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AT / Ehe: FPÖ möchte Ehe „privilegieren“

IEF, 18.9.2018 – Nach der Aufregung um die Äußerungen des Justizministers zur „Ehe für alle“ möchte die FPÖ die Ehe weiterhin Mann und Frau vorbehalten.

Was bislang geschah

Erst kürzlich berichtete das IEF über die neuen Geschehnisse rund um die Diskussion zur „Ehe für alle“. Mit Erkenntnis von 4.12.2017 hob der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) wichtige Passagen der Definition der Ehe bzw Eingetragenen Partnerschaft auf. Seither herrscht Uneinigkeit darüber, wie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nun auszulegen sei. Viele gehen davon aus, dass nur die Öffnung der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare dem VfGH-Erkenntnis entsprechen würde. Dieser Ansicht scheint sich auch der Justizminister anzuschließen, der meinte, sowohl die Ehe als auch die Eingetragene Partnerschaft für alle offen zu lassen und damit den Eindruck erweckte, keinen weiteren Handlungsbedarf zu sehen. Postwendend stellte der Sprecher der Regierung, Peter Launsky-Tieffenthal, jedoch klar, dass in dieser Frage noch keine definitive Entscheidung gefällt worden sei.

FPÖ will verfassungskonformen neuen Vorschlag ausarbeiten

Nach ihrer dreitägigen Klubklausur im Burgenland meldete sich nun auch die FPÖ in der Diskussion zu Wort. Man akzeptiere das Urteil des Verfassungsgerichtshofes, so Klubobmann Walter Rosenkranz. Deshalb wolle man eine Lösung finden, in der dem Urteil entsprochen werde, die Ehe jedoch zugleich sachlich privilegiert bleibe, so berichtet der Standard. Die FPÖ spricht sich dafür aus, die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau mit dem klaren Willen, Kinder zu zeugen, beizubehalten. Damit berufen sie sich auf den nach wie vor im Gesetzestext verbliebenen Passus, der das Eingehen einer Ehe mit der Absicht Kinder zu zeugen verbindet. Die eingetragene Lebenspartnerschaft hingegen solle für alle gelten. Ein entsprechender verfassungskonformer neuer Vorschlag soll nun erarbeitet werden und bis spätestens Januar 2019 vorliegen. Sobald dieser vorliege, wolle man das Gespräch mit dem Koalitionspartner suchen. Wie der Kurier berichtet, wolle man in dieser Sache noch einmal eine Versuch starten, man würde es jedoch nicht soweit kommen lassen, die „Ehe für alle“ zum Konfliktthema zwischen Türkis und Blau werden zu lassen. Die ÖVP selbst äußerte sich bislang nicht zum Vorstoß der FPÖ.

Reaktion der Opposition

Erwartungsgemäß negativ reagierten die Oppositionsparteien. „Die blaue Regierungsfraktion soll ihre ideologische Kleingeistigkeit ablegen,“ so Niki Scherak stellv. Klubobmann der NEOS in einer Presseaussendung. Das Urteil sei klar gewesen und jeder Versuch eine Entscheidung gegen das Erkenntnis des VfGH durchzusetzen sei eine „Verhöhnung des Rechtsstaates“. Auch SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim zeigt wenig Verständnis für das derzeitige Handeln der FPÖ-. „ (…)Teile der FPÖ wollen sich partout nicht unterordnen und weichen – trotz VfGH-Urteil – keinen Millimeter von ihrer kleingeistigen Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare ab.“ Kritik äußert er auch in Richtung Sebastian Kurz. Man habe nun schon ein dreiviertel Jahr Zeit gehabt, das VfGH-Erkenntnis umzusetzen. Jarolim lastet ihm Ängstlichkeit an und fordert den Kanzler auf, nun endlich durch Taten zu sprechen anstatt durch Schweigen.

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Leidenfrost-Kommentar vor Presserat

Ein weiterer Beitrag in der Diskussion um die „Ehe für alle“ sorgte in den letzten Tagen für Aufregung Der Kommentar des Journalisten Peter Leidenfrost in „Die Presse“ vom 7.9. zur „Ehe für alle“, über den das IEF auch in seinem letzten Beitrag berichtete ist nun laut Standard zum Fall für den Presserat geworden. Vor allem in den sozialen Medien rief der Text viele negative Reaktionen hervor. Bis Donnerstag lagen laut Standard 8 Beschwerden über den Artikel vor, der nun in der nächsten Sitzung des Presserats besprochen wird.

Ö1-Interview mit Dr. Merckens und H. Graupner

Schließlich lieferten sich am 12.8 Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie und Helmut Graupner in der Radiosendung Punkteins einen Schlagabtausch zu Möglichkeiten der Umsetzung des Urteils des Verfassungsgerichtshofes. Demnach bestehe laut Merckens dringender Handlungsbedarf. Man brauche eine klare Entscheidung der Regierungsparteien, so die Juristin. Sie plädiert dafür, die EP auch für heterosexuelle Paare zu öffnen, um dem Vorwurf des Zwangsoutings zu entsprechen, die Ehe jedoch der Beziehung zwischen Mann und Frau vorzubehalten, da diese in sich auch die Offenheit für neues Leben beinhalte, wie es auch nach wie vor der Gesetzestext sagt.  Graupner sah ganz im Gegensatz zu Merckens keinen Handlungsbedarf, das Gericht habe bereits entschieden. Die angemessene und logische Folge sei für ihn, dass sowohl Ehe als auch die EP für homo- und heterosexuelle Paare offen stünden.

Neue Studie zeigt überraschende Ergebnisse

Eine Studie, durchgeführt durch das Internationale Marktforschungsinstitut (IMAS) macht deutlich, dass mehr Österreicher nach wie vor den traditionellen Ehebegriff befürworten. In der Studie, die von der Plattform Christdemokratie in Auftrag gegeben wurde, wurden im vergangenen August 1000 Personen ab 16 Jahren befragt. Aus der Studie ging hervor, dass 54% der Befragten die Ehe als „eine langfristige Verbindung zwischen Mann und Frau“ ansehen, „die unter anderem das Ziel hat, gemeinsam Kinder zu bekommen.“ Nur 29% der Befragten stimmte zu, dass die Ehe von dem Geschlecht der Partner unabhängig sei. Kinder wären für sie dann jedoch nicht teil der Definition von Ehe. Nur 17%  sehen die Ehe als geschlechtsunabhängige Verbindung, die auch das Ziel habe, Kinder aufzuziehen.  Zugleich halten es laut der Studie 60% der Österreicher für sinnvoll, dass das Ziel, gemeinsam Kinder zu zeugen im Eherecht verankert ist. Als wichtigsten Wert in der Ehe sehen die Befragten die Treue an. Mit 77% war es die meistgegebene Antwort. 65% stimmten zu, dass außerdem auch die partnerschaftliche Ergänzung von Mann und Frau ein wichtiger Aspekt in der Ehe sei.

Die Umfragewerte zeigen, dass ein Großteil der Österreicher sich eine Stärkung der Ehe wünsche, damit Kinder möglichst in stabilen Ehe und bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen könnten, so  Jan Ledóchowski, Präsident der Plattform Christdemokratie.

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