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AT / Bioethik: Beginnt menschliches Leben später als gedacht?

IEF, 23.7.2018 – Eine Studie deutet darauf hin, dass sich die Genstränge von Ei- und Samenzelle später verbinden, als man gedacht hat. Zwingt dies die Bioethik zum Umdenken?

In den Medien wurde breit über eine aktuelle Studie der Zell-Biologin Judith Reichmann von der Universität Heidelberg berichtet. Diese forschte an Mäusen über die genauen Vorgänge nach dem Eindringen der Samen- in die Eizelle. Dabei ging es vor allem darum, wie die ersten Zellteilungen ablaufen und wann und unter welchen Umstanden die beiden zusammenkommenden Genstränge miteinander interagieren.

Was zeigt die Studie

Lange war man davon überzeugt, dass die genetischen Informationen von Ei- und Samenzelle von einer sogenannten Spindel organisiert und zusammengefügt werden und damit aus Ei und Sammenzelle eine Zelle mit einem Zellkern entsteht, um diese dann bei der ersten Zellteilung wiederum zu trennen. Die Heidelberger Studie zeigt, dass genau das nicht geschieht und möchte vor allem die mechanischen Vorgänge erklären, wie die ersten Zellteilungen und die Organisation der genetischen Datensätze von statten geht.

Mit Hilfe der Methode der Lichtplattenmikroskopie konnten die Forscher beobachten, das entgegen langjähriger Annahmen, nicht eine Spindel für die Organisation der beiden Genstränge verantwortlich ist, sondern zwei Spindeln parallel zueinander das väterliche bzw. mütterliche Genmaterial organisieren und parallel zueinander ausrichten. Darauf folge dann die erste Zellteilung, ohne dass die genetischen Informationen von Mutter und Vater miteinander in Kontakt kämen. Dies geschehe erst im Zwei-Zell-Stadium.

Erkenntnisse sind nicht neu

So neu, wie die Erkenntnisse teils dargestellt werden, sind diese jedoch anscheinend nicht – wie etwa die Äußerung des Forschers Michele Boiani für Mäuseembryologie des Max-Plank Instituts in Deutschland erkennen lässt. Dass sich die genetischen Informationen von Mutter und Vater bei Mäusen erst nach der ersten Zellteilung vermischen würden, wisse man bereits seit 2005. Die jetzt veröffentlichte Studie würde vor allem nähere Informationen zum mechanischen Ablauf in der Zelle klären und damit unter anderem auch Hinweise auf  Ursachen für Fehlentwicklungen in der ersten Entwicklungsphase geben, so Boiani im Deutschen Ärzteblatt.

Auch beim Menschen geht man schon lange nicht mehr von einer echten „Kernverschmelzung“ aus. Während das deutsche und Schweizer Reproduktionsmedizinrecht diesen Begriff noch verwenden, ging der österreichische Gesetzgeber schon 1992 auf diesen Umstand ein und spricht bewusst von der entwicklungsfähigen Zelle ab Imprägnation der Eizelle, also ab Eindringen der Samenzelle in die Eizelle, erklärt Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF). Dies nahm schon der damalige Justizausschuss als Beginn des menschlichen Lebens an, da ab diesem Zeitpunkt eine entwicklungsfähige Zelle mit der Potenzialität für menschliches Leben bestehe, wie auch Boiani bestätigt.

Keine grundsätzlichen Änderungen in der Bioethik

Durch die neuen Erkenntnisse über den mechanischen Ablauf der ersten Zelltrennungen bei Mäusen würde sich daher aus bioethischer Sicht nichts Grundsätzliches ändern, so Merckens. Rechtsethisch lasse sich letztlich nur schwer zwischen einer „imprägnierten Zelle“ und einem Embryo unterscheiden, da die der Zelle innewohnende Fähigkeit zur Entwicklung als Mensch das entscheidende Faktum sei und diese ab dem Zeitpunkt der Imprägnation vorhanden wäre, so die Biopolitikerin.

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