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BE / Sterbehilfe: Nun sind auch in Belgien erstmals Ärzte wegen aktiver Sterbehilfe angeklagt

IEF, 04.12.2018 – Drei belgischen Ärzten wird vorgeworfen, in einem Sterbehilfefall, die durch das Euthanasiegesetz vorgeschriebenen Bedingungen und Verfahren nicht eingehalten zu haben.

Laut ihrer Familie beschloss die damals 38-jährige Tine Nys nach einer Trennung,  im Jahr 2009 Sterbehilfe zu beantragen. Zwei Monate später wurde bei ihr das Asperger-Syndrom, eine Variante von Autismus, diagnostiziert. Nach weiteren zwei Monaten wurde der Frau bereits die Todesspritze verabreicht. Ihre Familie hat nun Klage gegen drei Ärzte, die an dem Sterbehilfefall beteiligt waren, eingereicht. Wie die New York Times berichtet, soll eine der angeklagten Ärztinnen, Dr. Lieve Thienpont, versucht haben, das Gerichtsverfahren zu unterbinden. „Diese Leute müssen aufgehalten werden. Es handelt sich um eine dysfunktionale, verletzte und traumatisierte Familie, die wenig Empathie und Respekt für andere Menschen hat“, so die Ärztin.

In Belgien ist Sterbehilfe auch bei unerträglichen und unheilbaren Leiden aufgrund psychischer Erkrankungen erlaubt. In der Fachwelt wird indes diskutiert, ob Autismus eine legitime Voraussetzung für Sterbehilfe ist. Die größte Gruppe jener, die in Belgien aufgrund psychischer Erkrankungen Sterbehilfe beantragen, sind Menschen, die unter Depression, Persönlichkeitsstörungen und dem Asperger Syndrom leiden.

Obwohl die Überprüfungskommission für aktive Sterbehilfe keine Unregel­mäßigkeiten im gegenständlichen Fall sah, hat die Staatsanwaltschaft nun befunden, dass genug Anzeichen dafür vorliegen, dass die Ärzte nicht alle gesetzlichen Vorgaben befolgt haben. Den angeklagten Ärzten wird vorgeworfen, die Frau vergiftet zu haben. Dafür droht in Belgien lebenslanger Freiheitsentzug.

Es ist das erste Strafverfahren seit der Legalisierung von Sterbehilfe im Jahr 2002. Seit dem Inkrafttreten des Euthanasiegesetztes haben mehr als 10.000 Personen Sterbehilfe in Anspruch genommen. Weil in Belgien keine Details zu bedenklichen Sterbehilfefällen veröffentlicht werden, ist es kaum möglich abzuschätzen, ob es sich im Fall von Tine Nys um einen Einzelfall oder womöglich ein weiter verbreitetes Phänomen handelt, wie Penney Lewis, Professor der Rechtswissenschaften am King’s College in London schreibt.

Auch in den benachbarten Niederlanden läuft gerade das erste Verfahren zu Sterbehilfe. Der IEF hat am 19.11.2018 darüber beichtet.

Position gegenüber Sterbehilfe bringt Juden und Katholiken zusammen

Wie aus einem gemeinsamen Kommunique einer Delegation des Vatikan und des Großrabbinats von Jerusalem, die vom 18. bis 20 November im Vatikan tagten, hervorgeht, wird an einer gemeinsame Erklärung zu Euthanasie und assistiertem Suizid gearbeitet. Dabei soll vor allem auf die Gefahren eingegangen werden, die mit einer Legalisierung von Sterbehilfe einhergehen, und für den Ausbau palliativer Versorgung geworben werden. (ah)

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