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AT / Abtreibung: Geänderte Fachinformation zur Abtreibungspille Mifegyne erntet weiter Kritik
IEF, 21.07.2020 – Eine Befürchtung ist, dass mit dem leichteren Zugang zum medikamentösen Schwangerschaftsabbruch auch der Druck auf Frauen steigen wird.
Nach Bekanntgabe der Änderung des Zulassungsbescheids für die Abtreibungspille Mifegyne (das IEF hat berichtet) durch das dem Gesundheitsministerium unterstehende Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) herrscht Verwirrung darüber, wie die Ausgabe der Abtreibungspille künftig konkret aussehen wird. Neben zahlreichen ungeklärten Fragen ruft der BASG-Bescheid zudem immer mehr Kritiker auf den Plan.
Alles andere als eine einfache und bequeme Methode
Der Katholische Familienverband Österreich (KFÖ) weist in einer Presseaussendung auf die negativen Begleiterscheinungen des medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs hin, bei dem Frauen in den eigenen vier Wänden mit starken Blutungen und Schmerzen und auch der psychischen Belastung, den abgegangenen Embryo bewusst wahrzunehmen, alleine gelassen werden.
Doris Wirth, Vizepräsidentin des Katholischen Familienverbandes, bemängelt in der Aussendung auch die Unmöglichkeit, eine sachliche Debatte über Schwangerschaftsabbrüche in Österreich führen zu können. Allem voran würde es nämlich aufgrund der nicht vorhandenen anonymisierten Statistik an Fakten, Evaluierungen und den daraus abgeleiteten Maßnahmen fehlen. „Wir haben keine Ahnung wie viele Abbrüche es tatsächlich gibt, die geschätzten Zahlen auf deren Basis Politik gemacht wird, variieren je nach ideologischer Ausrichtung und politischer Motivation“, kritisiert Wirth die Unfähigkeit der Politik, die seit 47 Jahren bestehende Forderung nach einer Abtreibungsstatistik zu realisieren.
Mifegyne erhöht den Druck auf einen möglichst raschen Schwangerschaftsabbruch
Die Politik zum Thema Schwangerschaftsabbruch sei in Österreich „extrem einseitig“, kritisiert Aktion Leben in einer Presseaussendung die erweiterte Abgabe der Abtreibungspille Mifegyne durch Gynäkologen. „Weder wird die Information über unabhängige, freiwillige Schwangerenberatung kontinuierlich betrieben und finanziert, noch sind Schwangerenberatungsstellen finanziell abgesichert. Hilfe für Frauen in Not muss über private Spenden finanziert werden. Zudem gibt es in Österreich keine seriös erhobenen Zahlen über Schwangerschaftsabbrüche, “ betont Martina Kronthaler, Generalsekretärin von Aktion Leben Österreich. Die unzureichende Datenlage würde auch die Prävention von Schwangerschaftsabbrüchen verunmöglichen.
„Wir wissen aus unserer Beratung, dass Entscheidungen für einen Abbruch zum einen aus sehr vielschichtigen Gründen getroffen werden, zum anderen aus Panik und wegen Druck der Umgebung“, gibt Kronthaler Einblick in die Erfahrungen aus dem Beratungsalltag des Vereins. Beim medikamentösen Schwangerschaftsabbruch, der innerhalb sehr kurzer Zeit durchgeführt werden muss, würden Frauen noch stärker unter Druck geraten, eine Entscheidung zu treffen – und das meist ohne Aufklärung über die mit dem Abbruch verbundenen starken Schmerzen und den Anblick des abgetriebenen Embryos.
Abtreibungspille bringt nur vordergründig Erleichterung
Auch der Wiener Weihbischof Turnovszky äußert als Seelsorger gegenüber kathpress sein Unbehagen über die künftig auch Gynäkologen erlaubte Verschreibung der Abtreibungspille. Die als unkompliziert und einfach dargestellte Schwangerschaftsmethode bringe laut Turnovszky „nur vordergründige Erleichterung“. Sie gehe jedoch vor allem „auf Kosten eines Menschenlebens“. Dabei sei jeder Mensch „kostbar, einzigartig, wertvoll, für einen gläubigen Menschen sogar heilig“, so der Bischof.
Turnovszky zitiert dabei auch das Motto der Protestbewegung „All lives matter“ und wünscht sich eine Gesellschaft „in der Schwarze nicht misshandelt werden, Alte geschützt, wirtschaftlich Schwache gestützt und ungewollt Schwangeren das Ja zu ihrem Kind ermöglicht wird“.
Die Corona-Pandemie hätte gezeigt, dass wir als Gesellschaft auch bereit sind, „einen hohen Preis“ zu zahlen, um Ältere und Menschen aus Risikogruppen zu schützen. Der Schutz einer bestimmten Personengruppe dürfe jedoch nicht auf Kosten anderer Menschenleben gehen. „Denn jeder Mensch ist zu schützen“, so Turnovszky.
Sind gesundheitssichernde Maßnahmen in Bezug auf Beratung und Nachkontrolle verpflichtend vorgesehen?
Unterdessen haben die FPÖ-Nationalratsabgeordneten Rosa Ecker, Edith Mühlberghuber, Gerhard Kaniak und weitere am 9. Juli mehrere parlamentarische Anfragen an die Minister Anschober (Gesundheit), Raab (Frauen) und Aschbacher (Familie) betreffend die Vergabe von Mifegyne durch Gynäkologen gestellt. Die Abgeordneten weisen in der Anfrage u.a. auf die Gefahr hin, „dass es zukünftig zu einer völlig unreflektierten Abgabe dieser Abtreibungspille“ kommen könnte und „Gynäkologen mit der Abgabe von Mifegyne schnell verdientes Geld machen wollen“.
Die Abgeordneten wollen u.a. wissen, was die Änderung der Zulassung veranlasst hat, welche Abgabekriterien für Gynäkologen es zukünftig geben wird, ob eine psychische Beratung und eine verpflichtende Vorberatung (beispielsweise Zweitarzt, Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle oder ähnliche) vorgesehen ist, um Frauen in ihrer Entscheidung das Kind zu behalten, unterstützen zu können.
Gefragt wird zudem nach einer Zweitkonsultation, einer verpflichtenden Wartefrist und einer Information über Alternativen wie anonyme Geburt, Babyklappen, Freigabe des Kindes zur Pflege oder Adoption.
Die Beantwortungsfrist läuft bis 9. September. Das IEF wird weiter berichten. (AH)