RU / Ehe: EGMR verlangt rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften
IEF, 20.07.2021 – Die Mitgliedstaaten könnten allerdings frei über die Umsetzung entscheiden. Eine Öffnung der „Ehe für alle“ sei nicht Pflicht.
Das Ansuchen um Heirat dreier homosexueller Paare in Russland hat unlängst wieder eine Debatte um die Öffnung der „Ehe für alle“ in Russland angeregt. Die russischen Behörden und später auch die Gerichte lehnten mit Verweis auf die russische Verfassung das Ansuchen der Kläger ab, da nur ein Zusammenschluss zwischen Mann und Frau als Ehe bezeichnet werden könne.
EGMR-Urteil nur teilweise zustimmend
Die Fälle der drei Paare wurden schließlich vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gebracht, welcher allerdings den Beschwerden nur teilweise stattgab. Das Recht auf Privat- und Familienleben des Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verlange nämlich nicht explizit eine formelle Anerkennung der Verbindung gleichgeschlechtlicher Paare. Dennoch könne man daraus eine positive Pflicht ableiten, solche Beziehungen zu schützen und ihnen einen Rahmen zur Verfügung zu stellen, heißt es in dem Urteil. Das Argument der russischen Regierung, dass die Mehrheit der Bevölkerung gleichgeschlechtliche Verbindungen ablehne, könne nicht gezählt werden, da der Rechtsanspruch einer Minderheit nicht vom Willen der Mehrheit abhängen dürfe. Die Ehe zwischen Mann und Frau würde überdies nicht gefährdet werden.
Keine Verpflichtung zur Umsetzung der „Ehe für alle“
Gemäß dem Urteil des EGMR müsse es daher eine Absicherung für gleichgeschlechtliche Paare als menschenrechtlicher Mindeststandard geben, sodass kein Verstoß gegen Artikel 8 EMRK vorliegt. Viele Mitgliedstaaten haben hierfür etwa das Institut der eingetragenen Partnerschaft vorgesehen. Die Ehe müsse allerdings nicht für homosexuelle Paare geöffnet werden und könne weiterhin im traditionellen Sinne als Verbindung zwischen Mann und Frau verstanden werden. Dennoch haben – wie die NZZ berichtet – 16 Mitgliedstaaten das Rechtsinstitut der Ehe für alle Paare geöffnet. Darunter – wie bekannt – auch Österreich (das IEF hat berichtet).
Russland hat in einer ersten Reaktion bereits verkünden lassen, das Urteil nicht umsetzen zu wollen. Ob damit die Öffnung der Ehe gemeint ist, oder auch jegliche andere rechtliche Absicherung gleichgeschlechtlicher Verbindungen bleibt abzuwarten. (TS)