Hilfswerk veröffentlicht neue Daten zur 24-Stunden-Betreuung
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IEF, 20.7.2018 – Um die Diskussion zur 24-Stunden-Betreuung zu versachlichen, ermittelte das Hilfswerk Österreich aktuelle Fakten und veröffentlichte kürzlich die Ergebnisse einer großangelegten Studie dazu.

Emotional geführte Debatte

Aufgrund der von der Bundesregierung angestrebten Reformen wie der Einführung von Qualitätsstandards in der Pflege sowie die geplante Indexierung der Familienbeihilfe und die möglichen Auswirkungen auf die 24-Stunden-Betreuung, sei die 24-Stunden-Betreuung Gegenstand emotional geführter Diskussionen gewesen. Laut Pressemitteilung des Hilfswerks Österreich sollen die ermittelten Daten die Diskussion versachlichen und bereichern.

Hilfswerk begrüßt Qualitätsstandards

Die von der Bundesregierung geplante Einführung eines Gütesiegels für Agenturen, die 24-Stunden-Betreuung anbieten, begrüßte Hilfswerk-Präsident Othmar Karas. „24-Stunden-Betreuung braucht wie jede Form der Pflege und Betreuung gesicherte Qualität“, so Karas. Und Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerks ergänzt: „Im Idealfall verbindet man die Qualitätsfrage mit der mehrfach angedachten Erhöhung der Förderung für 24-Stunden-Betreuung, die seit mehr als elf Jahren nicht valorisiert wurde.“

Studie zur Situation und Zufriedenheit in der 24-Stunden-Betreuung

Die empirische Studie zur Situation und Zufriedenheit in der 24-Stunden-Betreuung, die mit dem Beratungsunternehmen TQS Research & Consulting 2017/2018 durchgeführt wurde, stellt nun aktuelle Daten u.a. zu folgenden Fragen zur Verfügung: Wie steht es tatsächlich um die 24-Stunden-Betreuung, die von rund 25.000 Personen in Österreich genutzt wird? Wo liegen etwaige Schwachstellen? Wo besteht tatsächlich Reformbedarf? Und: Wie erleben die Betreuer/innen, die Pflegebedürftigen bzw. ihre Angehörigen die 24-Stunden-Betreuung?

Ergebnisse der Befragung unter den Betreuern

Die befragten Betreuer seien zum überwiegenden Teil (88,7 Prozent) weiblich. Rund zwei Drittel (66,3 Prozent) stammten aus der Slowakei, gefolgt von Kroatien (18,2 Prozent) und Bulgarien (12,5 Prozent). 68,3 Prozent der Befragten hätten ein Kind im Alter von 15 Jahren oder älter, 12,8 Prozent hätten ein Kind unter 15 Jahren. 44 Prozent hätten die Reifeprüfung abgelegt, 22 Prozent ein Studium abgeschlossen. 71 Prozent der Befragten nannten die besseren Verdienstmöglich­keiten als Hauptgrund, Pflege- und Betreuungsarbeit in Österreich zu leisten. Die Unterstützung im Haushalt, beim An- und Auskleiden sowie bei der Körperpflege gehörten zu den wichtigsten Aufgaben der 24-Stunden-Betreuung. Besonders wichtig seien auch der soziale Aspekt des Gesellschaftleistens sowie ärztlich angeordnete Tätigkeiten wie das Verabreichen von Arznei­mitteln oder Wundversorgung. 80 Prozent seien zufrieden oder sehr zufrieden mit der konkreten Arbeit in der Familie, mit der Vermittlung und Unterstützung durch das Hilfswerk sowie mit Schulungen und Anleitungen. Als Beweggrund für die Arbeit beim Hilfswerk gaben zwei Drittel der Befragten den guten Ruf und die Verlässlichkeit der Organisation an. Auch die rasche Wiedervermittlung sei für 46 Prozent ein Argument für das Hilfswerk.

Ergebnisse der Befragung unter den gepflegten Personen bzw. deren Angehörigen

Ausschlaggebend für die Wahl einer 24-Stunden-Betreuung sei eindeutig der Verbleib in den eigenen vier Wänden (95 Prozent), gefolgt vom Erhalt des sozialen Umfelds (61 Prozent) und der Privatsphäre der betreuten Person (57 Prozent). Finanzielle Gründe, weil die 24-Stunden-Betreuung günstiger als die stationäre Pflege ist, spielten eine untergeordnete Rolle (8 Prozent). 48 Prozent der Befragten gaben als Ursache für die Inanspruchnahme einer 24-Stunden-Betreuung eine Verschlechterung des Allgemeinzustands der pflegebedürftigen Person an, 45 Prozent gaben einen vorangegangenen Krankenhausaufenthalt an. Demenzerkrankung (33 Prozent) sowie eine Entlastung der pflegenden Angehörigen bzw. eine für die Situation nicht mehr ausreichende Hauskrankenpflege wurden von jeweils 22 Prozent als Grund genannt. Mehr als 80 Prozent der betreuten Personen bzw. ihre Angehörigen bewerteten ihre aktuelle Lebens­qualität dank 24-Stunden-Betreuung mit sehr gut oder gut. Vier von fünf Befragten gaben an, dass sich die Lebensqualität durch die 24-Stunden-Betreuung des Hilfswerks verbessert hätte. Das durch die ständige Anwesenheit einer Betreuungskraft gewonnene Gefühl von Sicherheit sowie die praktische Hilfestellung im Alltag spielt für die betreuten Personen laut Erhebung eine wesentliche Rolle. Auch soziale Aspekte (Ansprache) seien wichtig. Angehörige fühlten sich zu 88 Prozent entlastet, wobei auch eine Abnahme von Stress und psychischer Belastungen positiv vermerkt wurde.

Finanzielle Einbußen durch Indexierung der Familienbeihilfe

Im Zusammenhang mit der umstrittenen Indexierung der Familienbeihilfe wurden auch finanzielle Einbußen des Betreuungspersonals für die 24-Stunden-Pflege diskutiert. Im Ergebnis macht die Familienbeihilfe, die in Österreich angestellte Personen auch für ihre im Ausland lebenden Kinder beziehen, neben dem Grundgehalt einen wesentlichen Teil des Einkommens des Pflegepersonals aus. Auch wenn die Indexierung der Familienbeihilfe systematisch erklärbar ist, müssten diese konkreten Einbußen ausreichend mitberücksichtigt und im Hinblick auf den Erhalt des strukturell essentiellen Systems der 24-Stunden-Pflege ausgeglichen werden, meint dazu Dr. Stephanie Merckens vom Institut für Ehe und Familie (IEF).

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