
PL / Abtreibung: „Pille danach“ in Polen nur noch mit Rezept erhältlich
IEF, 26.6.2017 – Polens Regierung hat Zeitungsberichten zufolge den Zugang zur „Pille danach“ eingeschränkt. Präsident Andrzej Duda unterzeichnete am 23.6.2017 ein im Mai vom Parlament verabschiedetes Gesetz. Demnach ist die sogenannte „Pille danach“ zukünftig nur noch mit Rezept erhältlich. Seit 2015 konnten über 15-Jährige die „Pille danach“ in Polen ohne Rezept erwerben.
Abtreibungsregelungen in Polen
Die seit November 2015 amtierende Regierung Polens hat bereits staatliche Mittel für In-Vitro-Fertilisation und andere Formen der künstlichen Befruchtung gestrichen. 2016 gab es einen europaweiten Aufschrei, als der gesetzliche Rahmen für Schwangerschaftsabbrüche weiter eingeschränkt werden sollte. Aufgrund tagelanger und landesweiter Demonstrationen zehntausender Frauen, machte die Regierung einen Rückzieher. In Polen sind Schwangerschaftsabbrüche bei Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Schwangeren, Hinweise auf eine schwere unheilbare Erkrankung des Fötus oder bei Vergewaltigung oder Inzest straffrei. Derzeit gibt es Pläne zahlreicher Parlamentsabgeordneter, die straffreie Abtreibung von Föten, bei denen Hinweise auf eine schwere unheilbare Erkrankung vorliegen, vor dem Verfassungsgerichtshof wegen Diskriminierung anzufechten.
Ethische Problematik der „Pille danach“
Die sogenannte „Pille danach“ kann je nach Wirkstoff bis zu 72 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden. Hat noch kein Eisprung stattgefunden, verhindert die hormondosierte Pille den Eisprung. Hat hingegen schon ein Eisprung und eine Befruchtung der Eizelle stattgefunden, können die enthaltenen Hormone aufgrund einer milieuverändernden Wirkung die Einnistung der befruchteten Eizelle – also des Embryos – in die Gebärmutter verhindern. In der politischen Diskussion wird häufig dementiert, dass die „Pille danach“ auch eine abtreibende Wirkung habe. Diese Reaktion hängt wesentlich damit zusammen, wann man von Abtreibung bzw. Schwangerschaft spricht. Wer von einer Schwangerschaft erst dann spricht, wenn sich der Embryo eingenistet hat, gehe zumeist auch erst dann von einer Abtreibung aus, erklärt Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF). Dies ist aber weder rechtlich noch medizinisch gedeckt, denn bereits mit der Befruchtung der Eizelle gehe der Gesetzgeber von einer entwicklungsfähigen Zelle (also einem Embryo) aus. Auch die Fristenregelung unterscheide nicht nach dem Zeitpunkt der Nidation. Für die ethische Beurteilung der „Pille danach“ ist die entscheidende Frage ebenfalls nicht die Einnistung des Embryos, sondern die Befruchtung der Eizelle. Die Befruchtung der Eizelle ist der bis dato früheste bekannte Zeitpunkt, ab dem von einem neuen Menschen ausgegangen werden könne, da sofort nach Eindringen der Samenzelle sich ein neues Genom bilde, dass von Vater und Mutter unterschiedlich sei, so die Biopolitikerin. Unmittelbar nach Verschmelzung sende der Embryo Botenstoffe an die Mutter aus, um nicht als Fremdkörper abgestoßen zu werden. Die „Pille danach“ habe daher nur dann keine tötende/abtreibende Wirkung, wenn sie vor Verschmelzung von Ei- und Samenzelle erfolge. Bereits die Verhinderung der Einnistung des Embryos sei jedoch als abtreibend zu beurteilen, so die Juristin deutlich.
Situation in Österreich
Die „Pille danach“ ist in Österreich seit 2009 ohne Rezept erhältlich und muss von jedem Apotheker verkauft werden. ExpertInnen, die sich vor der Neuregelung für die Rezeptfreistellung einsetzten, vertraten den Standpunkt, dass die „Pille danach“ keine abtreibende Wirkung hätte und argumentierten, dass durch die Einnahme des Hormonpräparates ungewollte Schwangerschaften verhindert werden könnten. Argumente gegen eine Rezeptfreistellung waren (und sind) die mögliche abtreibende Wirkung der „Pille danach“ (s.o.) und die nachteilige körperliche Wirkung der Pilleneinnahme, sollte sie nicht zum richtigen Zeitpunkt des Zyklus eingenommen werden. Gegner der Rezeptfreistellung forderten eine ärztliche Anamnese und gynäkologische Untersuchung zur Feststellung der zeitlichen Komponente des Zyklus und die Gewährleistung einer ärztlichen Nachuntersuchung. Die Rezeptpflichtkommission sprach sich 2007 für die Rezeptpflicht der „Pille danach“ aus.