GB / Abtreibung: Junge Frau mit Down Syndrom klagt gegen Abtreibungsgesetze in Großbritannien
IEF, 11.03.2020 – Die 24-jährige Heidi Crowter sagt den Spätabtreibungsgesetzen bezüglich Kindern mit Down Syndrom den Kampf an und zieht vor Gericht.
Es ist die derzeitige Gesetzeslage, die die junge Britin zu dem Entschluss gebracht hat, die Regierung zu verklagen. Abtreibungen im Vereinigten Königreich sind bis zur 24. Schwangerschaftswoche legal, wobei die meisten von ungefähr 200.000 Abtreibungen jährlich vor der 13. Woche stattfinden, wie Catholic Weekly berichtet. Abtreibungen nach der 24. Woche sind nur dann gesetzlich erlaubt, wenn das Leben der Frau in Gefahr ist, eine fetale Anomalie vorliegt, die als „schwerwiegend“ eingestuft wird, oder wenn bei der Frau das Risiko schwerer körperlicher und geistiger Verletzungen besteht. Das bedeutet, dass Kinder bis zur Geburt abgetrieben werden können, wenn sie etwa eine Lippenspalte, Klumpfüße oder auch das Down Syndrom diagnostiziert bekommen haben. Gemäß Daily Mail Online nehmen durchschnittlich 9 von 10 Frauen diese Option in Anspruch nachdem sie die Diagnose Down Syndrom für ihr Kind erhalten haben.
„Es erinnert mich daran, dass mich niemand liebt.“
Gemeinsam mit Cheryl Bilsborrow, der Mutter des zweijährigen Hector, der ebenfalls Trisomie 21 hat, schrieb Heidi Crowter einen Brief an den britischen Gesundheitsminister Matthew Hancock mit dem Ziel, den Abortion Act 1967 dahingehend abzuändern, dass Spätabtreibungen bei Kindern mit nicht schwerwiegenden Behinderungen einschließlich Down Syndrom, verboten werden. „Momentan können Babys im Vereinigten Königreich bis zur Geburt abgetrieben werden, wenn sie als „schwer behindert“ betrachtet werden. Sie beziehen mich in diese Definition von „schwer behindert“ mit ein, nur weil ich ein zusätzliches Chromosom habe“, so Heidi Crowter in einem Bericht der Catholic Weekly. „Was sie sagen, ist, dass mein Leben nicht so wertvoll ist wie das anderer und ich denke nicht, dass das richtig ist. Ich denke, das ist eine ausgesprochene Diskriminierung“. In einem Interview gegenüber Channel 5 News erklärt Heidi, dass sie jenes Gesetz als betroffene Person als „zutiefst beleidigend“ empfindet und „es verletzt mich sehr und bringt mich zum Weinen. Es erinnert mich daran, dass mich niemand liebt“. Heidi möchte, dass man die Person hinter dem extra Chromosom sehe, deren innere Schönheit.
Ein gewisser Abtreibungsdruck besteht
„Es ist absurd“, zeigt sich Heidis Mutter Liz Crowter in einem Artikel von Christian Concern schockiert. „Fünf Minuten, bevor das Baby durch den Geburtskanal kommt, kann man es noch abtreiben, wenn der Verdacht besteht, dass das Baby Down Syndrom hat.“ Auch Cheryl Bilsborrow erzählt, dass sie einen gewissen Druck verspürt habe, eine Abtreibung vorzunehmen. Wenige Tage vor der Geburt wurde sie von ihrer Krankenschwester nochmals daran erinnert, dass ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 40. Woche vorgenommen werden könne, wenn das Kind Down Syndrom hat. Beide Mütter sind davon überzeugt, dass ihre Kinder ein vollkommenes Leben führen können.
Australien reagierte mit Anhörungskommission
Auch in Australien werden Eltern für die Rechte ihrer Kinder mit Down Syndrom laut. Unter ihnen Toni Mitchell, deren Sohn Joshy das Down Syndrom hat. Seit der Diagnose Down Syndrom müsse sie andauernd das Leben ihres Sohnes rechtfertigen, wie aus der Daily Mail Online hervorgeht. Sie hatte kaum Zeit, die Diagnose zu verarbeiten, als ihr schon ein Zettel mit einem Abtreibungstermin gereicht wurde. „Das war der Moment, in dem sie sein Leben verboten haben. Sie sagten, er sei es nicht wert, zu leben.“ Den Zettel schmiss Toni Mitchell in den Mistkübel. Nach mehreren Fällen wie diesen, richtete die australische Regierung letztes Jahr die Disability Royal Commission ein, die seither Anhörungen von Betroffenen, Eltern, Ärzten und Interessensgruppen im ganzen Land durchführt.
Kampagne zur Bewusstseinsförderung
Mit ihrem Vorhaben, die Abtreibungsgesetze abzuändern, sind Heidi Crowter und Cheryl Bilsborrow nicht allein. Unterstützung erhalten sie unter anderem von der englischen Schauspielerin Sally Phillips, deren Sohn Trisomie 21 hat, und der Kampagne “Don’t Screen Us Out” . Seit vier Jahren versucht die Kampagne, das Bewusstsein für die Änderung der Abtreibungsgesetze zu schärfen. Ins Leben gerufen wurde sie als Reaktion auf den Vorschlag der Regierung, einen neuen Test zur Erkennung des Down Syndroms einzuführen (Anm. d. Red.: In Deutschland wird etwa ein nicht-invasiver Test trotz Kritik von der Krankenkasse getragen). In einem Interview mit der CNA betont Lynn Murray, eine Sprecherin der Gruppe, die Wichtigkeit der Kampagne. Die meisten Menschen wüssten nicht einmal, dass Abtreibung in Großbritannien bis zur Geburt möglich ist. Deshalb darf Heidi Crowter auf deren Unterstützung hoffen. „Dieser Fall bringt die Leute dazu, darüber zu sprechen.“, so Murray.
Empfehlung der UNO ignoriert
Das Komitee der UNO für Rechte von Menschen mit Behinderung kritisiert immer wieder Länder, die eine Abtreibung aufgrund von Behinderung vorsehen, so auch Österreich. In Dänemark und Island beispielsweise liegt die Abtreibungsrate von Kindern mit Down Syndrom bei nahezu 100%. Right To Life zufolge gab das Komitee bereits 2017 eine Empfehlung ab, dass das Vereinigte Königreich seine Abtreibungsgesetze bezüglich Behinderungen dahingehend abändern solle, dass keine Diskriminierung gegenüber Kindern mit Behinderung mehr bestehe. Die Regierung beschloss jedoch, diese Empfehlung zu ignorieren. „Deswegen werde ich die Regierung mit anderen Mitgliedern der Down Syndrom Community verklagen, um sicherzustellen, dass Menschen aufgrund ihrer Behinderung nicht anders behandelt werden“, so Heidi Crowter Christian Concern zufolge. Aktuell sammelt sie 20.000 £, um die Prozesskosten bestreiten zu können. (TS)
Lesen Sie hier, wie ein Kind mit Down Syndrom das Leben seiner Familie verändert hat.