INT / Lebensende: Primat der Suizidprävention
IEF, 10.09.2021 – Der am 10.09. begangene Welttag der Suizidprävention stand heuer unter dem Motto „aktiv werden und Hoffnung schaffen“.
Mehr Therapieplätze für Kinder und Jugendliche gefordert
„Rat auf Draht“ – Österreichs Notruf für Kinder und Jugendliche – verzeichnet in einer Presseaussendung zum Welttag der Suizdiprävention einen besorgniserregenden 20-prozentigen Anstieg von Beratungen zu Suizidgedanken bei Kindern und Jugendlichen in den letzten Monaten. Dabei würden Betroffene ihre Situation oftmals als ausweglos wahrnehmen und emotional eingeengt sein. Dies führe dazu, dass Jugendliche die Bandbreite ihrer Überlegungen und Handlungen nicht mehr richtig einschätzen könnten. „Rat auf Draht“ biete hier Hilfe und Unterstützung, fordert jedoch von der Politik die Schaffung weiterer kassenfinanzierter Therapieplätze für Kinder und Jugendliche.
Verantwortung füreinander übernehmen
Anlässlich des weltweiten Suizidpräventionstags erinnern die Bischöfe Hermann Glettler (Referat Lebensschutz) und Benno Elbs (Referat Caritas) in einer Presseaussendung daran, dass das oberste Ziel einer verantwortungsbewussten Gesellschaft in der Suizidprävention liege. Ein Suizid sei immer „Ausdruck einer großen Hoffnungslosigkeit“ und eine Tragödie, die „in ihrer Endgültigkeit unsagbares Leid“ hinterlasse. Die Bischöfe fordern daher ein bewusstes Miteinander und den Ausbau von professionellen Hilfsangeboten für Betroffene.
Im Zusammenhang mit dem baldigen Inkrafttreten der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zum assistierten Suizid mahnen die Bischöfe ein, nicht zwischen „schlechten“ und „guten“ Suiziden zu unterscheiden. Jede Selbsttötung beende „die Möglichkeit einer freien Lebensentscheidung“ und könne daher „nie Ausdruck einer letzten freien Entscheidung sein“.
Auch der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, weist in seiner Stellungnahme zum Welttag der Suizidprävention auf die mit jedem Suizid verbundene Tragödie hin. Selbsttötung könne, „egal unter welchen Umständen, nicht unter positive Vorzeichen gestellt werden“. Er fordert daher Staat und Gesellschaft dazu auf, in der Debatte um den assistierten Suizid, Suizidprävention und den Schutz des Lebens an erste Stelle zu setzten.
Lebensbejahende Auswege statt Solidarität mit Suizidgedanken
Für die Ethikerin und Geschäftsführerin von IMABE (Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik), Susanne Kummer, ist die ab 1. Jänner 2022 zulässige Beihilfe zum Suizid, „keine Ermöglichung von Selbstbestimmung, sondern de facto Fremdbestimmung durch unterlassene Hilfeleistung“. Dabei würden Suizide zu den wichtigsten vermeidbaren Todesursachen gehören.
90% aller vollendeten Suizide stünden im Zusammenhang mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen. Gerade bei älteren Menschen die überproportional von Suiziden betroffen seien, würde unentdeckte Altersdepression eine große Rolle spielen. Die primäre Aufgabe des Gesetzgebers sei es daher nicht, sich mit den Suizidwünschen der Menschen zu solidarisieren, sondern Strategien zur Vorbeugung von Suiziden zu entwickeln, die den Menschen lebensbejahende Auswege aufzeigen, mahnt Kummer ein.
Auszeichnung für suizidpräventive Berichterstattung
Am Welttag der Suizidprävention wurde zudem bereits zum dritten Mal der Papageno-Medienpreis für suizidpräventive Berichterstattung verliehen. Die Auszeichnung für journalistische Beiträge, die im Sinne des Papagenoeffekts statt „sensationsträchtiger Merkmale“, „konstruktive Bewältigungsmöglichkeiten aufzeigen“ und dadurch suizidpräventiv wirken, erging diesmal an die Presse-Redakteurin Duygu Özkan für ihren in der Presse am Sonntag erschienenen Beitrag, „Wenn das Leben dunkel wird“.
Der Papageno-Medienpreis wird im Rahmen des österreichischen Suizidpräventionsprogramms SUPRA des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz verliehen. Er soll den von Experten entworfenen Leitfaden zur Berichterstattung über Suizid propagieren und wird von der Österreichische Gesellschaft für Suizidprävention (ÖGS), der Wiener Werkstätte für Suizidforschung sowie dem Kriseninterventionszentrum Wien mitveranstaltet. (AH)