Kardinal Christoph Schönborn sprach bei der Vorbereitungskonferenz zum World Meeting of Families (WMOF2018; Weltfamilientreffen) in Dublin über die Familie. “Let’s talk family – Let’s be family” gab die irische Bischofskonferenz als Motto dieses Treffens aus. Die Kirche in Irland bereitet sich aktuell intensiv auf das neunte katholische Weltfamilientreffen vor. Diese wird von 21. bis 26. August 2018 in Dublin stattfinden. Die Vorträge des Wiener Erzbischofs stehen in diesem Kontext. Das IEF sammelt diesbezügliche Informationen unter www.weltfamilientreffen.at.

Das World Meeting of Families (WMOF2018) wird unter dem Leitwort: “Das Evangelium der Familie: Freude für die Welt” stehen. Papst Franziskus hat den irischen Bischöfen gegenüber sein Kommen für August 2018 zugesagt, allerdings wurde es noch nicht offiziell bestätigt. Das im Drei-Jahres-Rhythmus organisierte katholische Weltfamilientreffen versteht sich als internationales Forum für Christen, Familienverbände und Experten. Die Großveranstaltung geht auf eine Initiative von Papst Johannes Paul II. zurück.

Amoris laetitia ermutigt zu größerer Unterscheidung

“Amoris laetitia” verkünde keine Änderung der kirchlichen Lehrmeinung, betonte der Wiener Erzbischof. “Es ermutigt zu größerer Unterscheidung seitens der Kirche, wenn es um Sensitivitäten zur Familie heute geht. Das heißt, wir als Seelsorger müssen hören, auf alle, vielleicht haben wir vorher nicht so hingehört. Das gilt für Menschen in regulären und so genannten irregulären Beziehungen. Die Gesellschaft ist auf der Ehe gegründet, und die Schwächung der Familie stellt eine Bedrohung für Einzelpersonen darstellen, für Gemeinschaftswerte und – wie ‘Amoris laetitia’ sagt – den wertemäßigen Fortschritt der Gemeinden und der Länder. Familie zu fördern ist vielleicht unsere große Mission heute. Der Weg der Kirche ist der Weg Jesu, und das ist ein Weg der Barmherzigkeit und Wiederherstellung.”

Grundsätzlich sei zu sagen, dass die Ehelehre der Kirche für gültige Ehen die Unauflöslichkeit festhalte. “Papst Franziskus hat die Prinzipien nie in Frage gestellt. Diese Prinzipien sind solche der Bibel und des Evangeliums, der Lehre Jesu. Aber diese Feststellung ist nicht eine Antwort auf alle Einzelfälle und Situationen, die wir im Alltag zu bewältigen haben.” Schönborn betonte, der Papst habe in “Amoris laetitia” sehr klar gesagt, “dass wir in der Praxis die Unterscheidung ausüben müssen. Wir müssen die Tugend der Klugheit ausüben, und das bedeutet, die Realität mit klarem Blick zu betrachten.” Auch Papst Johannes Paul II. habe in seinem Schreiben “Familiaris Consortio” ermahnt, dass “die Hirten verpflichtet sind, Situationen in ihrer Verschiedenheit zu erkennen”.

Irland mit Familie untrennbar verknüpft

“Irland bedeutet Familie, es ist ein Land, das traditionell Familie als seinen Kern hatte”, sagte der Wiener Erzbischof im “Irish Times”-Interview. “Aber wie in den meisten westlichen Nationen ist die Familie in Irland komplexer geworden, anders als sie es bisher war. Wiederverheiratung, Scheidung, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften – das sind alles Teile eines neuen Narrativs um die Familie in Irland. Es gibt viel Veränderung, und die Kirche muss im Kontext dieser Veränderung Barmherzigkeit zeigen. Sie muss bereit sein, Familien dort zu begegnen, wo sie heute sind.”

“Letztlich ist doch der Wunsch, zu heiraten und eine Familie zu gründen bei jungen Menschen lebendig”, erinnerte Schönborn. “Und das ist sicherlich auch der Fall in Irland, trotz aller Krisen in der Institution der Ehe – wie ‘Amoris latetia’ es beschreibt”. Im Blick auf den Duktus des Dokuments sprach er von “einer Einladung, die niemanden ausschließt”. Der Papst sage, “dass der Wege der Kirche nicht einer sei, jemanden für immer zu verdammen”.

In der Gratiszeitung “Heute” schrieb Kardinal Schönborn, er sei über seinen aktuellen Irland-Besuch dankbar. Ihn bewege das, was Europa Irland verdanke, etwa die Missionsbewegung der irischen Mönche. Diese hätten “mit dem christlichen Glauben auch unschätzbare Werte der Kultur und der Zivilisation in unsere Länder gebracht”.

Die kleine Insel habe aber auch viel erlitten, “Jahrhunderte der Unterdrückung und Ausbeutung durch England” sowie die große Hungersnot nach 1841, der über eine Million Menschen zum Opfer fielen. Fast zwei Millionen Menschen seien zur Auswanderung gezwungen worden, um zu überleben. Heute sei Irland zwar wirtschaftlich erfolgreich, auch dank der EU, “aber seelisch sucht es noch seinen Weg zwischen Tradition und Zeitgeist, zwischen christlichen Werten und heutigen Trends”.

(Quelle: KAP 13./14. Juli)

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