Abtreibung im Krieg
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INT / Abtreibung: Abtreibung als „notwendige Gesundheitsleistung“ im Krieg?

IEF, 20.04.2022 – In einem Handlungsaufruf fordert Amnesty International Hilfspakete mit Abtreibungspillen für aus der Ukraine geflüchtete Frauen.

Während sich viele Organisationen um die Versorgung von Kriegsflüchtlingen mit Lebensmitteln, Wasser, Unterkünften und psychischer Unterstützung kümmern, möchte Amnesty International unter dem Deckmantel der „sexuellen und reproduktiven Rechte der Frau“ die Abtreibungsgesetze in den umliegenden Ländern entschärfen und geflüchteten Frauen freien Zugang zu Abtreibungspillen gewähren.

Kritik an strengen Abtreibungsgesetzen der umliegenden Länder

In einem Handlungsaufruf, der neben Amnesty International auch von der International Planned Parenthood Federation und dem Center for Reproductive Rights unterschrieben wurde, warnen die Organisationen davor, dass die „sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen und Mädchen“ zu kurz kommen würden. Insbesondere würden strenge Gesetze in den um die Ukraine befindlichen Ländern Ungarn, Polen, Rumänien und Slowakei zu einem erschwerten Zugang zu Verhütungsmitteln und Abtreibungsmedikamenten führen. Daher sei das Mindestmaß an Leistungen für die reproduktive Gesundheit in Krisensituationen (Minimum Initial Service Package, MISP), das von der UNHCR (Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge) aufgestellt wurde, nicht erreicht. Die Europäische Union sei daher schnellstens aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu medikamentösen Abtreibungen zu erleichtern. Medikamentöse Abtreibungen sollten etwa in den ukrainischen Nachbarländern und die Verschreibung und Einnahme der Abtreibungsmedikamente nach telefonischer Beratung möglich sein.

Finanzstopp für Pro-Life-Organisationen und spezielle Hilfspakete

Neben der EU werden vor allem auch die Regierungen als Geldgeber adressiert und aufgefordert, die Anliegen der Pro-Abtreibungsorganisationen finanziell zu unterstützen. Gleichzeitig solle darauf geachtet werden, dass all jene Hilfsorganisationen, die sich gegen Abtreibung aussprechen, von der finanziellen Unterstützung ausgeschlossen werden.

Von der EU fordern die Organisationen außerdem Flüchtlings-Hilfspakete, die einerseits notwendige Menstruationsprodukte und Medikamente beinhalten. Allerdings solle das Hilfspaket auch mit Mifepriston und Misoprostol, den Abtreibungspillen, ausgestattet sein. Dabei werden die weltweiten Warnungen und die Gefahren, die eine Do-it-yourself-Abtreibung (DIY-Abtreibung) mit sich bringt, völlig missachtet. In Großbritannien mussten etwa während der Phasen des Lockdowns mehr als 10.000 Frauen nach einer selbst durchgeführten Abtreibung medizinisch behandelt werden. Außerdem ermöglichen DIY-Abtreibungen aufgrund der mangelnden medizinischen Kontrolle Schwangerschaftsabbrüche über die gesetzlichen Grenzen hinweg (Lesen Sie hier mehr zu den Gefahren von DIY-Abtreibungen).

Anerkennung von Abtreibung als „notwendige Gesundheitsleistung“ gefordert

Der Handlungsaufruf enthält zudem die Forderung, dass die Regierungen der ukrainischen Nachbarländer Abtreibung als notwendige Gesundheitsleistung anerkennen und sowohl Verhütungsmittel als auch Abtreibungspillen kostenlos anbieten. Damit würden die unterzeichnenden Organisationen aber die nationale Souveränität und das internationale Recht eines jeden Landes missachten, eigene Gesetze im Hinblick auf den Lebensschutz von Müttern und deren ungeborenen Kindern zu erlassen, so Antonia Holewik, Juristin und Leiterin der Politikabteilung am Institut für Ehe und Familie (IEF). Die von Amnesty International vorgenommene Eingliederung der Abtreibung unter den Begriff „Gesundheitsleistung“ (das IEF hat berichtet) suggeriere überdies ein Menschenrecht auf Abtreibung, das es nicht gebe. (Lesen Sie hier mehr zum Thema “Menschenrecht auf Abtreibung”). Traurig sei, dass Amnesty International der Ohnmacht gegenüber dem Krieg in der Ukraine und den dort von russischen Soldaten verübten Gräueltaten, wie Vergewaltigungen, mit einer Forderung nach uneingeschränktem Zugang zur Abtreibung begegne, so Holewik. Damit würde die Menschenrechtsorganisation nahelegen, dass Vergewaltigungen durch Abtreibungen quasi wettgemacht werden könnten. Als ob das Trauma und die Erinnerung an die abscheulichen Verbrechen durch das Beseitigen eines Kindes gemildert werden könnten. Dass niemand auf die Idee komme, dass es auch umgekehrt sein könnte, sei für Holewik erstaunlich. Beispiele dazu gebe es jedenfalls (siehe etwa Erfahrungsbericht auf FOCUS Online). Warum werde von Amnesty International für die ukrainischen Frauen nicht vor allem psychologische und medizinische Betreuung anstatt von Abtreibungen, die durchaus weitere gesundheitliche und psychische Probleme nach sich ziehen können, gefordert? Warum fordere Amnesty International nicht alle erdenklichen Sanktionen, um Russland an der Fortführung des Krieges und der Kriegsverbrechen zu stoppen? Für Amnesty International scheine in dem Fall eher das Forcieren ihrer eigenen SRHR-Agenda (SRHR – Sexual and Reproductive Health and Rights) – als eine echte Sorge um die ukrainischen Frauen – im Vordergrund zu stehen, bedauert die Juristin.

Rückschritt Großbritanniens durch Wiedereinführung der DIY-Abtreibung

Nachdem Großbritannien mit den sinkenden Covid-Fallzahlen die „Heimabtreibungen“ wieder verboten hatte (das IEF hat berichtet), stimmte das britische Parlament kürzlich für die Beibehaltung der eigentlichen Ausnahmeregelung. In einem Brief an die Tageszeitung The Times äußerte unlängst Dr. Camilla Kingdon, Präsidentin des Royal College of Paediatrics and Child Health ihre Bedenken zu der beibehaltenen Regelung. In einer solchen Situation seien besonders junge Frauen äußerst sensibel. Ein persönlicher Termin würde es dem Arzt ermöglichen, mit den Frauen zu sprechen, sie bei Bedarf zu untersuchen und etwaige Sicherheitsrisiken zu erkennen. Dieser Aspekt dürfe bei der neuen Regelung nicht außer Acht gelassen werden, so Kingdon, die sich grundsätzlich nicht gegen Abtreibung ausspricht. Die Kinderärztin Helen Daley berichtete, dass viele ihrer jungen Patienten depressiv und ängstlich seien und nicht aus ihrer Wohnung gehen wollten, nachdem sie eine DIY-Abtreibung durchgeführt hatten. Auch das Personal, das die jungen Patienten nach ihrer Abtreibungserfahrung betreute, sei teilweise sehr traumatisiert gewesen, so Daley. Es hätte nämlich einige Fälle gegeben, in denen Babys nach der 10-Wochen-Frist abgetrieben wurden. Einige Babys wären sogar mit Lebenszeichen geboren.

Sehen Sie hier folgendes Video, in dem Dr. Stephanie Merckens vom IEF den Begriff der „sexuellen und reproduktiven Rechte“ erklärt. (TS)

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