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AT / Reproduktionsmedizin: Bezirksgericht widersetzt sich dem Verbot von Leihmutterschaft

IEF, 5.12.2019 – Ein Tiroler Bezirksgericht widersetzt sich den eindeutigen österreichischen Normen und macht biologisch Unbeteiligte zur (rechtlichen) Mutter.

Ein österreichisches Paar nimmt zur Erfüllung seines Kinderwunsches die Dienste einer ukrainischen Leihmutter in Anspruch. Dafür wird dieser ein Embryo eingepflanzt, der durch die Befruchtung einer Eizelle einer anonymen Spenderin mit den Samen des Österreichers entstanden ist. Soweit der Sachverhalt wie er sich nach Medienberichten darstellt. Das Urteil selbst ist nicht veröffentlicht.

In Österreich ist Leihmutterschaft implizit durch eine Zusammenschau aus österreichischem Zivilrecht und Fortpflanzungsmedizinrecht verboten, erklärt Dr. Stephanie Merckens, Juristin am Institut für Ehe und Familie. Wesentlich dabei ist die Bestimmung des § 143 ABGB, demnach als Mutter im Rechtssinn nur jene Frau gilt, die das Kind auch geboren hat.

Seit langem aber weisen Experten darauf hin, dass das einfachgesetzliche Verbot der Leihmutterschaft in Österreich viel zu schwach ist, um die Praxis der Leihmutterschaft zu verhindern. So fordert etwa die Aktion Leben schon seit langem, dass in der Verfassung verankertes   Verbot von Leihmutterschaft im Verfassungsrang.

Leihmutterschaft ist ein internationales Milliardengeschäft. Das IEF hat bereits mehrfach über die Missstände in diesem Bereich berichtet. Erst jüngst flog eine griechische Agentur wegen krimineller Praktiken auf.

Gerade deswegen ist es aber ein leichtes, das österreichische Verbot zu umgehen. Schon vor Jahren hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass das Verbot nicht zu den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung gehöre und damit internationale Verweisenormen, die ausländisches Recht zur Anwendung bringen würden, nicht zugunsten einer österreichischen anderslautenden Regelung durchbrochen werden könnten, erläutert Merckens. Allerdings war damals unter anderem relevant, dass das Kind ohne die Anerkennung der rechtlichen Elternschaft staatenlos gewesen wäre. In der Zwischenzeit habe es aber einen Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts gegeben. Seitdem bekommt ein im Ausland geborenes Kind nach § 7 Abs 3 Staatsbürgerschaftsgesetz auch dann die österreichische Staatsbürgerschaft, wenn im Zeitpunkt seiner Geburt ein österreichischer Staatsbürger nach dem Recht des Geburtslandes Mutter oder Vater des Kindes ist, und es ansonsten staatenlos sein würde. Eine rechtliche Anerkennung der Elternschaft ist dafür daher nicht mehr notwendig.

Schon allein deswegen sei der nunmehr vorliegende Fall anders zu beurteilen, meint daher Merckens. Verschärfend komme aber dazu, dass im Tiroler Fall die nunmehrige rechtliche Mutter nicht einmal die Eizellspenderin des Kindes ist, damit also in überhaupt keiner biologischen Verbindung zum Kind steht, so Merckens.

Merckens ist zudem davon überzeugt, dass das Verbot der Leihmutterschaft sehr wohl den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung entspricht. Es könne dem Verfassungsgerichtshof im Falle der drohenden Staatenlosigkeit zwar gefolgt werden, dass das konkrete Kindeswohl in einem solchen Fall zumindest eine Staatszugehörigkeit verlangt. Dafür sei aber seit der Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes die Anerkennung einer rechtlichen Elternschaft, die den österreichischen Normen widerspricht, nicht mehr notwendig.

Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass es beim Verbot der Leihmutterschaft nur um einen Ausläufer der Verbote des Kinderhandels, der entgeltlichen Vermittlung von Adoptionsverträgen und der Freiheitsberaubung unter sklavereiähnlichen Bedingungen geht, betont Merckens. Diese Verbote dienten der Absicherung international ausverhandelter Menschenrechte und seien damit sehr wohl Bestandteil österreichischer Grundwerte, so die Biopolitikerin.

Die jüngste Entscheidung eines Bezirksgerichts mache nur abermals deutlich, wie dringend es eine rechtliche Verschärfung des Verbots von Leihmutterschaft brauche, damit insbesondere davon profitierende österreichische Vermittlungsagenturen, Reproduktionsmediziner und Rechtsanwälte auch dann belangt werden können, wenn sie im Ausland aktiv werden.

Leihmutterschaft ist eine Praxis, die weltweit das soziale Gefälle auf dem Rücken der Frauen ausnützt. Weltweit machen sich daher zahlreiche, meist feministische Organisationen für ein umfassendes Verbot von Leihmutterschaft stark. In Österreich zählt dazu auch die Initiative Stoppt Leihmutterschaft. (StM)

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