AT / Pro-Life: Neue Stellungnahme des BMJ zur Bürgerinitiative #Fairändern
IEF, 29.04.2020 – Mit der Begründung des Wechsels der Person des Ministers hat das Bundesministerium für Justiz Ende März eine neue Stellungnahme eingebracht.
Enquete unter Sozialminister Herbert Haupt aus dem Jahr 2002
Ergänzt wurde die Version unter Bundesjustizminister Moser (parteilos, nominiert von der ÖVP) aus Jänner 2019 nun unter Ministerin Zadić (die Grünen) um einen Hinweis auf die von Sozialminister Herbert Haupt (FPÖ) im Jahr 2002 initiierte interdisziplinär und interministeriell besetzte Enquete unter der Leitung des (mittlerweile emeritierten) Univ.-Prof. Helmut Fuchs zum Thema Frauenrechte, bei der im Ergebnis die Beibehaltung der geltenden Strafrechtslage befürwortet worden sei.
Gutachten der Universität Innsbruck aus dem Jahr 2014
Des Weiteren enthält die Stellungnahme einen Verweis auf ein im Gefolge der UN-Staatenprüfung 2013 im Jahr 2014 erstelltes Gutachten der Universität Innsbruck. Seitens der rechtswissenschaftlichen Fakultät sei im Zuge dessen ausführlich zur Empfehlung des UN-Behindertenausschusses Stellung genommen worden. Dieser hatte empfohlen, jegliche Unterscheidung hinsichtlich des Zeitpunkts zu beseitigen bis zu dem eine Schwangerschaft erlaubterweise beendet werden dürfte, die ausschließlich auf einer Behinderung beruhe. Die Universität Innsbruck sei zu dem Schluss gekommen, dass bezweifelt werden könne, ob durch ein strafrechtliches Verbot der gewünschte Erfolg bei Schwangerschaftsabbrüchen erreicht werde. Vielmehr bestehe die Gefahr, dass eine Verschärfung der strafrechtlichen Regelungen Schwangere in emotionalen Ausnahmensituationen in die Illegalität oder in andere Staaten treibe, in denen dahingehende Schwangerschaftsabbrüche zulässig sind. Anstatt einer Verschärfung des strafrechtlichen Rahmens brauche es vielmehr staatliche Fördermaßnahmen, um Eltern die Angst vor der Erziehung von behinderten Kindern zu nehmen, und diese auch dabei zu begleiten.
Kritische Schlussfolgerung: UN-Behindertenausschuss verlange keine Aufhebung der embryopathischen Indikation
Aus einer in Vorbereitung der bevorstehenden zweiten österreichischen Staatenprüfung Ende 2018 vom UN-Behindertenrechtsausschuss erarbeiteten Liste von 45 Themen (beantwortet im Gutachten des BM für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: Österreichs Verpflichtungen durch die UN-Behindertenrechtskonvention, 2018) ergebe sich darüber hinaus, dass eine Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs auf Grundlage des § 97 Abs 1 Z 2 3. Fall StGB nicht mehr verlangt wird, wenn in Ziffer 16 des Fragenkatalogs dazu aufgefordert werde, anzugeben, „ob das Gesetz, das den Schwangerschaftsabbruch aufgrund einer möglichen Behinderung des Fötus zulässt, zu einer weiteren Stigmatisierung und Stereotypisierung von Menschen mit Behinderungen und ihrer Eltern im Vertragsstaat geführt hat“. Ein Schluss, der für Dr. Stephanie Merckens, Juristin am Institut für Ehe und Familie (IEF) nur schwer nachvollziehbar ist. Die Aufforderung nachzuweisen, ob es durch die Regelung zu einer Stigmatisierung kommt, sei keine Aussage über das „Erfordernis einer Kriminalisierung“, sondern bloß eine Vorfrage, ob es durch die unterschiedliche Wertung zwischen behindert und unbehindert zu einer diskriminierenden Entsolidarisierung komme. Eine Vorfrage, die zudem nach der überwiegenden Erfahrung Betroffener bejaht werden müsse, ist Merckens überzeugt.
Beratungseinrichtungen informieren über Schwangerschaftsabbruch
Zuletzt wird in der Stellungnahme des Bundesministeriums auf bestehende Beratungseinrichtungen hingewiesen. Für schwangere Frauen und werdende Eltern, die sich überlegen würden, das Risiko für Fehlbildungen des ungeborenen Kindes abschätzen zu lassen, würden „verschiedene Stellen umfangreiche Informationen“ anbieten. Dabei würden „die Vor- und Nachteile der Untersuchungen, ihre Aussagekraft, mögliche Risiken, aber auch mögliche Folgen wie ein Schwangerschaftsabbruch besprochen.“ Ergebe eine pränataldiagnostische Untersuchung ein positives bzw. auffälliges Ergebnis, sei eine „psychosoziale Beratung und Betreuung besonders wichtig, um die psychische Belastung der Schwangeren bzw. der werdenden Eltern abzufedern und mögliche weitere Schritte zu besprechen.“
Care Management am IEF
In diesem Zusammenhang verweist das IEF in eigener Sache auf die jüngste Erweiterung seines umfangreichen Ehe-, Familie- und Lebensberatungsangebots. Mit Care Management bietet das Institut der Österreichischen Bischofskonferenz konkrete rechtliche Beratung für Familien mit Minderjährigen mit Behinderung an. Gemeinsam mit einer speziell geschulten Juristin werden Ratsuchende über Förderungen, gesetzliche Möglichkeiten und Hilfsangebote informiert und durch den Antragsmodus begleitet. Dieses Angebot gilt auch für Eltern, die eine Kind mit Behinderung oder Erkrankung erwarten. (KL)