
INT / Abtreibung: EU-Parlament äußert sich zum Abtreibungsgesetz in Texas
IEF, 14.10.2021 – Das Europäische Parlament missbraucht seine Autorität, um ein vermeintliches Menschenrecht auf Abtreibung weltweit zu fordern und zu propagieren.
Texas erlässt Heartbeat-Bill
Der US-Bundesstaat Texas hat Anfang September eine sogenannte Heartbeat-Bill (SB8) erlassen, die Abtreibungen nach einem feststellbaren Herzschlag beim Ungeborenen verbietet. Dabei reiht sich Texas in eine Reihe von US-Bundesstaaten, die in den letzten Jahren derartige Gesetze erlassen haben, mit dem Unterschied, dass seine Durchsetzung nicht staatlichen Behörden vorbehalten, sondern Privatpersonen überantwortet wird. Das Gesetz pönalisiert ausdrücklich nur die „Helfer“ nicht jedoch die Schwangere selbst. Bei einem erfolgreichen Verfahren sollen dem Kläger laut Medien mindestens $ 10.000 zugesprochen werden. Das texanische Gesetz wurde, wie alle bisher erlassenen Heartbeat-Bills (das IEF hat berichtet) von mehreren Seiten, u.a. auch von Joe Bidens Regierung, als verfassungswidrig verklagt, jedoch vorerst ohne Erfolg.
EU biete sich an, gegen das Heartbeat-Bill verstoßende Mediziner aufnehmen und Abtreibungsanbieter finanziell zu unterstützen
Anlässlich des in Texas erlassenen Pro-Life-Gesetzes hat das Europäische Parlament am 7. Oktober eine Entschließung angenommen. In dem Dokument wird das SB8-Gesetz aufs Schärfste als ein „starker Angriff auf die Freiheit und die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte von Frauen“ (SRHR) verurteilt und die Regierung des Bundesstaates Texas aufgefordert, dieses rasch aufzuheben.
Ausdrücklich begrüßt werden vom Parlament die Bemühungen von Präsident Joe Biden und seiner Regierung, den Zugang von Frauen zur Abtreibung in Texas wieder zu gewährleisten. Die Entschließung spricht medizinischen Fachkräften und Juristen, die gegen das Gesetz vorgehen, volle Unterstützung und Solidarität, samt der Gewährung von Zuflucht, zu. Weiters wird nichtstaatlichen Organisationen, die sich für sexuelle und reproduktive Rechte in den USA einsetzen, finanzielle Unterstützung von Seiten der EU zugesichert.
Abtreibung als Gesundheitsversorgung oder die Umdeutung der Begriffe
Seine Legitimation für das Einmischen in die Gesetzgebung eines anderen souveränen Staates leitet das Parlament daraus ab, dass sowohl die USA als auch die EU die Menschenrechte achten müssen. Zu diesen Menschenrechten gehöre, nach Ansicht des EU-Parlaments, auch der Zugang zur Abtreibung. Die Verweigerung der Abtreibung wiederum würde die Menschenrechte von Frauen verletzen und den Zugang zur Gesundheitsversorgung einschränken. Wie bereits in der EU-Entschließung zum Matić Report werden Abtreibungsverbote außerdem als eine „Form geschlechtsspezifischer Gewalt und Folter und/oder grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung“ bezeichnet.
Für EU-Parlament gilt der Grundsatz “Her Body Her Choice”
Das EU-Parlament bezieht sich in der Entschließung wörtlich auf den Grundsatz „her body her choice“ (es ist ihr Körper und somit ihre Entscheidung). Sichere und legale Abtreibungen seien dabei, neben anderen sexuellen und reproduktiven Rechten, wie etwa dem Zugang zur umfassenden Sexualerziehung, eine Grundvoraussetzung für die Gleichstellung der Geschlechter und die Teilhabe am Arbeitsmarkt und in der Politik.
