FI / Menschenrechte: Meinungsfreiheit auch für Christen?
IEF, 29.04.2020 – Gegen die vormalige finnische Innenministerin, Vorsitzende der Christdemokraten (KD) und Parlamentsabgeordnete Päivi Räsänen, die öffentlich zu ihren christlichen Überzeugungen steht, ermittelt jetzt die Polizei.
Ermittlungen nach Posting einer Bibelstelle
Wie unter anderem die Tagespost berichtet, ist Anlassfall für die Polizeiermittlungen ein Tweet Räsänens im Kurznachrichtendienst Twitter im Juni 2019. Nachdem die Evangelisch-Lutherische Kirche Finnlands (ELCF) bekannt gegeben hatte, die „Helsinki Pride 2019“, eine Parade von Homo- und Bisexuellen sowie Transgenderpersonen (LGBT), als Partner zu unterstützen, übte Räsänen – selbst Mitglied der ELCF und Ehefrau eines Pastors – Kritik an dieser Entscheidung. Wörtlich schrieb sie auf Twitter: „Wie passt es mit der Grundlage der Kirche, der Bibel, zusammen, Schande und Sünde zum Stolz zu erheben?“ und postete ein Foto der folgenden Bibelstelle: „Darum lieferte Gott sie durch die Begierden ihres Herzens der Unreinheit aus, sodass sie ihren Leib durch ihr eigenes Tun entehrten. Sie vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge, sie beteten das Geschöpf an und verehrten es anstelle des Schöpfers – gepriesen ist er in Ewigkeit. Amen. Darum lieferte Gott sie entehrenden Leidenschaften aus: Ihre Frauen vertauschten den natürlichen Verkehr mit dem widernatürlichen; ebenso gaben die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau auf und entbrannten in Begierde zueinander; Männer trieben mit Männern Unzucht und erhielten den ihnen gebührenden Lohn für ihre Verirrung. (Röm 1, 24-27)”.
ADF unterstützt Räsänens Verteidigung
Wie die finnische Polizei bestätigt, wurden nun Ermittlungen aufgrund „mutmaßlicher Aufwiegelung gegen sexuelle und Gender-Minderheiten“, aufgenommen. „Da wir in einem demokratischen Land leben, müssen wir in der Lage sein, uns gegenseitig zu widersprechen und unsere unterschiedlichen Meinungen zum Ausdruck zu bringen. Gerade bei so wichtigen Themen wie der menschlichen Sexualität müssen wir die Möglichkeit haben, miteinander zu diskutieren“, zeigt sich Päivi Räsänen kämpferisch. ADF International erklärte, Räsänens Verteidigung zu unterstützen und den Fall auch in der Öffentlichkeit bekannt machen zu wollen. „In einer freien Gesellschaft sollte jeder öffentlich zu seinen Überzeugungen stehen können und zwar ohne Angst vor Zensur. Dies ist die Grundlage für jede freie und demokratische Gesellschaft. (…) Solche Fälle stehen für die dramatische Ausbreitung der Zensur und fördern Angst in der Bevölkerung. Und sie werden immer häufiger in ganz Europa“, so Paul Coleman, Executive Director von ADF International.
Kämpferin für christliche Werte
Wie das Schweizer Online Magazin jesus.ch schreibt, ist Räsänen seit Längerem für die Verteidigung traditionell-christlicher Ansichten in diversen ethischen Bereichen, etwa betreffend Abtreibung, Euthanasie und des Eherechts bekannt. Offiziell gehören 69 Prozent der Finnen der Evangelisch-Lutherischen Kirche an, jährlich nimmt diese Zahl jedoch um ein bis zwei Prozentpunkte ab. Die Partei der Christdemokraten, denen Räsänen angehört, stellt derzeit nur fünf von 200 Sitzen des finnischen Parlaments. Als sich Räsänen als damalige finnische Innenministerin 2013 in einer Rede auf den evangelisch-lutherischen Missionstagen in Kankaanpää negativ zu Abtreibung und gleichgeschlechtlichen Ehen äußerte, kam es zu einer erhöhten Zahl von Kirchenaustritten. Damals hatte Räsänen erklärt, es gebe Fälle, in denen man sich fragen müsse, ob man den Mut zeigen sollte, gegen die öffentliche Meinung oder Norm, den Druck durch andere Menschen und manchmal sogar gegen das Gesetz zu handeln.
Als Ärztin Abtreibungsgegnerin
Im Interview mit dem christlichen pro-Magazin sagte sie damals: „Als das Medieninteresse an meiner Rede aufkam, sollte ich konkrete Beispiele dafür nennen, wann Gottes Wort Vorrang vor menschlichen Gesetzen hat. […] Ich habe […] angeführt, dass ich als Ärztin, was mein ziviler Beruf ist, mit Abtreibung konfrontiert war. Als Christin habe ich mich wegen meines Gewissens geweigert, Abtreibungen durchzuführen. Das Abtreibungsrecht in Finnland erkennt aber nicht das Recht eines Arztes an, die Durchführung einer Abtreibung aufgrund des Gewissens abzulehnen. Deswegen kommen Christen manchmal in Situationen, in denen die einzige Lösung für sie ist, sich einer Situation, zum Beispiel ihrem Beruf, zu entziehen, wenn sie verlangt, gegen Gottes Wort zu verstoßen.“ Das sei möglich, ohne das Gesetz zu brechen. „Ich habe auch klar gemacht, dass Christen unter finnischem Gesetz in der Regel nicht mit solchen Entscheidungen konfrontiert sind und dass das finnische Gesetz eingehalten werden muss.“
Bibelzitate dürfen nicht illegal sein
Räsänen, die zahlreiche Unterstützungserklärungen aus aller Welt erhält, zeigt sich indessen unbesorgt. Sie gehe nicht davon aus, dass der Fall an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet werde, erklärte sie auf Twitter. Jedoch sei sie „besorgt“, wenn „Bibelzitate auch nur für einigermaßen illegal gehalten werden“. Sie hoffe, „dass dies nicht zur Selbstzensur der Christen führen wird“. (KL)