AT / Lebensende: Medienpreis „Papageno“ für suizidpräventive Berichterstattung verliehen
IEF, 11.09.2020 – Der dieses Jahr zum zweiten Mal verliehene Medienpreis geht an die ORF- Journalistin Ursula Theiretzbacher.
Der Medienpreis wurde anlässlich des am 10. September stattfindenden Welttages der Suizidprävention verliehen. Medienberichte über Suizide spielen eine wichtige Rolle in der gesellschaftlichen Aufklärung und der Prävention, betont das Sozialministerium, das diesen Preis initiiert hat. Insbesondere konnte nachgewiesen werden, dass eine bestimmte Form der Berichterstattung nicht nur Imitationssuizide verhindere, sondern generell suizidpräventiv wirken könne. Dieser sogenannte „Papageno-Effekt“ bezieht sich auf die Figur des Papageno aus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“, der mithilfe anderer (der drei Knaben) seine Selbstmordgedanken überwinden konnte.
Kampf gegen steigende Suizidraten
Wie die APA berichtete, sterben täglich mehr als drei Menschen durch Suizid in Österreich. Bei unter 50-Jährigen gelte es als eine der häufigsten Todesursachen, unter den 15- bis 29-Jährigen als zweithäufigste. Zugleich sei Suizid eine der vermeidbarsten Todesursachen. Durch das 2012 präsentierte nationale Suizidpräventionsprogramm SUPRA (Suizidprävention Austria) konnten bereits eine Reihe von Maßnahmen zur Suizidprävention umgesetzt werden. Bereits zwei Mal wurde das Programm auf europäischer Ebene ausgezeichnet. „Der Papageno-Medienpreis ist ein wichtiger Bestandteil des nationalen Suizidpräventionsprogramms SUPRA mit dem Ziel, Menschen in Krisen den Weg in das Helfersystem zu erleichtern. Jede Maßnahme, die das Hilfesuchverhalten positiv beeinflusst, wirkt suizidpräventiv“, erläutert der Vorsitzende der Österreichischen Gesellschaft für Suizidprävention, Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Haring. Öffentlichkeitsarbeit und die Thematisierung von suizidpräventiven Inhalten in den Medien sei daher ein wichtiger Wirkfaktor der Prävention, sagt Dr. Thomas Kapitany, ärztlicher Leiter des Kriseninterventionszentrums. „Es geht darum, eine offene und verständnisvolle Haltung gegenüber Menschen in Krisen in den Medien zu verbreiten und kontinuierlich dazu beizutragen, die Schwelle zu senken, Hilfe in Anspruch zu nehmen“, so Kapitany. Im Zusammenhang mit Suizidprävention sieht Dr. Kapitany auch eine mögliche Erleichterung des assistierten Suizides kritisch. Insbesondere verweist er gegenüber dem IEF auf das Positionspapier der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik aus dem Jahr 2017, in der die ÖGPPP eine Änderung der gesetzlichen Situation in Österreich zum Thema Sterbe- und Suizidhilfe, insbesondere eine Reform des § 78 StGB („Mitwirkung am Selbstmord“) oder des § 77 StGB („Tötung auf Verlangen“) entschieden ablehnt. Lesen Sie dazu auch den IEF-Beitrag „Suizid braucht keine Beihilfe – Suizid braucht Prävention“.
Worte der Preisträgerin
Mag. Ursula Theiretzbacher, die diesjährige Preisträgerin für ihren Beitrag „Tabuthema Suizid: Reden hilft“, kam in ihrer Dankesrede vor allem auf die Coronakrise zu sprechen. Die Krise bedeute für fast alle eine massive psychosoziale Belastung. Ein Gesicht auf einem Bildschirm könne keine körperliche Nähe ersetzen, schon gar keine Umarmung. Dennoch könne man massiv Gefährdete durch den Ausbau von Online- und telefonischer Unterstützung auffangen. Theiretzbacher forderte langfristig finanzierte psychologische Unterstützung für breite Bevölkerungsschichten, eine Verstärkung von Kriseninterventionstelefonen und schneller verfügbare und mehr Psychotherapieplätze.
„Journalistinnen und Journalisten beeinflussen durch die Art und Weise einer Reportage über Suizid auch die gesellschaftliche Wahrnehmung des Themas. Der Siegesbeitrag zeigt eindrucksvoll, wie Medienberichterstattung dazu beitragen kann, Suizide zu verhüten“, erklärte Gesundheitsminister Rudolf Anschober anlässlich der Preisverleihung. (TS)