CH_DE / Medien: Negative Folgen von Pornografiekonsum

IEF, 11.02.2020 – Neueste Studien verdeutlichen den Zusammenhang zwischen Pornografiekonsum, einer Zunahme strafbaren Sexualverhaltens und Veränderungen im Gehirn.

Zahlen belegen sprunghaften Anstieg des Pornografiekonsums

Das Pornografieportal „Pornhub“ hat in einem Jahresrückblick aktuelle Zahlen über das Nutzerverhalten bekanntgegeben. Demnach sei die Website im Jahr 2019 42 Milliarden mal aufgerufen worden, was einen Anstieg um fast 30 Prozent gegenüber 2018 bedeute. Zudem würden pro Minute 13 Filme hochgeladen. Die NZZ bezeichnet den Pornografiekonsum in einem Artikel als Massenphänomen.

Aufgrund dieser Zahlen spricht die Psycho- und Sexualtherapeutin Ursina Brun del Re davon, dass „man mit pornografischem Material überschwemmt“ werde. Eine im Rahmen ihrer Doktorarbeit durchgeführte Umfrage habe zudem ergeben, dass 93% aller Männer und 57% aller Frauen, welche sich in einer Beziehung befinden, im vergangenen Jahr Pornografie konsumiert hatten. Davon 40% mindestens einmal pro Woche.

Übermäßiger Pornografiekonsum erhöht die Gefahr von sexuellen Übergriffen

Der im mannebüro züri (Zürich), einer Beratungs- und Informationsstelle für Männer, tätige Martin Bachmann berichtet davon, dass die Anzahl der Männer, die aufgrund ihres Pornografiekonsums zu ihm in die Beratung kommen, in den vergangenen Jahren stark angestiegen sei. Des Weiteren führe ein Gewöhnungseffekt dazu, dass die Toleranzschwelle erhöht und immer härteres Material geschaut werde, bis hin zu verbotener Pornografie. Hierzu zählen Gewaltdarstellungen mit Frauen und Pornografie mit Kindern und Jugendlichen. Ein Teil der Männer, der gewalthaltige Pornografie konsumiere, probiere die entsprechenden Sexualpraktiken dann auch in der Wirklichkeit aus.

Laut NZZ steht fest, dass der steigende Konsum von Pornografie Auswirkungen auf das reale Sexualverhalten vor allem von Männern habe und sich die Hinweise aus wissenschaftlicher Forschung und therapeutischer Praxis verdichten, dass „übermäßiger Pornografiekonsum die Gefahr von sexuellen Übergriffen auf Frauen erhöht“.

Der leitende Arzt an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich und Privatdozent am Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie des Universitätsklinikums in Hamburg, Andreas Hill, berichtet aufgrund verschiedener Studien und Metastudien, dass der Konsum von Pornografie und besonders von Gewaltpornografie strafbares Sexualverhalten fördern könne. Er weist in diesem Zusammenhang auf eine Studie aus Schweden hin, laut der 10,5% der 18-jährigen Männer täglich Pornografie konsumieren würden, wovon die Hälfte Praktiken aus den Filmen in der Wirklichkeit ausprobieren und von diesen wiederum ein Viertel sexuelle Übergriffe begehen würden.

In diesem Zusammenhang ist auf eine Studie der amerikanischen Psychologin Ana Bridges zu verweisen, welche die 50 meistgesehenen Pornofilme untersuchte und zu dem Schluss kam, dass es in fast 90% der Szenen zu körperlichen Übergriffen kam.

Studien liefern beunruhigende Zahlen zum Pornografiekonsum junger Menschen

Der Berliner Kurier berichtet in seinem Artikel „Die Sucht, die die Liebe tötet“ von weiteren Studien, welche zeigen, dass der Pornografiekonsum gerade bei der „Generation Z“ (geboren ab dem Jahr 2000) stark ansteigt. Um vermeintliche Nähe und Authentizität zu bekommen, sind vor allem Livesex-Angebote vor der Webcam in dieser Generation gefragt. Laut einem Trendbericht des Web-Portals „Stripchat“ sind junge Nutzer eher bereit Geld für ihren Pornografiekonsum auszugeben. Fast 8 Prozent der unter 24-jährigen hatten in einer dementsprechenden Umfrage angegeben, über 1000€ im Monat dafür auszugeben.

Forscher der Unis Hohenheim und Münster haben in der Studie „Jugend, Internet und Pornografie“ aus 2018  über eintausend Jugendliche im Alter von 14 bis 20 Jahren befragt. 46 Prozent hatten bereits Pornos gesehen. Bei den 14- bis 15-Jährigen sind es bereits 32 Prozent. Im Schnitt schauen die Kinder das erste Mal mit 12,7 Jahren harte Pornos im Internet.

Auswirkungen eines erhöhten Pornografiekonsum sind bereits feststellbar

Laut der Paartherapeutin Heike Melzer kämen Kinder, sobald sie ein Smartphone besitzen, unwillkürlich mit Pornografie in Kontakt und sähen „alles, was es auf diesem Planeten gibt oder in der Vorstellung von findigen Produzenten existiert“. Viele der Kinder und Jugendlichen würden täglich Pornografie konsumieren. Dieses führe dazu, dass die Süchte, in diesem Fall speziell die Pornosucht, bereits in der Pubertät entstehen würden.

Heike Melzer, die in ihrer Praxis zahlreiche Sexsüchtige, Pornosüchtige und Menschen mit sexuellen Funktionsstörungen behandelt, stellt aber auch fest, dass es neben dem steigenden Pornografiekonsum bei Jugendlichen auch einen Gegentrend gebe. Immer mehr Menschen wollen „wieder autark und frei Sexualität in der Beziehung erleben“.

Pornografiekonsum verändert die Gehirnstruktur

In einer Studie von Forschern des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und der Charité konnte bereits 2014 festgestellt werden, dass ein hoher Ponografiekonsum einen Einfluss auf die Struktur des Gehirns hat. Konkret ist bei Menschen mit einem hohen Konsum der sogenannte Schweifkern (Nucleus caudatus) verkleinert. Dieser Hirnteil ist wichtig zum Entdecken und Wahrnehmen von Belohnungen und um Motivation zu erzeugen.

Die Studienteilnehmer mit dieser Veränderung tranken zudem mehr Alkohol und fühlten sich stärker depressiv, auch waren die Werte auf der Skala für Sexsucht erhöht. (MM)

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