GB_INT / Abtreibung: Falsche Zahlen zu Todesfällen nach illegaler Abtreibung
IEF, 28.01.2022 – Ein britischer Wissenschaftler zeigt auf, dass die Zahlen der WHO zur Müttersterblichkeit nach illegalen Abtreibungen „nachweislich fehlinterpretiert und sogar erfunden“ sind.
Todschlagargument der Pro-Choice-Lobby: (Zig)tausende Todesfälle durch illegale Abtreibung
Jährlich würden international zigtausende Frauen nach „Hinterhof-Abtreibungen“ sterben, da Schwangerschaftsabbrüche in vielen Ländern illegal wären. Würde man Schwangerschaftsabbrüche legalisieren, würden sich die Todesfälle von Frauen nach „unsicheren Abtreibungen“ reduzieren und die Frauengesundheit gefördert werden. Das Todesszenario durch illegale Abtreibungen wird von der Pro-Choice-Lobby, Politikern, Journalisten und Organisationen wie der WHO immer dann ins Feld geführt, wenn es darum geht, die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen voranzutreiben oder die Einschränkung von Schwangerschaftsabbrüchen (z.B. in Polen oder Texas) zu kritisieren.
Washington Post: Zahlen über Todesfälle nach illegaler Abtreibung sind falsch
Wie das IEF berichtete, unterzog die US-amerikanische Zeitung Washington Post, die nicht gerade für ihre Pro-Life-Haltung bekannt ist, die Daten der WHO, des US-amerikanischen Center for Disease Control an Prevention (CDC) und des American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) zu den Todesfallzahlen aufgrund illegaler Abtreibungen bereits 2019 einem Faktencheck. Auf den Grund gehen wollte man den Äußerungen der damaligen Planned Parenthood Präsidentin Leana Wen, die von jährlich tausenden Todesfällen vor der Legalisierung von Abtreibung in den USA 1973 sprach, da es keinen Zugang zu sicherer und legaler Abtreibung gegeben hätte. Die Ergebnisse des Faktenchecks lauteten: 1. Die Todesfälle nach illegalen Abtreibungen seien durch die Entdeckung von Antibiotika ab den 50er Jahren drastisch zurückgegangen. Im Jahr 1965 seien in den USA etwa 235 Todesfälle nach (illegaler) Abtreibung gemeldet worden. 2. Die Datenlage sei grundsätzlich höchst unklar, da illegale Abtreibungen, die vielfach als schändlich betrachtet werden und heimlich durchgeführt werden würden, oft nicht gemeldet werden. 3. Die Daten aus den 1930er bis 60er Jahren, die heute verwendet werden würden, könnten nicht ohne weiteres auf die jetzige Zeit übertragen werden, da die medizinischen und technische Standards nicht vergleichbar wären. 4. Bei Schätzungen über Abtreibungszahlen (z.B. 1958/USA: zwischen 200.000 und 1,2 Millionen Abtreibungen) sei (ohne Begründung) die höchste Schätzung als Grundlage für die (ebenso nicht begründete) Berechnung der Todeszahlen der ACOG verwendet worden (1,2 Millionen Abtreibungen und daraus folgend 5000 Todesfälle durch unsichere Abtreibungsmethoden jährlich vor 1972). 5. Die Aussage Wens über tausende Tote nach illegalen Abtreibungen sei falsch. Auch Die Tagespost berichtete ausführlich darüber.
Wissenschaftliches Paper zeigt: Die Zahl der Todesfälle aufgrund „unsicherer Abtreibung“ wird falsch ausgelegt
Weil das britische Royal College of Obstetricians and Gynaecology (RCOG) die Nachricht verbreitete, im afrikanischen Land Malawi gäbe es jährlich mehr als 12.000 Todesfälle aufgrund illegaler Abtreibung, setzte sich der Oxford-Wissenschaftler und Arzt Callum Miller genauer mit den verwendeten Zahlen auseinander. Sein Paper wurde im International Journal of Environmental Research and Public Health veröffentlicht. Die WHO geht derzeit davon aus, dass schätzungsweise 4,7 bis 13 Prozent der weltweiten Todesfälle aufgrund von Schwangerschaft/Geburt („Müttersterblichkeit“) in Zusammenhang mit illegaler Abtreibung stehen. Dabei seien von den 4,7 bis 13 Prozent auch Todesfälle nach Eileiterschwangerschaft, Fehlgeburten und anderen Erkrankungen umfasst. Die Behauptung der WHO in Bezug auf Müttersterblichkeit nach illegaler Abtreibung sei insofern nachweislich fehlinterpretiert, so Miller. Betreffend Malawi klärt Miller auf, dass es dort jährlich insgesamt 1.150 Todesfälle aufgrund von Schwangerschaft/Geburt gebe. Die Behauptung der RCOG, dass es wegen illegaler Abtreibung zu 12.000 Todesfällen käme, übersteige damit die gesamte Zahl der Todesfälle aufgrund von Schwangerschaft/Geburt um das 10-fache. Todesfälle nach Fehlgeburten und illegaler Abtreibung zusammen beträfen ca. 6 bis 7 Prozent (69 bis 147 Fälle) der gesamten Todesfälle aufgrund von Schwangerschaft/Geburt – also ein Hundertstel der vom RCOG behaupteten 12.000 Todesfälle. Miller kommt zum Ergebnis, dass die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen nicht zu einer Verringerung der Müttersterblichkeit führe. Am Beispiel Chiles und Polens zeige sich vielmehr, dass die Müttersterblichkeit zurückgehe, wenn Schwangerschaftsabbrüche strafrechtlich eingeschränkt werden. Im Gegensatz dazu stieg die Müttersterblichkeit nach der Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Ruanda und Äthiopien an. Dies könnte laut Miller daran liegen, dass die Fälle von Abtreibungen steigen würden, wenn sie legal seien (auch dann sind Abtreibungen medizinische Eingriffe mit entsprechendem Risiko), dass es trotz der legalen Möglichkeit abzutreiben weiterhin illegale Abtreibungen gebe und dass die Abtreibungen unsachgemäß durchgeführt würden.
Senkung der Müttersterblichkeit durch Verbesserung der medizinischen Versorgung
Miller plädiert für eine Verbesserung der geburtshilflichen und neonatologischen Notfallversorgung, um die Müttersterblichkeit zu senken. Bis 2016 seien in Malawi nur 15 Prozent der Gesundheitseinrichtungen in der Lage gewesen, eine grundlegende Notfallversorgung bereitzustellen. Das Ziel, in 30 Prozent der Einrichtungen eine Notfallversorgung zu gewährleisten, sei nicht erreicht worden, wodurch die Müttersterblichkeitsrate nicht gesenkt werden konnte. 31 bis 47 Prozent der Todesfälle in Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt träten als Folge von Blutungen und Sepsen ein. Wolle man die Müttersterblichkeit effektiv senken, sollte man genau hier ansetzen und die medizinische Versorgung in diesen Bereichen verbessern, fordert der Arzt. (TSG)