DE / Reproduktionsmedizin: Kinderwunsch-Messe in Berlin bewirbt in Deutschland verbotene Methoden

IEF, 22.02.2017 – Vergangenes Wochenende fanden in Berlin zum ersten Mal die im Vorfeld höchst umstrittenen „Kinderwunsch-Tage“ statt. Organisiert wurde die Messe vom britischen Veranstalter F2F Events, der damit ungewollt kinderlose und homosexuelle Paare ansprechen wollte. Unter den Ausstellern waren nicht nur Stresstherapeuten, Yogalehrer oder Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln. Etliche Aussteller-Kliniken hatten Leistungen im Portfolio, die in Deutschland nicht oder nur eingeschränkt möglich bzw. erlaubt sind. So bewarb das Oregon Reproductive Medicine (ORM) (USA), das sich als „Full-Service-Kinderwunschzentrum“ präsentiert, seine Eizellspendenprogramme. Die Klinik koordiniert aber auch IVF-Vorgänge, bei denen eine Leihmutter das Kind austrägt, Präimplantationsdiagnostik inklusive. Auch IVF-Spain, eine Reproduktionsklinik mit Sitz in Alicante, warb bei Paaren mit Kinderwunsch. Schwerpunkte des Anbieters sind immunologische beziehungsweise genetische Probleme sowie anonyme Eizellspenden.

Der Berufsverband der Frauenärzte gab in einer Presseaussendung bereits Anfang Februar bekannt, dass er die Veranstaltung ausdrücklich nicht unterstütze. Einerseits würden Maßnahmen der Kinderwunschbehandlung angeboten, die in Deutschland nicht oder nur sehr eingeschränkt erlaubt wären, anderseits sei „nicht zuverlässig sichergestellt, dass bei allen Ausstellern die Gesundheit der behandelten Paare immer an oberster Stelle steht und Vorrang vor finanziellen Erwägungen hat, bzw. dass Paaren keine unhaltbaren Versprechen gemacht und unsinnige finanzielle Belastungen vermieden werden.“ Zudem sei nicht in jedem Fall feststellbar, ob die Qualitätsstandards der auf der Messe ausstellenden Zentren und Institutionen mit den vorgegebenen hohen Standards in Deutschland vergleichbar seien, bemängelte der Verband. Kritik kam auch seitens der katholischen Kirche. Familienbischof Heiner Koch, Erzbischof von Berlin, bezeichnete es als gut, dass in Deutschland nicht alles erlaubt, was medizinisch möglich und andernorts bereits legal sei. Obwohl er um die Not der kinderlosen Paare wisse und diese ernst nehme, hielte er außerdem den Begriff „Kinderwunsch“ für problematisch, da er suggeriere, dass der Mensch sich diesen Wunsch selber erfüllen könne. Kinder seien aber in erster Linie ein Geschenk, so der Erzbischof. Vehementen Widerspruch  gab es ebenso aus den Reihen der deutschen Volksparteien. Laut Ärzteblatt sprach der SPD-Gesundheitsexperte Rene Röspel von Angeboten, die zu einer „unmenschlichen Beliebigkeit“ führen würden.  Da „von sieben behandelten Frauen  sechs am Ende ohne Kind nach Hause“ gingen, kämen viele Betroffene in eine „hoffnungslose Situation“, so Röspel. Der familienpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Mar­cus Weinberg, fand inhaltlich noch klarere Worte. Er verurteile die Leihmutterschaft, da sie das Kind zum „Bestellobjekt“ und die Frau als „Mittel zum Zweck“ verkaufe, so Weinberg. Weinberg sah „die Staatsanwaltschaft in der Pflicht, die Werbung ausländischer Anbieter von Leihmutterschaft auf den Kinderwunsch-Tagen in Berlin zu untersagen“, da der Gesetzgeber die „Mutter-Kind-Beziehung, die in der Schwangerschaft beginnt“, schützen wolle. Ein Verbot der Kinderwunsch-Tage konnte Weinberg schlussendlich jedoch nicht durchsetzen.

Dr. Stephanie Merckens, Referentin für Biopolitik am Institut für Ehe und Familie (IEF), hält eine Veranstaltung wie die Kinderwunschtage in Österreich für verboten. Das im Zuge der Reform des Fortpflanzungsmedizingesetzes 2015 eingeführte Werbeverbot gelte umfassend. Auch Informationstätigkeiten, die darauf abzielten, Anreize zur Überlassung oder Vermittlung von Samen, Eizellen oder entwicklungsfähigen Zellen zu schaffen, seien in Österreich verboten, so die Juristin.

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