AT / Sexualerziehung: Neuer Entschließungsantrag zu externen sexualpädagogischen Vereinen
IEF, 18.12.2019 – Die SPÖ fordert die Sicherstellung zeitgemäßer Bildungsangebote zu den Themen Sexualität, Verhütung und Schwangerschaftsabbruch an Schulen.
Am 5. Dezember veröffentlichten die Salzburger Nachrichten einen Artikel in dem berichtet wurde, dass der sexualpädagogische Verein TeenSTAR trotz einer gegenteiligen Empfehlung des Bildungsministers wieder an Schulen arbeiten möchte und für die Überprüfung durch das Bildungsministerium Spenden sammelt. Diese Meldung führte zu einem Aufschrei seitens der NEOS, die dem Bildungsministerium in einer Pressemeldung vorwarfen es verabsäumt zu haben, „entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, um zu verhindern, dass reaktionäre Vereine ihre jenseitigen Vorstellungen an junge Menschen weitergeben“. Die NEOS fordern daher eine staatliche Akkreditierungsstelle für Vereine, die Sexualpädagogik anbieten.
Sicherstellung der Finanzierung für sexuelle Bildung an Schulen
Die SPÖ beließ es nicht nur bei Presseaussendungen, sondern brachte gleich einen Entschließungsantrag im Parlament ein. In dem am 11.12.2019 im Nationalrat eingereichten Antrag betreffend „Sicherstellung Finanzierung qualitätsvoller sexueller Bildung an Schulen“ heißt es, dass eine Umsetzung des im Juli 2019 durch die ÖVP und FPÖ beschlossenen Entschließungsantrags zur Sicherstellung einer altersgerechten und neutralen Sexualerziehung ohne Beiziehung externer Vereine sondern durch an der Schule wirkende Lehrer „die Sexualaufklärung um Jahre zurückgeworfen“ hätte. (Das IEF hat berichtet). Der SPÖ-Antrag bezieht sich auch auf die jüngsten Medienberichte zu TeenSTAR und hält fest, dass bei allem, was man über den Verein wisse, „er nicht vertrauenswürdig“ und es daher „schwer vorstellbar“ sei, dass er „an Schulen in Zukunft tätig sein kann“.
Weiter heiß es in dem Entschließungsantrag, dass Jugendliche viel lieber „mit Externen als mit den eigenen Lehrern“ über „Fragen der Sexualität“ sprechen würden. Lehrern würde auch oft eine entsprechende Ausbildung fehlen. Um jungen Menschen einen selbstbewussten und selbstbestimmten Umgang mit Sexualität näher zu bringen, brauche es geschulte Experten, die über eine entsprechende Akkreditierungsstelle im Bildungsministerium „eingehend geprüft werden, bevor sie zum sexualpädagogischen Schulunterricht zugelassen werden“.
Die SPÖ fordert daher die Bundesregierung dazu auf einen „Aktionsplan zur Umsetzung und Sicherstellung zeitgemäßer, flächendeckender Bildungsangebote zu den Themen Sexualität, Verhütung, sowie Schwangerschaftsabbruch in Schulen auszuarbeiten“. Außerdem sei eine „qualitätsvolle Überprüfung im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens und die ausreichende Finanzierung von externen Anbietern und Beratungsstellen, deren Inhalte mit dem Grundsatzerlass Sexualpädagogik übereinstimmen“, sicherzustellen.
TeenSTAR meldet sich zu den erhobenen Vorwürfen zu Wort
Der Verein TeenSTAR meldete sich selbst in einer Stellungnahme zu der neu entbrannten Diskussion zu Wort. Darin stellt der Verein fest, dass er sich aufgrund der öffentlich geäußerten Kritik veranlasst sah, sein sexualpädagogisches Konzept von einer Fachgruppe bestehend aus Pädagogen, Psychologen, Sexualwissenschaftlern und Ärzten fachwissenschaftlich überprüfen und ggf. korrigieren zu lassen.
TeenSTAR würde sich jedoch nach wie vor in der Vermittlung sexualpädagogischer Inhalte am christlichen Menschenbild, das auf einer „unveräußerlichen personalen Würde und Freiheit jedes Menschen“ basiert und ihn zur Verantwortung ruft, ausrichten. Diese Sichtweise würde der Verein auch in Bezug auf in der Vergangenheit kritisierte Themen wie Homosexualität, Masturbation, Empfängnisregelung oder Ehe anwenden. TeenSTAR würde bei der Vermittlung von Inhalten jedoch immer „die wissenschaftlich begründbare Ebene von der weltanschaulichen“ trennen, um so den Jugendlichen eine „plurale Auseinandersetzung mit den weltanschaulichen Deutungsrichtungen, von denen heute das Thema Sexualität umgeben ist“ zu ermöglichen.
Aus für alle kirchlichen Sexualpädagogikprogramme an Schulen?
Für Dr. Stephanie Merckens, Biopolitikerin am Institut für Ehe und Familie, bleibt nun abzuwarten, ob der Entschließungsantrag im Parlament angenommen wird. Sollte dies der Fall sein, würde nicht nur TeenSTAR, sondern wohl auch andere kirchliche und kirchennahe Sexualpädagogikprogramme Schwierigkeiten haben an Schulen zu unterrichten, zumal der Entschließungsantrag explizit von „Bildungsangeboten zum Thema Schwangerschaftsabbruch“ spricht.
Dass es sich dabei nicht um reine Wissensvermittlung zur österreichischen Rechtslage im Zusammenhang mit Abtreibung handelt, lässt sich durch einen Blick auf den „Grundsatzerlass Sexualpädagogik“, der laut dem Entschließungsantrag als Grundlage für die an Schulen zu vermittelnden Inhalte fungieren soll, feststellen. Dort heißt es, dass „sexuelle Rechte“ unter anderem das Recht eines jeden Menschen „frei von Zwang, Diskriminierung und Gewalt, auf einen bestmöglichen Standard sexueller Gesundheit, einschließlich des Zugangs zu sexueller und reproduktiver Gesundheitsversorgung“ beinhalten. Dass der Begriff „sexuelle und reproduktive Gesundheitsversorgung“ immer häufiger als ein vermeintliches „Recht auf Abtreibung“ ausgelegt wird, ist eine traurige Tatsache. (AH)