Geld- und Sachleistungen vor und will sich wie auch die Grünen für eine umfassende Beratung von Schwangeren einsetzen. JETZT-Liste Pilz zählt die Unterhaltssicherung, die Aufhebung der Kürzung der Mindestsicherung, das Andenken einer Kindergrundsicherung, die Gewährleistung, dass Unterhaltszahlungen nicht zum Familieneinkommen zählen sowie die aktive Väterkarenz und gleichteilige Elternteilzeit als mögliche Maßnahmen, um Frauen im Schwangerschaftskonflikt eine Entscheidung für das Kind zu erleichtern. Die NEOS fordern vor allem sexuelle Bildung und einen leichteren Zugang zu Verhütungsmitteln.

Die restlichen Fragen sowie die ausführlichen Antworten zu den oben genannten Themen finden Sie hier. (AH)

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