Eizellspende
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INT / Reproduktionsmedizin: Kein Geld aus Krankenkassen für Kinderwunsch lesbischer Paare

IEF, 17.11.2021 – Das deutsche Bundessozialgericht hat sich gegen eine Kostenübernahme für künstliche Befruchtungen lesbischer Paare durch die Krankenkassen entschieden.

Kostenersatz nur für heterosexuelle Ehepaare

Eine Erstattung der Kosten für eine künstliche Befruchtung gebe es, dem Gesetz zufolge, nämlich nur dann, wenn ausschließlich Ei- und Samenzellen von Ehegatten verwendet würden (homologe Insemination), wodurch eine grundsätzlich vorliegende Zeugungsfähigkeit des Paares vorausgesetzt werde. Nun bezog sich der Anlassfall allerdings auf eine in einer gleichgeschlechtlichen Ehe lebende Frau, die an Fertilitätsstörungen litt. Eine künstliche Befruchtung mit der Verwendung von Spendersamen sollte den Kinderwunsch der Frau erfüllen. Dafür beantragte sie bei ihrer Krankenkasse einen Kostenersatz für den ersten Versuch in Höhe von 6.500 Euro. Die Krankenkasse lehnte ab und die Frau zog vor Gericht.

Unerfüllter Kinderwunsch keine Krankheit

Nachdem die Frau in erster und zweiter Instanz keinen Erfolg hatte, wandte sie sich an das Bundessozialgericht, das ihr Begehren abermals ablehnte. Die Richter unterstrichen den Wortlaut des Gesetzes und führten an, dass eine gesetzliche Krankenkasse bei einer Krankheit zwar Leistungen gewähren müsse. Einen unerfüllten Kinderwunsch bewerte das Bundessozialgericht nun aber nicht als Krankheit. Allein Fälle, in denen es heterosexuellen Ehepaaren nicht möglich sei, auf natürlichem Wege ein Kind zu empfangen, kämen für einen Ersatzanspruch in Betracht. Homosexuelle Paare würden im Gegenzug nicht nur die „Überwindung einer krankheitsähnlichen Situation“ fordern, sondern die Kompensationen einer in dieser Beziehungsform nicht bestehenden Zeugungsfähigkeit. Diese „zeugungsbiologischen Grenzen“ gleichgeschlechtlicher Paare müssten jedenfalls nicht mithilfe der gesetzlichen Krankenversicherungen ausgeglichen werden. Daran ändere auch die eingeführte „Ehe für alle“ nichts.

Kindeswohl und Gleichberechtigung

Dem Vorwurf der Diskriminierung entgegnete das Bundessozialgericht, dass die Ablehnung der Kostenübernahme auch heterosexuelle Paare treffe, wenn einer der beiden Partner zeugungsunfähig ist. Bei homosexueller Elternschaft habe das Gericht außerdem Bedenken bezüglich des Kindeswohls, da das Kind bei einer homologen Insemination automatisch zwei zum Unterhalt verpflichtete Elternteile habe, wohingegen im Falle einer gleichgeschlechtlichen Elternschaft der nicht-biologische Elternteil zuerst eine nicht erzwingbare Adoption des Kindes vornehmen müsste.

Eizellspende nachweislich gesundheitsgefährdend

Im Zusammenhang mit künstlicher Befruchtung entfacht auch immer wieder eine Diskussion zur Legalisierung der Eizellspende (das IEF hat berichtet). Sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz ist die Eizellspende derzeit noch verboten, in Österreich ist sie seit 2015 restriktiv erlaubt. Im Mittelpunkt der Diskussion steht vor allem der Vorwurf, dass Eizellspenden im Hinblick auf die Gesundheit von Mutter und Kind nicht ganz ungefährlich sind. So konnte etwa eine amerikanische Studie einen Zusammenhang zwischen Eizellspenden und Frühgeburten sowie häufigen und schweren Geburtskomplikationen feststellen (das IEF hat berichtet).

Nun wurde erneut eine Studie von drei deutschen Geburtskliniken zu diesem Thema veröffentlicht. Und wieder bestätigt sich der Vorwurf der Gesundheitsgefährdung wie etwa ein gefährlicher Bluthochdruck in der Schwangerschaft (10-30 Prozent der Studienteilnehmerinnen), ein hoher Anteil an Frühgeburten (34 Prozent bei Einkindschwangerschaften, 63,4 Prozent bei Zwillingen) und etliche Notkaiserschnitte sowie starke Blutungen nach einer Schwangerschaft. Bei 3,2 Prozent der Einkindschwangerschaften starb das ungeborene Kind noch im Mutterleib. Um das Frühgeburtenrisiko zu minimieren, wurden in vielen Fällen Feten auch selektiv abgetrieben. Auffällig sei außerdem die Anzahl von Abtreibungen aufgrund von Fehlbildungen nach einer In-vitro-Fertilisation (IVF) mit Eizellspende.

Kummer: Faktenlage könne nicht ignoriert werden

Angesichts dieser Datenlage zeigt sich IMABE-Geschäftsführerin Susanne Kummer besorgt über das immer aggressivere Marktverhalten von Kliniken, Eizellspenden als normale Dienstleistung zu vermitteln. Im Anbetracht der hohen gesundheitlichen Risiken, denen Frauen und deren Kinder ausgesetzt werden, brauche es Transparenz und Auseinandersetzung mit validen wissenschaftlichen Daten. „Man kann die Faktenlage nicht länger ignorieren: Verfahren der künstlichen Befruchtung, insbesondere Eizellspenden, sind keineswegs harmlos – weder für die Gesundheit der Mutter noch des Kindes“, so die Bioethikerin angesichts der neu publizierten Studie.

Spanien folgt Frankreich auf liberalem Weg

Die schockierenden Ergebnisse der bislang erschienenen Studien zur Eizellspende scheinen einige Länder aber nicht zu beeindrucken. Frankreich hat bereits im Februar 2020 mit seinem liberalen Bioethikgesetz die IVF für alle Frauen, egal ob alleinstehend, hetero-, homosexuell oder transgender, erlaubt (das IEF hat berichtet). Nun hat Spaniens Gesundheitsministerin Carolina Darias nachgelegt und einen Erlass unterzeichnet, der ebenfalls alleinstehenden und lesbischen Frauen sowie bisexuellen und Transgender-Personen Zugang zur kostenlosen assistierten Reproduktion gewährt. Es sei ein bedeutender Schritt, die Diskriminierung im öffentlichen Gesundheitssystem zu beenden, so Darias. Und das scheinbar um jeden Preis. (TS)

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