IE / Pro-Life: Iren stimmen mit 2/3 Mehrheit für Legalisierung von Abtreibung
IEF, 28.5.2018 – Vergangenen Freitag fand das seit Monaten vorbereitete Abtreibungsreferendum in Irland statt. 66,4 % haben für eine Legalisierung von Abtreibung gestimmt.
Bisher: Verfassung schützt gleiches Recht von Mutter und Ungeborenem
Die in Irland geltende Abtreibungsregelung war bisher die strikteste in ganz Europa. 1983 wurde in einem Referendum mit großer Mehrheit der 8. Artikel der irischen Verfassung beschlossen, der das gleiche Recht auf Leben von Mutter und Ungeborenem festlegt. Auf dieser Grundlage war Abtreibung in Irland bislang nur möglich, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Wie aber bereits das Referendum über die Öffnung der Ehe gleichgeschlechtlicher Paare 2015 zeigte, hat seit 1983 in Irland scheinbar eine tiefgreifende Werteverschiebung innerhalb der irischen Gesellschaft stattgefunden.
Referendum: „Yes“ für Streichung des 8. Artikels und für Abtreibung
Nun haben 66,4 % der abstimmenden Wähler am 25.5.2018 für die Streichung des 8. Artikels gestimmt und damit den Weg für die Legalisierung von Abtreibung freigemacht. Selbst Alibhai Smith, Direktorin der „Together for Yes“ Kampagne, soll Medienberichten zufolge vom eindeutigen Ergebnis überrascht gewesen sein. Cora Sherlock von der „LoveBoth“ Kampagne der Abtreibungsgegner bedauerte das Votum: „Es ist ein sehr trauriger Tag für Irland. Der Vorschlag der Regierung sieht vor, Abtreibungen auf Verlangen durchzuführen – und menschliches Leben zu töten. Darauf haben wir aufmerksam gemacht. Das Herz eines Babys schlägt bereits mit drei Wochen.“
Abtreibungsgesetz noch 2018
Bis Ende des Jahres soll das irische Parlament nun ein Gesetz verabschieden, das Abtreibungen bis zur zwölften Woche ohne Indikation nicht mehr unter Strafe stellt. Danach soll ein Abbruch ähnlich wie in Österreich auch bis zum Einsetzen der Wehen erlaubt sein, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist (physisch oder psychisch) oder bei fetaler Missbildung des Kindes, die während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt zum Tod des Kindes führen kann. Es ist vorgesehen, dass alle Schwangerschaftsabbrüche beim Gesundheitsministerium gemeldet werden. Ärzten und Pflegepersonal soll das Recht eingeräumt werden, aus Gewissensgründen die Mitwirkung an einer Abtreibung zu verweigern. Das geht aus dem Grundsatzpapier über die Regulierung von Schwangerschaftsabbrüchen des Gesundheitsministeriums vom 8.3.2018 sowie einem entsprechenden Gesetzesentwurf vom 27.3.2018 hervor.
Reaktionen der katholischen Kirche in Irland
Wie TheGuardian berichtet, bezeichnete der Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin, das Ergebnis als „sehr traurig“, aber „es komme nicht aus dem Blauen heraus“. Das Ergebnis des Referendums sei Ausdruck dafür, dass die irische Kultur sich verändert habe, und die Menschen der Kirche fernstehen würden, so der Erzbischof. In einer Predigt sagte Martin, die Kirche müsse nun „ihre Unterstützung des Lebens erneuern, nicht nur in Worten, Aussagen oder Manifesten, sondern vielmehr in Taten, die Jesu liebevolle Fürsorge für menschliches Leben in allen Stadien reflektiere“. Das beinhalte auch, Frauen zu unterstützen, die mit schwierigen Entscheidungen kämpften. „Pro-Life zu sein“ beinhalte auch für alle Menschen einzutreten, die aus verschiedenen Gründen am Rande der Gesellschaft stünden, so Martin. Und weiter: „Pro-Life zu sein heißt in allen unseren Leben eine besondere Liebe für die Armen, die das Zeichen von Jüngern Jesu ist, mit aller Konsequenz aufzudecken.“
Erste Reaktionen in Österreich
Wenig überraschend wurde das Votum unmittelbar von SPÖ, NEOS, Liste Pilz und Grünen begrüßt. NEOS-Europaabgeordnete Angelika Mlinar schrieb auf Facebook: „Heute ist ein er’fraulicher‘ Tag für die Selbstbestimmtheit der Frau in der Europäischen Union.“ Maria Stern von der Liste Pilz sprach von einem „Sieg der Vernunft über eine restriktive und bevormundende Frauenpolitik“. Begrüßt wurde die Abstimmung im Sinne der „Selbstbestimmung“ der Frau, über die Kinder sprach keiner. Das kritisierte auch Katharina Brandner, Medienreferentin der Diözese St. Pölten, in einer Reaktion auf das Ergebnis des Referendums: „Uns Frauen des 21. Jahrhunderts wird von Männern und Fruchtbarkeitsfeinden eingeredet, das Recht auf Abtreibung hätte etwas mit unserer sexuellen oder reproduktiven Selbstbestimmung zu tun.“ Im gleichen Moment seien wir in Europa um keinen Deut besser als die Nationalsozialisten, die an Behinderten medizinische Experimente durchführten und sie töteten oder als die Spartaner, die unerwünschte Kinder ins Meer warfen. „Ich kann die Lüge nicht mehr hören, dass diese Diskriminierungen etwas mit meiner Freiheit zu tun haben“, so Brandner.