Senatskonferenz
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INT / Familie: XXII. Internationale Familienpolitische Konferenz

IEF, 26.04.2023 – Familienpolitik und die Vorbereitung auf das Älterwerden (nicht nur) der jungen Generation waren die Themen des diesjährigen Konferenz in Prag.

Familienpolitik und die Vorbereitung auf das Älterwerden (nicht nur) der jungen Generation – unter diesem Motto fand am Dienstag, dem 18. April 2023, im Sitzungssaal und in den angrenzenden Räumen des Senats des Parlaments der Tschechischen Republik in Prag die nunmehr bereits 22. Internationalen Familienpolitischen Konferenz statt. Dazu eingeladen hatten der Ausschuss für Sozialpolitik des Senats, die Ständige Kommission für Familie und Gleichstellung des Parlaments, das Nationale Zentrum für Familie der Tschechischen Republik in Zusammenarbeit mit dem Familienverband der Tschechischen Republik, das Wiener Institut für Ehe und Familie (IEF) sowie die Hanns Seidel-Stiftung.

Bei der feierlichen Eröffnung ergriff Frau Mag. Zdislava Odstrčilová, Oberdirektorin der Sektion Familienpolitik und Sozialpolitik im Ministerium für Arbeit und Sozialwesen, das Wort und erläuterte die neuen Ansätze in der Konzeption der tschechischen Familienpolitik, in deren Ausarbeitung unter anderem auch das Nationale Familienzentrum eingebunden war. Frau Senator Mag. Miluše Horská, Vorsitzende des Ausschusses für Sozialpolitik, rief die bisherigen familienpolitischen Bemühungen ihrer Institution in Erinnerung und sprach sich für eine engagierte Umsetzung der bei den bisherigen Tagungen diskutierten Vorschläge und Anregungen unter Einbeziehung der Nicht-Regierungseinrichtungen („NGOs“) aus. Frau Mag. Marie Jílková, Vorsitzende der Ständigen Parlamentarischen Familienkommission, verwies ebenfalls auf die neuen generationenübergreifenden Ansätze in der Konzeption der Familienpolitik und unterstrich die Wichtigkeit einer wissenschaftlich fundierten Politikberatung und breiten Diskussion über familien- und generationenpolitische Themen. Herr Dr. Markus Ehm, Leiter des regionalen Projekts Mitteleuropa der Hanns Seidel-Stiftung, betonte die Wichtigkeit des Themas Familienpolitik, verwies auf die bisher von den Senatskonferenzen ausgegangenen Impulse, und erneuerte die Bereitschaft seiner Institution zur Fortsetzung der bisherigen Zusammenarbeit.

Das erste „große“ Referat im Themenblock „Un–gewöhnliche Auffassungen gewöhnlicher familienpolitischer Themen“ steuerte Frau Mag. Lucie Vidovićová aus Brünn, Soziologin und eine der führenden Expertinnen für Altersdiskriminierung, bei. Eine gut aufgestellte, altersfreundliche Gesellschaft kann den Anstieg des Anteils älterer Menschen verkraften, so ihre Auffassung. Frau Eva Decroix MBA, Abgeordnete des Parlaments, Anwältin und Mediatorin, ging ausführlich auf den Zerfall von Familien und die Wahrung des Kindeswohls, gerade in Situationen von Scheidung und Trennung ein. Dabei wurden auch Themen wie die Beratung bei Gericht erörtert. Herr Univ.-Prof. Dr. Reinhard Resch vom Institut für Recht der sozialen Daseinsfürsorge und Medizinrecht an der Johannes Kepler-Universität Linz, behandelte in seinem Vortrag das Thema „Zusammenhalt der Generationen und Voraussetzungen für die Beschäftigung älterer Menschen“ und plädierte für Reformen, was zum Beispiel die längere Beschäftigung älterer Arbeitnehmer betrifft, und sprach sich für ein Überdenken des bisher auf Erwerbsarbeit eingeengten Arbeitsbegriffs aus, was auch für das Thema „Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung“ relevant ist und durch eine Aufwertung der elterlichen Betreuungs- und Erziehungstätigkeit erfolgen sollte. In der Diskussion wurde unter anderem auf das Erfordernis der verstärkten Berücksichtigung präventiver Gesichtspunkte und Ansätze hingewiesen.

Nach der Mittagspause folgte eine Podiumsdiskussion zum Thema „‚Best practice‘- Beispiele bereits realisierter Veränderungen“, geleitet vom früheren Direktor des Wiener Instituts für Ehe und Familie (IEF), Prof. Günter Danhel. Der erste Input kam von Herrn Hilmar Holzner vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, der unter dem Motto „Worin liegt die Einmaligkeit des bayerischen Systems des Bürgerschaftlichen Engagements?“ die Wertschätzung und Unterstützung ehrenamtlicher Tätigkeit durch Politik und ‚öffentliche Hand‘ beschrieb. Frau Magda Vášáryová, Filmschauspielerin, Diplomatin und Soziologin aus der Slowakei, in den 1990er-Jahren auch Tschechoslowakische Botschafterin in Wien, sprach über den „Verlust von Pflege oder Beschäftigung als Verlust vom Lebenssinn“ an Hand der Biografien älterer, oft alleinstehender und vereinsamter Frauen. Kritisiert wurde von ihr auch die zu geringe öffentliche Unterstützung von Frauenvereinen, die sich in ihrer Heimat seit mehr als 150 Jahren für eine ebenbürtige Integration von Frauen und eine generationen- und geschlechterübergreifende Kooperation engagieren, was gesamtgesellschaftlich von hoher Relevanz ist. In der anschließenden Diskussion kamen unter anderem die Überschneidung, aber auch partielle Abgrenzung zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit und Familienarbeit zur Sprache und es wurde auf das Erfordernis eines neuen, auch die bisher weitgehend unbezahlte Familien- und Pflegearbeit beinhaltenden Arbeitsbegriffs hingewiesen. In dieselbe Richtung plädierte in engagierter Art und Weise auch der langjährige Sektionschef im Sozialministerium und (leider nur zu kurz) als Sozialminister fungierende Hon.-Prof. Dr. Walter Pöltner aus Wien.

Die Direktorin des Nationalen Familienzentrums (NCPR), Frau Mag. Marie Oujezdská PhD zog folgendes Resumé der Tagung: “Die zentrale Veränderung findet in unseren Köpfen statt. Familienpolitik ist nicht gleich Sozialpolitik. Die Familienpolitik sollte die ganze Familie, einschließlich der älteren Menschen, berücksichtigen. Es wird notwendig sein zu erkennen, dass Senioren oft mit den gleichen Problemen konfrontiert sind wie der Rest der Bevölkerung – einschließlich des Zusammenbruchs des Zusammenlebens und der Aufgaben der Sandwich-Generation oder der Kindererziehung. Das Potenzial älterer Menschen und damit das Potenzial generationenübergreifender Politik ist groß. Wir können nicht mit den Händen in den Taschen auf den demografischen Zusammenbruch warten. Den Sinn des Lebens nur in persönlichen Leistungen zu sehen, wäre kurzsichtig. Die Aufgabe unserer Generation ist es, den Wert jedes Menschen, jeder Beziehung und Fürsorge sichtbar zu machen. Ob Ehe / Partner, der Träger des weiteren Lebens ist, oder generationenübergreifend, wenn wir eine Person schätzen, obwohl sie sich nicht mehr in der produktiven Phase befindet “. (GD)

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