INT / Menschenrechte: Interessenskonflikte im EGMR verschärfen sich
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IEF, 27.05.2020 – Die Causa der Interessenkonflikte von Richtern am EGMR verschärft sich weiter.
Wie das IEF berichtet hat, haben sich in den vergangenen 10 Jahren Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in 88 Fällen NGOs gegenüber gesehen, bei denen sie vorher aktiv waren. Die Causa dieser Interessenskonflikte ist nun um drei weitere Aspekte reicher.
Juristen fordern weitreichende Reformen des EGMR
Eine Gruppe von Juristen in verschiedenen Berufen hat sich als Reaktion auf den Bericht des European Center für Law and Justice (ECLJ) für eine unabhängige und objektive Rechtsprechung des EGMR ausgesprochen und Änderungen gefordert. Konkret wurden in dem Appell an die Verantwortlichen Veränderungen vorgeschlagen wie sie in den nationalen Gerichten bereits Norm sind, um faire Verfahren zu gewährleisten.
Dazu zählen unter anderem der Zwang, dass Richter ihre Interessen und (frühere) Mitgliedschaften in NGOs offenlegen müssen, die Einführung von klaren Abläufen für den Rückzug oder Abberufung eines Richters im Falle eines Interessenskonflikts, die Möglichkeit für dritte Parteien Verbindungen zwischen den Hauptparteien eines Verfahrens aufzuzeigen oder auch die frühzeitige Information über die Zusammensetzung der Richter in einem Verfahren. Darüber hinaus soll der Europarat, der für die Ernennung von Richtern zuständig ist, angehalten werden, die Kandidaten zu ihren Verbindungen zu Organisationen zu befragen und so die Wahl von „Aktivisten“ zu Richtern verhindern.
Der russische Außenminister sieht wertvolle Denkanstöße für eine Reform
Unterdessen hat sich der russische Außenminister in die Diskussion eingebracht und in einem Pressestatement seine Sorge ausgedrückt. Russland glaube, dass der Europarat und die Mitgliedsstaaten den Bericht ernst nehmen sollten, da er „wertvolle Denkanstöße für eine Reform des EGMR“ beinhalte. Die im Bericht genannten Aspekte hätten in jedem Fall einen Einfluss auf die Qualität, Objektivität und die Fairness der Rechtsprechung des Gerichtshofs. Russland befürworte einen „starken, aber nicht politisierenden Europäischen Gerichtshof“.
Personalpolitik am EGMR lässt auf ein „weiter so“ schließen
Von Seiten des EGMR gab es bisher noch keine Reaktion auf die Veröffentlichung des Berichts oder die zahlreichen Rückmeldungen darauf. Allerdings wurde Yonko Grozev, der zu den umstrittensten Richtern des EGMR gehört, mit dem wichtigen Posten des „Sektionspräsidenten“ innerhalb des Gerichts betraut. Wie ein Artikel des ECLJ aufzeigt, hat Grozev sein Leben lang enge Kontakte zu verschiedenen NGOs gehabt, die auch mit dem EGMR in Berührung kamen.
Von Interesse könnte in diesem Zusammenhang die parlamentarische Anfrage des Abgeordneten zum Europäischen Parlament, Maximilian Krah von der deutschen AfD sein. Deren Beantwortung ist allerdings noch ausständig. (MM)