DE / Lebensende: Bundesverwaltungsgericht weist Klage auf Herausgabe von lebensbeendenden Arzneimitteln zurück
IEF, 7.6.2019 – Das deutsche Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wies in letzter Instanz die Klage eines lang verheirateten Paares auf Erlaubnis zur gemeinsamen Selbsttötung ohne Vorliegen einer krankheitsbedingten Notlage zurück.
Kläger wollen ihr Leben gemeinsam beenden
Die beiden seit 1968 verheirateten Kläger, geboren 1937 und 1944, hatten im Juni 2014 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Herausgabe von 15 Gramm Natrium-Pentobarbital zum Zweck einer gemeinsamen Selbsttötung verlangt. Begründend hatten sie ausgeführt, ihr Leben zu einem Zeitpunkt beenden zu wollen, zu dem sie noch handlungsfähig und von schweren Erkrankungen verschont seien. Darüber hinaus wollten sie nicht miterleben, wie ihre körperlichen und geistigen Kräfte immer weiter nachlassen und es sei stets ihr Wunsch gewesen, den Lebensabend nicht ohne den anderen verbringen zu müssen.
Auch Vorinstanzen lehnten das Begehren ab
Im Oktober 2014 lehnte das BfArM den Antrag der Kläger ab mit der Begründung, dass der Erwerb eines Betäubungsmittels mit dem Ziel der Selbsttötung nicht erlaubnisfähig sei. Das im Instanzenzug angerufene Verwaltungsgericht Köln (VG Köln, 7 K 14/15) wies die Klage im Dezember 2015 ab, auch die Berufung an das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG Münster, 13 A 3079/15) wurde im Februar 2017 abgewiesen, die Revision an das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig jedoch aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen.
BVerwG: Zweck des Gesetzes ist das Leben zu schützen
Am 28.5.2019 wies nun auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 3 C 6.17) die Revision zurück. In der Begründung führte das Höchstgericht aus, dass die Erlaubnis zum Erwerb eines Betäubungsmittels dann zu versagen sei, wenn sie nicht dem gesetzlich vorgesehenen Zweck diene, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Im vorliegenden Fall fehle es an einer therapeutischen Zielrichtung. Insbesondere diene die Verwendung des beantragten Betäubungsmittels den Antragsstellern nicht dazu „Krankheiten oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern“, wie es in der Pressemitteilung zum Urteil heißt. Die Erteilung einer Erwerbserlaubnis zum Zweck der Selbsttötung sei grundsätzlich ausgeschlossen, weil sie mit dem Ziel des Betäubungsmittelgesetzes, die menschliche Gesundheit und das Leben zu schützen, nicht vereinbar sei. Dieser Gesetzeszweck rechtfertige es auch verfassungsrechtlich, den Zugang zu einem Betäubungsmittel zu verbieten.
Abweichen vom Grundsatz in „extremen Ausnahmesituationen“
Wie das Institut für Ehe und Familie berichtete, hatte das deutsche Bundesverwaltungsgericht in einem vorangegangenen, sehr umstrittenen Urteil vom 2.3.2017 (BVerwG 3 C 19.15) entschieden, dass Schwerkranke in „extremen Ausnahmesituationen“ Anspruch auf Medikamente zur schmerzlosen Selbsttötung hätten. Das BfArM dürfe demnach schwer und unheilbar Kranken in Extremfällen den Zugang zu Betäubungsmitteln nicht verwehren, sofern die Betroffenen entscheidungsfähig seien und sich frei und ernsthaft für die Beendigung ihres Lebens entschieden hätten. Diese im Urteil vom 2.3.2017 skizzierte extreme Ausnahmesituation sei jedoch bei den Antragsstellern des jüngeren Verfahrens (BVerwG 3 C 6.17) nicht gegeben, weswegen dem Antrag rechtmäßiger Weise nicht stattgegeben worden war und mangels einer ungeklärten Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung die Revision zurückgewiesen wurde. Das Urteil im Wortlaut war zu Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht. (KL)