AT / Ehe: KAÖ-Präsidentin kritisiert politisches Agieren des VfGH
IEF, 6.12.2017 – Nach dem Entscheid des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), die Ehe ab 2019 auch für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen, sieht die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Gerda Schaffelhofer, die Kirche gefordert, den Wert der sakramentalen Ehe ins Zentrum zu rücken.
Viele Katholiken sehen das Wesen der Ehe nicht mehr
Die Reaktionen auf den VfGH-Entscheid zeigten für Schaffelhofer, dass offenbar auch viele Katholiken die kirchliche Auffassung vom Wesen der Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau mit der prinzipiellen Möglichkeit, gemeinsame Kinder zu zeugen, nicht mehr uneingeschränkt teilten.
„Politische Handschrift des VfGH ist kritisch zu hinterfragen“
Gleichzeitig werfe das Urteil für die Präsidentin der KAÖ die Frage auf, welche Rolle dem VfGH im politischen Gefüge in Österreich zukomme bzw. welche Rolle dieser einnehmen wolle. Wie der Präsident des Österreichischen Familienverbands Alfred Trendl, verweist Schaffelhofer auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), die die potentielle leibliche Elternschaft als wesentliches Merkmal anerkannte und keine Diskriminierung darin sieht, dass für unterschiedliche Beziehungen unterschiedliche Rechtsinstitute vorgesehen sind. „Ich würde die Rolle des VfGH vor allem darin sehen, Gesetze auf ihre Verfassungsgemäßheit zu prüfen. In manchen Entscheiden des Gerichts sehe ich aber eine Tendenz, selbst Gesellschaftspolitik zu betreiben. Hier zieht der VfGH meiner Einschätzung nach Kompetenzen an sich, die zuallererst dem Gesetzgeber, sprich dem Parlament zustehen“, so Gerda Schaffelhofer kritisch. Allerdings werde diese Vorgehensweise von einigen Parteien indirekt sogar gutgeheißen, um nicht selbst Position beziehen zu müssen und damit mögliche Wählerschichten zu vergrämen.
VfGH wäre längst bei anderen Themen gefragt
Statt in Kompetenzen des einfachen Gesetzgebers einzugreifen, hätte sich der VfGH schon längst intensiver mit den Rechten behinderter Menschen auseinandersetzen müssen, mahnt Schaffelhofer: „Dass die eugenische Indikation, die eine Abtreibung behinderter Kinder bis kurz vor der Geburt erlaubt, vom VfGH bisher nicht beeinsprucht wurde, ist ein Skandal. […]“ Auch die Einforderung der Einhaltung der Kinderrechte wäre ein reiches Betätigungsfeld, ergänzt die Präsidentin und verweist auf die offenen Forderungen nach einem zentralen Register für Samen- und Eizellenspenden. Aber auch Schweigen könne hier leider als politische Handschrift gewertet werden.