AT / Abtreibung: Weitere Forderung nach Statistik über Abbrüche
IEF, 31.5.2017 – Die FPÖ fordert in einem Entschließungsantrag die statistische Erhebung anonymisierter Daten von Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich. Anhand der Daten sollten Präventionsmaßnahmen gezielter gesetzt und optimiert werden und die Hilfsangebote den betroffenen Frauen angepasst werden. In dem Antrag wird erwähnt, dass Österreich eines der letzten europäischen Länder sei, die eine solche Statistik noch nicht bediene. Die Statistik über Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland weise seit Jahren einen Rückgang auf, was positive Rückschlüsse auf die dortigen präventiven/begleitenden Maßnahmen zulasse.
Auch andere Stimmen fordern Statistik
Nicht nur die FPÖ verfolgt eine Statistik über Schwangerschaftsabbrüche. Auch der fraktionslose Nationalratsabgeordnete Dr. Marcus Franz hatte eine Petition initiiert, die eine Statistik fordert. Die von aktion leben gestartete Bürgerinitiative „Fakten helfen!“ war mit 48.590 Unterschriften auf Papier und 5.139 Online-Unterstützungserklärungen die erfolgreichste Initiative seit Jahren. Sowohl die Petition von Franz als auch die Bürgerinitiative „Fakten helfen!“ wurden am 29.3.2017 im Plenum diskutiert.
Geteilte Meinung bei Thema Schwangerschaftsabbruch-Statistik
In der Parlamentskorrespondenz vom 29.3.2017 wird berichtet, dass Abgeordnete von FPÖ, Team Stronach und ÖVP es als bedauerlich bezeichneten, dass Österreich ohne eine solche Statistik ein Schlusslicht im europäischen Vergleich sei. Die Unterschriftenanzahl der Bürgerinitiative untermauere die Not an einer solchen Statistik. “Wir brauchen diese Daten, wir brauchen diese Erhebungen”, so Marina Schenk (Team Stronach).
Obwohl die NEOS-Abgeordnete Claudia Gamon für eine Enttabuisierung von Abtreibungen und einen offenen Dialog plädierte, hält sie viele Argumente der Statistik-Befürworter für „vorgeschoben“. Sinnvoller als Statistiken sei ihrer Meinung nach eine Forcierung altersgerechter Aufklärung. In diese Kerbe schlägt auch Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ). Sie hält es für vorrangig, in Prävention und Sexualaufklärung zu investieren. Ihre Kollegin Petra Bayr betonte, dass viele Frauen sich Verhütungsmittel nicht leisten könnten und man an dieser Stelle ansetzen müsse.
Abtreibungsbefürworter gegen Statistik
Die Debatte um eine Statistik über Schwangerschaftsabbrüche in Österreich wird nicht nur im Parlament diskutiert. Wie das Institut für Ehe und Familie (IEF) berichtete, hatte sich der Abtreibungsarzt Dr. Christian Fiala an das bekannte deutsche Magazin Focus gewandt und die deutsche statistische Erhebung bezüglich ihrer Treffsicherheit kritisiert. Diese Kritik irritiert, ist Fiala auf österreichischer Ebene doch einer der wesentlichsten Kritiker jeglicher statistische Erfassung von Abtreibungen überhaupt. Fiala sieht darin nämlich nur eine weitere unnötige Hürde für Mediziner und Patientinnen. Eine solche mache zudem nur Sinn, wenn die Kosten für Abtreibungen von der Krankenkasse übernommen werden würden. Ein Argument, dass Helene Göschka, Pressesprecherin der aktion leben allerdings nicht gelten lässt. Fiala unterstelle damit seinen Ärzte-Kollegen pauschal, dass diese ihren beruflichen Meldepflichten nicht nachkommen würden. Ärztliche Meldepflichten seien völlig unabhängig von Krankenkassenleistungen zu sehen. Zuletzt wurden etwa auch im Bereich der Fortpflanzungsmedizin die Meldepflichten für Leistungen ohne Übernahme durch den IVF-Fonds erweitert. Für Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF) wirkt die Kritik Fialas an den deutschen Erhebungen nach wie vor wie ein Versuch, die österreichischen Forderungen nach einer Erhebung der Zahlen zu unterwandern. Auch für sie ist die Koppelung der Erhebung an eine Krankenkassenleistung keineswegs zwingend. Vielmehr sieht die Juristin darin den kaum versteckten Versuch, politisch die Finanzierung von Abtreibungen gegen eine statistische Erhebung abzutauschen. Warum eine Erhebung weniger behauptete Hürde für Mediziner und Patienten sein sollte, wenn Abtreibungen von der Krankenkassa finanziert werden, sei nicht nachvollziehbar, so Merckens. Hinsichtlich der Aussagekraft sei jedenfalls die Vergleichbarkeit der Zahlen wesentlich, weswegen Konstanz in Erhebung und Kontrolle der Datenerfassung entscheidend seien, so die Biopolitikerin.