Aufruf zum Anprangern und Verhindern von Abtreibungseinschränkungen
Zuletzt fordert das EU-Parlament u.a. die Regierung der Vereinigten Staaten auf, „Abtreibungen vollständig zu entkriminalisieren“ und „einen föderalen Rechtsschutz für den universellen Zugang zu Abtreibungen einzuführen“. Der Europäische Auswertige Dienst (EAD), die EU-Kommission und alle EU-Mitgliedstaaten werden dazu angehalten, Maßnahmen gegen Rückschritte bei der Gewährleistung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte zu setzen. Außerdem sollen die EU und ihre Mitgliedstaaten im Kontakt mit den Vereinigten Staaten die Einhaltung der „Menschenrechtsklauseln, einschließlich des Rechts auf kostenlose und sichere Abtreibungen“ überwachen und Verstöße dagegen anprangern.
Es gibt kein Menschenrecht auf Abtreibung
Gerade die Aktionsprogramme von Kairo und Peking, auf die sich die EU-Entschließung bezieht, stellen strikte Kriterien in Bezug auf Abtreibung auf, erklärt Dr. Stephanie Merckens, Juristin und Leiterin der Politikabteilung am Institut für Ehe und Familie (IEF). Demnach dürfen Abtreibungen nicht als Methode der Familienplanung gefördert werden. Regierungen müssen geeignete Maßnahmen treffen, um Frauen dabei zu helfen, von einer Abtreibung abzusehen (Punkt 7.24). Im Kairoer Aktionsprogramm ist außerdem vom Einsatz für eine völlige Eliminierung des Bedarfs an Abtreibungen die Rede (Punkt 8.25) und es wird hervorgehoben, dass Angelegenheiten, die die Abtreibung betreffen, nur auf innerstaatlicher und lokaler Ebene geregelt werden dürfen. In der ebenfalls von der EU-Resolution zitierten UN-Kinderrechtskonvention befindet sich in der Präambel außerdem der Hinweis, dass jedes Kind besonderen Schutz und Fürsorge benötigt und zwar sowohl vor als auch nach der Geburt, gibt die Juristin zu bedenken.
Obwohl es seit den UN-Konferenzen in Kairo und Peking kein anderes internationales von der Staatengemeinschaft ausgehandeltes und einmütig beschlossenes Dokument gibt, das „reproduktive und sexuelle Gesundheit und damit verbundene Rechte“ definieren würde, wird der Begriff von unterschiedlichen Akteuren, darunter UN-Vertragsorganen und NGOs, jedoch unterschiedlich ausgelegt und erhält so eine neue, erweiterte Bedeutung. Diese Interpretationen sind jedoch äußerst strittig und zudem rechtsunverbindlich. So verhält es sich etwa mit der ebenfalls in der Parlamentsentschließung genannten Erklärung des UN-Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau, die im Zugang zur Abtreibung einen wesentlichen Aspekt der reproduktiven Gesundheit und damit ein Menschenrecht sieht.
Zur Problematik der WHO-Leitlinien über „sichere Abtreibungen“, der Erklärung des Gipfeltreffens von Nairobi, der Istanbul Konvention und des Matić Berichts, auf die sich das EU-Parlament in der Entschließung ebenfalls bezieht, finden Sie weitere Informationen unter den eingefügten Links.
Belgien finanziert Umgehung polnischer Gesetze zum Schutz ungeborenen Lebens
Wie sehr sich die Idee von einem Recht auf Abtreibung international bereits etabliert hat, zeugt eine unlängst von Belgien getätigte Zahlung an die Organisation „Abtreibung ohne Grenzen“, die Polinnen beim Zugang zum Schwangerschaftsabbruch im Ausland unterstützt. „Abtreibung ohne Grenzen“ hat laut eigenen Angaben ihren Einsatz nach dem Urteil des polnischen Verfassungsgerichthofs im Oktober 2020, mit dem die Abtreibung alleine aufgrund einer Behinderung des ungeborenen Kindes als verfassungswidrig erklärt wurde (das IEF hat berichtet), intensiviert.
Die heuer am „Internationalen Tag des sicheren Schwangerschaftsabbruchs“ von Belgien getätigte symbolische Zahlung von 10.000 Euro an die Abtreibungsorganisation kam dabei von offizieller Regierungsseite, nämlich dem belgischen Gesundheitsminister und der Gleichstellungsministerin. Damit ist Belgien das erste Land, das offenkundig Abtreibungen für polnische Frauen im Ausland finanziert und propagiert, die gegen die nationalen polnischen Gesetze und die Verfassung verstoßen. (AH)