
AT / Ehe: Höchstgericht wertet Abtreibung als Eheverfehlung
IEF, 18.12.2017 – Der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied am 23.10.2017, dass die Abtreibung einer Ehefrau ohne das Wissen des Ehemannes als „schwere Eheverfehlung“ zu werten sei. Die Frau hätte zumindest versuchen sollen, das Einvernehmen mit ihrem Mann zu finden.
Wie die Presse berichtet, hatte das Erstgericht im entsprechenden Scheidungsfall befunden, der Mann trage überwiegend Schuld am Ende der Ehe. Die Abtreibung des Kindes ohne Zustimmung des Mannes trete gegenüber seinen Verfehlungen in den Hintergrund. Dem wiedersprach das Landesgericht Krems an der Donau in zweiter Instanz: Da die Abtreibung ohne Wissen des Mannes erfolgte, habe die Frau gegen das eheliche Gebot, die Einvernehmlichkeit unter den Ehepaaren anzustreben, verstoßen. Durch eine grundlose Abtreibung gegen den Willen des Ehemannes trage sie somit Mitschuld am Scheitern der Ehe.
Der OGH bestätigte letztlich das Urteil des Landesgerichts, wonach beide Partner Schuld am Ende der Ehe trügen. Dass ein grundlos und nicht einverständlich vorgenommener Schwangerschaftsabbruch eine schwere Eheverfehlung bilden kann, entspreche der Judikatur, so der OGH. Die Frau führte an, dass die Entscheidung zur Abtreibung nachträglich betrachtet richtig gewesen sei, was etwa der Auszug des Mannes aus dem gemeinsamen Schlafzimmer im Zeitraum danach zeige. Der OGH hielt dem jedoch entgegen, dass es zu einem Auszug aus dem Schlafzimmer eventuell gar nicht gekommen wäre, wenn die Frau sich entschieden hätte, das vom Mann gewünschte zweite Kind zu behalten. Die Abtreibung sei jedenfalls ein wesentlicher Grund für die eingetretene unheilbare Zerrüttung der Ehe gewesen, so der OGH deutlich.
Dabei komme es gar nicht darauf an, ob das heute allgemein anerkannte Recht auf sexuelle Selbstbestimmung die Wertung der Ablehnung von Nachkommenschaft als scheidungsrelevante Eheverfehlung ausschließe, so der Gerichtshof. Entscheidend sei, dass die Frau mit der Abtreibung, ohne den Mann in ihre Entscheidung auch nur einzubinden, das sich auf alle Bereiche der Lebensgemeinschaft erstreckende Einvernehmlichkeitsgebot verletzte. Das Partnerschaftsprinzip (§91 ABGB) verpflichte die Ehegatten nämlich, sich um ein Einverständnis zu bemühen. Wer es nicht suche oder am Gestaltungsvorgang und Entscheidungsvorgang nicht oder nur unzureichend mitwirke, verletze diese Pflicht und setze damit ein ehewidriges Verhalten, das einen Scheidungsgrund bilden könne.