AT / Gender: Neuerlicher Vorstoß, „Konversionstherapien“ zu verbieten
IEF, 01.10.2020 – Ein aktueller Entschließungsantrag zielt auf ein Verbot sogenannter „Konversionstherapien“ ab.
Der Abgeordnete zum Nationalrat Yannick Shetty hat einen Entschließungsantrag eingebracht, der auf ein Verbot von „Konversionstherapien“ an Minderjährigen abzielt. Er greift damit einen Antrag aus dem Jahr 2018 auf.
Vom Parlament initiierte Arbeitsgruppe sieht keinen Handlungsbedarf
Der Nationalrat hat sich schon im Jahr 2019 mit einem Entschließungsantrag beschäftigt, der die Erarbeitung einer Regierungsvorlage zu einem Verbot von „Konversionstherapien“ vorsah. Dieser Antrag war bereits im Jahr 2018 vom SPÖ-Abgeordneten Mario Lindner eingebracht und vom Nationalrat an den Gesundheitsausschuss überwiesen worden (das IEF hat berichtet). Nach einer Abänderung, die die Einbeziehung von Expertengruppen veranlasste, wurde der Antrag einstimmig angenommen.
Wie Der Standard berichtet kam die eingesetzte Arbeitsgruppe im Gesundheitsministerium jedoch zu dem Schluss, dass ein Verbot nicht notwendig sei. Therapeuten würden im Fall von „reparativen“ Behandlungen gegen ihre Berufspflichten verstoßen, was bereits jetzt zivil- und strafrechtliche Folgen habe.
IEF warnt vor fehlender Differenzierung
Laut Entschließungsantrag hält der NEOS-Abgeordnete Shetty diese Regelungen jedoch nicht für ausreichend, da es auch darum gehe, diese Therapien bei Personen unter Strafe zu stellen, die sie nicht berufsmäßig ausübten. In seinem Antrag verweist Shetty beispielhaft darauf, dass diese in „erzkatholischem Umfeld“ stattfinden würden. Der im Antrag als Quelle zitierte Standard-Artikel belegt diesen Vorwurf allerdings mit keinem Wort.
Bereits zu Beginn der Debatte im vergangenen Jahr machte das IEF auf die Probleme des seinerzeitigen Entschließungsantrages aufmerksam. Zum einen sei die mangelnde Abgrenzung des Begriffs ‚Konversionstherapie‘ irreführend und undifferenziert. Zum anderen verwies man – wie in Folge scheinbar auch die Arbeitsgruppe des Gesundheitsministeriums – auf die bereits vorhandene Rechtslage, die eine gezielte „Umpolung“ der sexuellen Orientierung schon heute untersage. Zu unterscheiden von solchen unseriösen Angeboten seien jedoch “professionelle Beratungs- und Therapieangebote, die Menschen die Möglichkeit geben, ihre subjektiv konflikthaft erlebte (auch homosexuelle) Sexualität zu bearbeiten”.
Zu undifferenziertes Verbot würde viele Personen vor weitere Probleme stellen
Dass eine derart undifferenzierte Grundhaltung nur zu noch mehr Problemen führen würde, belegte u.a. ein ausführlicher Bericht des Magazins EMMA. Darin erzählen drei junge Frauen von ihrem Geschlechtswechsel zum Mann und ihrer Detransition zurück zum weiblichen Geschlecht (das IEF hat berichtet).
So berichten die Frauen unter anderem, wie schwierig es für Detransitionierer – also Personen, die zu ihrem ursprünglichen Geschlecht zurückkehren wollen – ist, einen Therapeuten zu finden, da die meisten Berater nach einem transaffirmativen Ansatz arbeiten, d.h. sie gehen grundsätzlich davon aus, dass Genderdysphorie vorliegt und bestärken die Bemühungen ihrer Patienten, das Geschlecht zu wechseln. Eine der Frauen geht dabei explizit auf das Problem ein, dass Therapieansätze, die „nicht hundertprozentig transaffirmativ“ sind, öfters als „Konversionstherapie“ diffamiert würden. Ein Problem, das in Deutschland durch das strafrechtlich sanktionierte Verbot von „Konversionstherapien“ nun sogar noch verstärkt wurde (das IEF hat berichtet).
Die Sensibilität nimmt jedoch weltweit zu. So berichtete jüngst etwa auch die BBC in einem ausführlichen Beitrag über Detransitionierer, ihre oftmals fehlerhaften Diagnosen der Genderdysphorie und den umständlichen Weg zurück zum eigenen Geschlecht. Bis sich allerdings kritische Stimmen gegen eine vorauseilende Transaffirmativität durchsetzen können, wird wohl noch einige Zeit vergehen müssen, wie etwa die Negativkampagne gegen die bekannte Buchautorin J.K. Rowling zeigt. Lesen Sie dazu einen erhellenden Bericht von Anne-Catherine Simon in der Presse. (MM)